Eine Gruppe von Teenagern sitzt auf einer Wand - alle schauen auf ihr Smartphone.
Das neueste Handy, coole Sneaker - dem Trend folgend. Doch all das kostet Geld.
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Geld begleitet uns ein Leben lang. Das erste Taschengeld, das erste Gehalt – bis hin zur Frage, wie hoch denn die Pension einmal sein wird. "Es ist wichtiger denn je, vor allem mit den Jüngeren über Geld zu sprechen", sagt Gudrun Steinmann, Leiterin der Abteilung für Finanzbildung bei der FSW-Schuldenberatung. Denn es zeigt sich auch: Die Verlockungen werden immer größer. Null-Zins-Kredit-Angebote hier, Werbevideos da und dazwischen laufend Rabattaktionen.

Noch etwas bemerkt Steinmann, wenn sie in Schulklassen steht und über Finanzthemen redet: Der Druck, etwas sofort haben zu müssen, ist gestiegen. Dass Ausgaben nicht immer sofort stattfinden müssen und man Wünsche auch verschieben oder überprüfen kann, sei aus der Mode gekommen. "Der Druck aus der Peergroup ist oft groß", sagt Steinmann. Vor allem durch Social Media gebe es hier verstärkt den Drang, dieses oder jenes haben zu müssen, um als cool, in und hip zu gelten.

Video: Die Gefahren hinter Buy-now-pay-later-Modellen.
DER STANDARD

Verzicht fällt schwer

Es zeige sich auch, dass es jungen Leuten heute schwerfalle, auf etwas zu verzichten oder bestimmte Ausgaben zu reduzieren. Aber die Teuerung trifft auch junge Menschen. Sie sind dann auch anfälliger für Ratenkäufe zu scheinbar niedrigen Zinssätzen – weil die monatlichen Raten eh so niedrig sind. "Vergessen wird hier aber oft, dass sich mehrere niedrige Raten auch häufen", sagt Steinmann. Die Expertin verweist im Gespräch mit dem STANDARD auch darauf, dass Konsumkredite zu einem hohen Anteil variabel verzinst sind. Steigen die Leitzinsen, steigen auch die Kreditzinsen. Das kann schnell zu einer großen Belastung werden. Vor allem für Jugendliche, die etwa im Zuge einer Lehre erstmals regelmäßig Gehalt beziehen und die Grenzen der ersten finanziellen Freiheit übersehen.

Steinmann steht oft in Klassen von Polytechnischen Schulen und redet über Geld. Aber nicht nur darüber. Sie erfragt die Wünsche und Träume der Jugendlichen. "Wer in fünf Jahren von daheim ausziehen will, der braucht finanzielle Rücklagen", sagt Steinmann. Und mit diesen muss begonnen werden, sobald die Jugendlichen ein Gehalt beziehen. Es gilt auch zu wissen, dass neben der Miete auch Geld für Strom und Essen übrig bleiben muss. Dass laufend Betriebskosten anfallen, darüber müsse sie ebenso aufklären wie über anfallende Einmalkosten – Kaution, Ablöse.

Eine Illustration zeigt ein Gesicht, eine Glühlampe - das Thema
Hätten Sie es gewusst? Ein paar Testfragen aus dem Finanzführerschein-Programm von der FSW-Schuldenberatung

Mit vielen Projekten und Gruppenarbeiten bringen Steinmann und ihr Team den jungen Menschen das finanzielle Leben näher. Im Rahmen des Finanzführerscheins können Klassen diesbezügliche Workshops beim FSW buchen und absolvieren.

Eine Übung dabei ist die Einrichtung einer fiktiven Wohnung. Eine Gruppe darf sich dabei durch diverse Prospekte von Möbelhäusern wühlen und ihre Einrichtung zusammenstellen. Die andere Gruppe hat eine Budgetvorgabe. "Es gibt immer wieder einen Aha-Effekt, wenn erkannt wird, wie viel man sparen kann, wenn man Möbel auf Plattformen im Internet besorgt und nicht alles neu kauft", sagt Steinmann. Plattformen wie Willhaben seien Jugendlichen zwar bekannt, es werde im Fall aber zu wenig daran gedacht.

Ticket in die Freiheit

Ein großes Ziel für viele Jugendliche ist der Führerschein. Dieser kostet rund 2000 Euro. Wer pro Monat 166 Euro spart, kann diesen ein Jahr später ohne Probleme angehen. Auf etwas hinsparen ist etwas, das junge Menschen oft nicht verinnerlicht haben. Zu bedenken ist auch, dass die Kosten beim Auto nicht nach dem Kauf und dem Tanken enden. Zu bedenken sind Parkpickerl, Pickerl, Servicetermine, Reifen und die Versicherung.

Hierbei nimmt Steinmann auch die Eltern in die Pflicht. Daheim sollte unbedingt über Geld geredet werden. Vor allem Jugendliche sollten wissen, was die Eltern für Miete oder Lebensmittel aufwenden müssen. Das schaffe eine Basis für einen besseren Umgang mit Geld. Besonders wichtig sei das beim Übergang vom Taschengeld zum Konto. Dann bezahlen Jugendliche fast nur noch mit Karte – hier geht der Überblick rasch verloren, wenn nicht gelernt wurde, regelmäßig einen Blick auf den Kontostand zu werfen.

Steinmann warnt auch vor den sogenannten Lifestyle-Gewöhnungseffekt: Als Beispiel nennt sie die Entleihung von E-Scootern. Abgerechnet wird hier nach Minuten – für 15 Minuten fünf bis sechs Euro. Das klingt erstmal nicht nach viel Geld, kommt aber noch der Energydrink hinzu oder das Essen im Fastfood-Restaurant, läppere sich das in Summe zusammen.

Steinmann rät auch dazu, Aktionen im Handel kritisch zu hinterfragen. Brauche ich das wirklich? Und brauche ich es jetzt? Leuten, die gerne online shoppen, rät Steinmann, dass sie ihre Warenkörbe auch mal einen Tag liegen lassen, um zu schauen, ob man sich beim Kauf sicher ist.

Seit der Einführung des Finanzführerscheins haben 5500 Schüler in Wien diesen absolviert, österreichweit sind es rund 60.000. Entwickelt hat den Finanzführerschein, den die FSW Schuldenberatung verwendet, vor 15 Jahren die Schuldnerhilfe in Oberösterreich. Ziel ist es, jenen Menschen, die ins Verdienen kommen, einen sorgsamen Umgang mit Geld näherzubringen. Die Zielgruppe sind daher Polytechnische Schulen und Berufsschulen. Fünf Unterrichtseinheiten umfasst das Paket. Aber auch junge Erwachsene können Kurse machen. (Bettina Pfluger, 28.9.2023)