Das Betanken eines Wasserstoffautos, im Bild ein BMW iX5, der zu Testzwecken eingesetzt wird, geht in drei bis vier Minuten. Damit kommt man mit besagtem Fahrzeug rund 500 km.
Tom Kirkpatrick/BMW AG

Wenn die bisher gewohnten Verbrennermotoren Auslaufmodelle sind, was folgt ihnen dann nach? Manche halten die Frage für überflüssig. Die Entscheidung sei längst gefallen, zugunsten von Elektroautos. Es gibt aber auch Stimmen, die Wasserstoff in Pkws nicht missen möchten. Manches spricht dafür, anderes dagegen.

Für

Der größte Vorteil eines Wasserstoffautos gegenüber einem batterieelektrischen ist der Ladevorgang. In drei bis maximal vier Minuten ist der Tank voll, auch wenn man zuvor den getankten Wasserstoff fast zur Gänze aufgebraucht hat. Beim Elektroauto dauert es mitunter Stunden, bei einer Schnellladestation etwa 30 Minuten, dann ist der Akku aber nur zu etwa 80 Prozent voll. Allzu viele Schnellladungen sollte man aber nicht machen, weil das die Lebenszeit der Batterie verkürzt.

Das heißt, das Wasserstoffauto ist noch am ehesten mit dem Nutzungsverhalten vergleichbar, das sich Lenker und Lenkerinnen, die mit Diesel und Benzinern sozialisiert wurden, über die Jahre angeeignet haben. Wem Flexibilität wichtig ist, wer spontan und zu jeder Zeit ein beliebiges Ziel erreichen möchte, für den- oder diejenige ist ein mit Wasserstoff betriebenes Auto möglicherweise die bessere Option.

Auch hinsichtlich Reichweite können Wasserstoffautos punkten. Mit einer Tankfüllung, was gleichbedeutend ist mit fünf bis sechs Kilogramm Wasserstoff, gelangt man, abhängig von der Fahrweise, 500 bis 600 km weit. Wie bei Elektroautos gibt es auch bei mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen Warnhinweise, wenn es Zeit wird, eine Tankstelle aufzusuchen. Diese werden immer nachdrücklicher, je mehr sich der Tank leert – mit entsprechenden Vorschlägen und Navigationshilfen.

Kein Winterproblem

Anders als bei Elektroautos gibt es bei Fahrzeugen mit eingebauter Brennstoffzelle auch keinen Reichweitenunterschied zwischen Sommer und Winter. Während E-Autos ihre Stärken vor allem in der gut temperierten Jahreszeit ausspielen können und im Winter bei tiefen Temperaturen sehr viel "Saft" für das Heizen benötigen, was sich in einer um bis zu 20 Prozent reduzierten Reichweite niederschlagen kann, gibt es diesen Unterschied beim Wasserstoffauto nicht. Geheizt wird mit der Abwärme, die die Brennstoffzelle bei der Produktion von Strom mithilfe von Wasserstoff quasi als Nebenprodukt produziert. Das Wasserstoffauto kann folglich mit vollem Tank auch bei tiefen Temperaturen gleich weit fahren wie im Sommer.

Umweltfreundlich sind Wasserstoffautos ebenfalls, sofern der Energieträger mit Strom aus Wind- oder Solaranlagen hergestellt wird: Autos mit Brennstoffzellentechnik stoßen weder Feinstaub noch Stickoxide aus und auch kein klimaschädliches Kohlendioxid.

Hoher Brennwert

Noch einen Pluspunkt hat Wasserstoff: Er gilt als ausgezeichneter Energieträger. Der Brennwert von einem Kilogramm Wasserstoff liegt bei 33 Kilowattstunden (kWh). Damit ist er dreimal so hoch wie beispielsweise der Brennwert von einem Liter Benzin.

Wasserstoff kann, anders als Strom, zudem über einen beliebigen Zeitraum gelagert werden, ohne dass er verdirbt.

Wider

Tatsächlich umweltfreundlich unterwegs sind die Fahrzeuge nur dann, wenn der zur Stromproduktion unter der Motorhaube des Autos benötigte Wasserstoff zuvor mithilfe erneuerbarer Energien hergestellt wurde. Zurzeit werden aber, großzügig gerechnet, gerade einmal drei Prozent bis vier Prozent des weltweit produzierten Wasserstoffs mit Wind- oder Sonnenenergie erzeugt.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Effizienz. Das Problem bei Brennstoffzellen ist nämlich Folgendes: Der grüne Strom muss zuerst in Wasserstoff umgewandelt werden, was mit Verlusten verbunden ist. Dann muss der Wasserstoff stark komprimiert in Spezial-Lkws zu den Tankstellen gebracht werden, was ebenfalls mit Verlusten einhergeht. Der nächste Energieverlust erfolgt im Auto, indem Wasserstoff verbrannt und Strom produziert wird, um den Elektromotor anzutreiben.

Geringer Wirkungsgrad

Der Wirkungsgrad liegt wenig überraschend nur bei 25 bis 30 Prozent. Das heißt, man braucht gegenüber einem Elektroauto dreimal so viel Kapazität für grüne Energie, dreimal so viele Windräder oder Sonnenkollektoren. Das heißt aber auch, dass ein Brennstoffzellen-Fahrzeug dreimal so teuer fährt als ein durchschnittliches E-Auto.

Wasserstoff zu speichern ist zudem sehr aufwendig: Die Speicherung funktioniert gasförmig ausschließlich unter sehr hohem Druck; im Fall von Bussen oder Lkws sind es 350 bar, bei Pkws 700 bar. Auch in flüssigem Zustand kann man Wasserstoff speichern. Das geht aber nur bei sehr tiefen Temperaturen von minus 253 Grad Celsius, und das ist ebenfalls energieintensiv.

Ein weiterer Schwachpunkt ist das Tankstellennetz. In Österreich gibt es derzeit nur fünf Tankstellen, wo man Wasserstoff fassen kann: neben Wien noch in Wiener Neudorf, Graz, Innsbruck und Asten in Oberösterreich. Alle fünf werden von der OMV betrieben. In Deutschland sind es knapp 90. Es gibt zwar die Vorgabe der EU, entlang der Hauptrouten Wasserstofftankstellen zu errichten, die Umsetzung obliegt aber den Nationalstaaten. Und die haben mitunter andere Prioritäten. Österreich etwas hat in seiner Wasserstoffstrategie klar bekundet, dass Wasserstoff für Pkw hierzulande, da ineffizient, keine besondere Rolle spielen soll.

Hohe Kosten

Ein Nachteil sind auch die wenigen Modelle, die gibt. Im Wesentlichen sind es zwei: der Toyota Marai und der Hyundai Nexo. BMW will nächstes Jahr entscheiden, ob der zu Testzwecken gebaute iX5 Hydrogen in Serie geht. Wenn ja würde es dieses Auto frühestens Ende des Jahrzehnts zu kaufen geben.

Wären dann noch die Kosten für Beschaffung und Betrieb. Die derzeit am Markt erhältlichen Wasserstoffautos sind nicht unter 65.000 Euro zu haben, die Kosten für 100 Kilometer liegen bei 13,50 Euro in Deutschland und knapp 24 Euro in Österreich, bei einem Verbrauch von einem Kilogramm je 100 Kilometer.

(Günther Strobl, 27.9.2023)