Ein Brief von Finanzminister Magnus Brunner an den höchsten europäischen Bankenaufseher, Andrea Enria, sorgte im Juli für Aufsehen. Enria hatte dem EU-Parlament davor geschrieben, die Chefs der Institute sollten "klare Fahrpläne" für die Verringerung ihrer Russland-Aktivitäten erstellen und darüber berichten. Mit den im Lande verbliebenen Banken zeigte er sich unzufrieden, besonders mit den österreichischen. Die Raiffeisen Bank International (RBI) verdient ja sehr gut in Russland und prüft noch, ob und wie sie ihr Engagement in Moskau beenden kann.

Brunner schrieb Enria laut Presse, dass institutioneller Druck den Banken bei der schwierigen Gestaltung ihrer Exit-Strategie nicht helfe, sondern nur das Marktrisiko erhöhe und die Exit-Preise verringere.

Ein Bankschild von Raiffeisen Russland und im Hintergrund die Moskauer Skyline
Ein Brief von Finanzminister Brunner an den obersten europäischen Bankenaufseher erhitzt die Gemüter.
EPA/Yuri Kochetkov

Die Grünen rund um die Abgeordnete Nina Tomaselli wollten mehr dazu wissen und stellten eine parlamentarische Anfrage an Brunner. "Der weitere Verbleib der RBI im brutalen Putin-Regime" stelle nicht nur ein Risiko für die RBI dar, sondern auch eines für die Republik, ließen sie den Koalitionspartner wissen.

Zwei Seiten Fragen, zwölf Zeilen Antwort

Und: "Die Zurechtweisung der EZB durch den österreichischen Finanzminister könnte den Eindruck verstärken, dass hierzulande die Profite einer privaten, österreichischen Bank mehr zählen als die europäischen Sanktionen gegenüber Russland (...)." In insgesamt 14 Fragen auf zwei Seiten klopften Tomaselli und Co etwa ab, ob Brunner die RBI über den Brief im Voraus informiert habe und ob es Gespräche zwischen ihm beziehungsweise Vertretern des Finanzministeriums und der RBI gegeben habe.

Zudem wollten sie wissen, ob bei etwaigen Unterredungen staatliche Hilfsmaßnahmen für die RBI für den Fall eines Russland-Exits Thema gewesen seien.

"Keine Gespräche mit RBI"

Die Antworten des Finanzministers fielen mit zwölf Zeilen knapp aus. "Nein" heißt es etwa auf die Frage, ob man die RBI über den Brief an Enria vorinformiert oder Gespräche mit der Bank geführt habe. Risikoanalysen über mögliche Sanktionen oder Repressionen der EZB gegenüber der RBI habe man "keine".

Tomasellis Kommentar dazu: Sie halte nicht nur die Zurechtweisung der unabhängigen europäischen Bankenaufsicht per Brief durch den Finanzminister für unangemessen. Sie irritiere auch, "dass dieser Brief zwar den Weg in eine Zeitung findet, aber dem Parlament vorenthalten wird". (Renate Graber, 30.9.2023)