Seit Jänner können Filmproduzentinnen im In- und Ausland auf großzügige Förderungen ihrer Produkte bauen. Das sogenannte Fisa-plus-Modell ist ein nicht rückzahlbarer Zuschuss in Höhe von 30 Prozent der förderungsfähigen Ausgaben in Österreich – plus ein fünfprozentiger Bonus bei Umsetzung von Green Filming. Das Angebot wird gut angenommen. Bis Jahresende könnten rund 100 Millionen Euro an Fördergeldern geflossen sein. Eine Summe, die wohl die Erwartungen vieler übertroffen hat und so manche Stimme nach einer Obergrenze laut werden ließ. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) erteilte diesen Befürchtungen am Montag beim ProduzentInnentag in Wien eine klare Absage: "Alles bleibt, wie es ist", sagte Raab auf dem Podium. Das heißt: "Kein Deckel."

Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) war Gast beim ProduzentInnentag am Montag in Wien.
Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) war am Montag Gast beim ProduzentInnentag in Wien.
APA/GEORG HOCHMUTH

Angesichts dieser frohen Botschaft war es ein Leichtes, sich auf die "Kraft des Miteinander" einzulassen, wofür der Intendant des Westdeutschen Rundfunks, Tom Buhrow, plädierte. Buhrow hatte vor rund einem Jahr, damals noch als interimistischer ARD-Generalintendant, für ein Ruckeln in der deutschen Medienbranche gesorgt, als er in einer Rede Grundsatzreformen in Deutschlands öffentlich-rechtlichem Rundfunk forderte. Buhrow stellte damals unangenehme Fragen und forderte einen runden Tisch, bei dem "tabulos" über strukturelle Veränderungen geredet werden müsse. Ein Zukunftsrat war die Folge und dieser tut – vorerst noch hinter verschlossenen Türen – derzeit genau das. Buhrow damals: "Mein fester Eindruck ist: Deutschland scheint uns" – den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk – "in zehn Jahren nicht mehr in dem Umfang zu wollen wie heute." Trifft das auch auf Österreich zu?

"Ich bin davon überzeugt, dass die Österreicherinnen und Österreicher einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben wollen. Aber ja, sie wollen ihn vielleicht schlanker, auf jeden Fall sparsamer. Natürlich will das Publikum, dass am wenigsten beim Programm gespart wird", sagte Raab. Massiv verändert habe sich in dem Zusammenhang der Anspruch auf Transparenz. Die Menschen würden wissen wollen, was mit ihrem Geld passiere: "Das ist etwas, das der öffentlich-rechtliche Rundfunk viel stärker machen muss, denn das schafft Akzeptanz."

"Wir brauchen einander"

An die "Kraft des Miteinander" im Spiel mit den österreichischen Produzentinnen und Produzenten glaubt auch ORF-Generaldirektor Roland Weißmann: "Die Kooperation ist eine über die Jahrzehnte sehr gute. Auch wir diskutieren, streiten manchmal hart in der Sache. Wenn man Wirtschaft lernen will, geht man in die Schule bei den Filmproduzenten. Da lernt man es wirklich", sagte Weißmann. Aber: "Wir brauchen einander."

Dass die Zukunft vor dem Hintergrund von Teuerung, Inflation und Marktkonsolidierung in den USA bei fiktionalen Produkten mit näherem Zusammenrücken – Stichwort: Koproduktionen – einhergehen müssen wird, darüber sind sich alle einig. "Wir tun immer so, als wäre die Party woanders besser", sagt dazu ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz. "Ja, es gibt vieles, das wir aufbrechen müssen. Aber tun wir nicht so, als hätten wir keine guten Serien."

Nischenprodukte wie beim ZDF mit Serien ausschließlich für Webpräsenz sieht sie bisher nicht, und auch für den ORF-Player nicht, den das Gesetz ab Jänner gebündelt erlaubt: "Wir müssen uns schon ganz bewusst überlegen, was wir mit unseren Produkten erreichen wollen. Nischenprogramme, wie das international agierende Streamer machen können, wird es von uns nicht geben. Wir müssen breite Produkte anbieten, wenn wir relevant bleiben wollen. Wenn wir viel Geld in Geschichten stecken, die dann nur 120.000 Leute abrufen, wird das wenig bringen. Daher suchen wir Möglichkeiten der Kooperation."

Viel Zielgruppenforschung betreibt das ZDF, berichtet Lucia Haslauer, die dort Serien und Sitcoms für junges Publikum betreut: "Wir müssen unser Handwerk verändern. Es ist schon etwas anderes, wenn ich für eine Zielgruppe etwas entwickle. Das bedeutet, das man sich in den Dienst dieses Publikums stellt." Eine Serie wie "Familie Braun" spielte das ZDF nur auf Youtube – und sie wurde ein Erfolg beim ganz jungen Publikum.

Wie spricht man aber verschiedene Publikumssegmente an? Das skizzierte Medienmanager Matthias Settele, der vor zehn Jahren das slowakische TV Markiza zum erfolgreichen Sender aufgebaut hat: "Was will das Publikum?", fragte Settele. "Immer dasselbe: 'Millionenshow', 'Bares für Rares', 'Bergdoktor' und 'Rosenheim-Cops'. Wir wissen nur nicht genau, wann es bereit ist, eine neue Spielart davon zu wollen."

Den Sender hat Settele vor kurzem verlassen, er gilt als heißer Kandidat für die Leitung des ORF-Players. Eine Frage dazu kommentierte Settele an dem Nachmittag knapp mit: "Netter Versuch." Eine ungefähre Vorstellung, in welche Richtung es mit ihm gehen könnte, gab er dann aber doch preis. Unter Anbietern macht er sogenannte Risk-Minimizer aus – also solche, die mit einer neuen Staffel eines erfolgreichen Formats auf Nummer sicher gehen wollen, und sogenannte Risk-Taker, die etwas ganz Neues ausprobieren. Settele: "Natürlich ist es schön, wenn eine neue Staffel verlängert wird, aber wir müssen auch dafür sorgen, dass neue Leute zum Zug kommen." (Doris Priesching, 26.9.2023)