Forza Motorsport
Das Spiel bietet vom Formel-1-Wagen über US-amerikanische Muscle-Cars bis hin zum VW Golf eine sehr breite Auswahl an Automobilen.
Microsoft

Geschickt tanzen meine Mittelfinger über die Schultertasten des Xbox-Controllers. Ich merke, wie sich auch mein Oberkörper bewegt, wenn ich mein 250 PS starkes Gefährt in die Kurve lenke. "Forza Motorsport" ist in seiner bereits achten Auflage zurück und glänzt auch 2023 in den Disziplinen Optik und Fahrgefühl. Dennoch wirkt das neue Rennspiel von Microsoft mehr wie eine Pflichtaufgabe als wie der Wunsch, das Genre zu verändern oder etwas zu schaffen, von dem man auch in zwei Jahren noch sprechen wird.

Für Simulationsfans

Den Entwicklern von Turn 10, die die Rennserie jetzt schon sehr lange begleiten, vorzuwerfen, sie hätten das Spiel nicht mit ihrem Herzblut getränkt, wäre unfair. Viel Schweiß scheint wieder in ein gutes, simulationslastiges Fahrgefühl geflossen zu sein sowie in die akribische Inszenierung der rund 500 Autos. Aber was soll man 2023 an einem neuen Rennspiel noch besser machen, was es nicht schon gab?

Im Gegensatz zu der zuletzt 2021 aufgelegten eher auf Action-Racing fokussierten Schwesterserie "Forza Horizon" will "Motorsport" seit 2005 die Simulationsfans ansprechen. So gibt es auch in der Neuauflage zahlreiche Verbesserungen für Autos freizuschalten, um diese dann händisch oder automatisch einzubauen. Die immer stärker werdenden Autos werden dann in mehreren Dutzend Cups und Rennserien ans Limit getrieben, um so neue Autos und Herausforderungen freizuschalten.

Das ist alles wunderschön anzusehen, und auch spielerisch kann man dank unzähliger Einstellungsmöglichkeiten den Schwierigkeits- sowie den Realitätsgrad sehr fein an die eigenen Fertigkeiten anpassen. Anfänger freuen sich auf diverse Hilfen, etwa "nur kosmetischen Schaden", begrenzte Strafen bei rüpelhaftem Verhalten oder eine Zurückspulfunktion. Ambitionierte Fahrer simulieren lieber realistischen Kraftstoff- und Reifenverbrauch, nehmen volle Zeitstrafen in Kauf und lassen sogar fahrbeeinträchtigende Schäden am Fahrzeug zu. Jede Erschwernis gibt Bonusprozente, die sich in mehr In-Game-Währung übertragen. Damit kauft man neue Wagen und eben Verbesserungen, um in den immer schwieriger werdenden Challenges bestehen zu können.

Forza Motorsport 8
Das Geschwindigkeitsgefühl stimmt im Spiel, auch dank der Soundkulisse und der grafischen Inszenierung.
Microsoft
Forza Motorsport 8
Auch die KI-Fahrer verbremsen sich gelegentlich. Diese Fehler sollten ausgenutzt werden, um weiter nach vorn zu gelangen.
Microsoft

Alleinstellungsmerkmal

Sucht man ein Alleinstellungsmerkmal, wird man nicht fündig. Während die große Sony-Konkurrenz "Gran Turismo" im aktuellsten Teil diverse Autoliebhaber-Features eingebaut hat, etwa geschichtliche Abrisse zu bestimmten Klassikern, bleibt man bei "Forza" in Menüs, bis man sich zum nächsten Rennen wieder auf der Strecke findet. Einzig kleine Werbevideos werden zu zahlreichen Modellen eingeblendet. Da wird die Vielseitigkeit von aktuellen Fließheckmodellen wie dem Golf gelobt, oder es werden Vorteile anderer Straßenautos, die es auch in der realen Welt gibt, aufgezählt.

Ist man aber ohnehin jemand, der seine Freude auf dem Asphalt findet, dann wird man mit dem neuen "Forza Motorsport" fündig. Aufgrund der langen Entwicklungszeit und dem dazwischenliegenden Generationswechsel weist der neue Teil weit mehr Details als sein Vorgänger auf, setzt neue Maßstäbe in Sachen Licht- und Schattenwurf, und das verbesserte Motion-Blur sorgt für noch mehr Geschwindigkeitsgefühl. Brettert man über Le Mans, die Formel-1-Strecke Silverstone oder den in allen Rennsimulationen enthaltenen Nürburgring, kann man dies in 4K mit 60 Bildern pro Sekunden beobachten, oder aber man wählt Raytracing-Unterstützung und geht damit bei der Bildrate Kompromisse ein. In jedem Fall sieht das Gezeigte wunderschön aus, und Menschen mit einem Faible für schnelle Autos werden sich wohlig in den Sessel zurücksacken lassen, wenn sie "Forza Motorsport" genießen.

Der Fokus liegt im Spiel aber ganz klar auf dem Tunen und Anpassen des Lieblingsautos und der damit verbundenen Herausforderung, sich offline und online der Konkurrenz zu stellen. Dazu gibt es wieder zahlreiche Modi und wöchentliche Events, ähnlich wie bei "Gran Turismo 7". Was das Spiel geschickt macht, ist die Gamification im Spiel. Ständig sammelt man mit Fahrmanövern, abgeschlossenen Rennserien und Ähnlichem Punkte, mit denen man neue Sachen freischaltet. Das hält bei Laune, und so fährt man Rennen nach Rennen und lernt das gute Fahrgefühl und die Vielzahl an Autos lieben, die man nach Lust und Laune farblich anpassen kann.

Forza Motorsport – Official Gameplay of the Initial Races
Check out the first few races and more from the beginning of the game, including the 2024 Chevrolet Corvette E-Ray navigating a beautifully re-built Maple Valley track and the 2023 Cadillac V-Series.R maneuvering through the exciting Hakone circuit, as well as
Forza

Hin- und hergerissen

Nach sechs Jahren Entwicklung – die längst Zeit, die je in ein "Forza"-Spiel geflossen ist – betont das Studio hinter dem Spiel im Vorfeld natürlich die vielen Verbesserungen, etwa die Reifenphysik, die verbesserte künstliche Intelligenz (KI) und den eindrucksvollen Sound. Tatsächlich macht sich all das bemerkbar und lässt Teil acht der Serie runder wirken als den Vorgänger, der noch mit der Hardware der vergangenen Xbox-Generation arbeiten musste.

Bremsfehler bei KI-Fahrern, ein den Fahrer blendendes Sonnenlicht oder auch durch den Brustkorb vibrierende Motorensounds – all das hat man dennoch schon einmal gesehen, wenn auch selten in dieser hohen Qualität. An Spiegelungen in der Motorhaube oder den wunderbar designten Cockpits hat man sich nämlich dann doch recht schnell sattgesehen und starrt viel mehr gebannt auf die Strecke, um der harten Konkurrenz davonfahren zu können.

Natürlich drängt sich der Vergleich mit "Gran Turismo 7" auf, das im Vorjahr auf der Playstation 5 Höchstnoten einheimste. Tatsächlich fahren die beiden Rennsimulationen auf Augenhöhe, und auch das neue "Forza" wird Bestnoten erhalten und der anvisierten Zielgruppe mehr als gefallen. Es fehlen dann dennoch Features, die man auf der Xbox eben nie haben wird. Das VR-Feature etwa oder auch das intensivere Gefühl mit dem Dualsense-Controller, wenn man über die Bordsteine brettert. Wer ohnehin mit einem Lenkrad fährt, kann diesen letzten Kritikpunkt streichen.

Erscheint demnächst

Obwohl sich die Serie mit diesem Teil wieder ganz klar vom zugänglichen "Forza Horizon"-Bruder entfernt, muss man als Nichtrennprofi keine Angst haben, dass einen das Spiel komplett zurücklässt. Wie erwähnt gibt es zahlreiche Fahrhilfen, und vor jedem Rennen müssen ohnehin drei Testrunden gefahren werden, um die Strecke kennenzulernen. Ein Qualifying gibt es nicht, stattdessen präsentiert man das "Risk and Reward"-System. Hier wählt man eine Startposition aus und bekommt dann vom Spiel eine Einschätzung, wo im Feld man voraussichtlich am Ende landen wird. Für mehr Risiko gibt es allerdings mehr Punkte, das heißt, es gilt bei jedem Rennen abzuwägen, ob man einigermaßen sicher auf dem Stockerl landen will oder aber eine höhere Belohnung mitnimmt mit der Gefahr, weiter hinten zu landen.

Für die Zukunft versprechen die Entwickler zudem, monatlich neue Autos zu liefern. Neue Events soll es sogar jede Woche geben. Wer sich wirklich traut, online gegen andere Menschen anzutreten, der wird mit regelmäßigen Spec-Events versorgt, die spezielle Autoklassen in den Mittelpunkt stellen, etwa Touring oder GTX. Ähnliches gilt für die Open Events, wo sich beispielsweise die wöchentliche Spotlight-Series findet. Hier stehen die Spotlight-Autos im Mittelpunkt, die in der jeweiligen Woche vergünstigt im Store zu haben sind. Kann man sich die Sportwagen leisten, finden sich passende Events für ebenjene Autos auch im Karriere-Modus.

"Forza Motorsport" erscheint am 10. Oktober 2023 für Xbox Series und PC. Die Standard-Edition kostet rund 80 Euro, die Premium-Edition rund 100 Euro. Besitzer des Gamepass finden das Spiel ab dem Erscheinungsdatum in ihrem Abo. Auf der Festplatte sind zumindest 100 Gigabyte freizumachen, für die Series-X-Version sogar 133 Gigabyte.

Aufmerksame Xbox-Store-Besucher werden merken, dass Microsoft auch zahlreiche Auto-Bundles um knapp 40 Euro anbietet. Hier kann man sich zusätzliche Autos "zum Sonderpreis" dazukaufen.

Wer die PC-Version erwägt, kann sich unter diesem Link ansehen, welche Voraussetzungen mitgebracht werden sollten.

Forza Motorsport 8
Diverse Spielereien und Gamification-Elemente können gut unterhalten und lockern den Rennalltag ein wenig auf.
Microsoft
Forza Motorsport 8
Die Kollegen von "Digital Foundry" haben auch schon ein Vorgänger-Vergleichsvideo online. Links "Forza Motorsport 7", das karger wirkt und weniger realistische Lichtstimmung bietet.
Microsoft
Forza Motorsport 8
An den Lichtspielen kann man sich zu Beginn kaum sattsehen, aber schnell gewöhnt man sich an die optische Opulenz.
Microsoft

Fazit

"Forza Motorsport" ist ein sensationell gutes Rennspiel, dem man wenig vorwerfen kann. Entwickler Turn 10 kennt die Formel, die er seit 18 Jahren konsequent fortsetzt. Die Gamification, die wöchentlichen Events und die schiere Zahl an Autos schaffen ein sehr rundes Gesamtpaket, das vor allem begeisterte Rennspielfans ans Joypad oder Lenkrad wird fesseln können.

Am Ende bleibt der neueste Teil der erfolgreichen Serie aber auch nur eine Fortsetzung, die vor allem grafisch und punktuell auch fahrtechnisch eine Weiterentwicklung bedeutet. Der Fokus auf regelmäßige Events und Onlinerennen soll das Spiel auch für Vielspieler länger interessant machen. Hobbyisten greifen wohl weiterhin zu dem etwas bunteren "Forza Horizon", das weniger trocken daherkommt. (Alexander Amon, 4.10.2023)