1957 machte Sputnik den Anfang. Heute kreisen rund 7.000 bis 8.000 Satelliten in Umlaufbahnen um die Erde. Die Dunkelziffer ist vermutlich noch höher. Das gibt auch gleich das Stichwort: Denn je mehr Satelliten sich im All befinden, desto mehr Sonnenlicht reflektieren sie, und desto heller wird es am Nachthimmel. Das wiederum beeinträchtigt astronomische Beobachtungen ganz erheblich und stört längst auch Hobby-Sterngucker.

Eine neue Dimension der Lichtverschmutzung wurde durch Elon Musks Starlink-Satellitenflotte erreicht, die viele tausend künstliche Trabanten umfassen soll. Ist es bei Starlink die Zahl der Satelliten, die bei der Astronomie-Community Anlass zur Sorge gibt, so ist es beim Satelliten-Prototyp Blue-Walker 3 vor allem die Größe: Besagter Satellit, der vom US-Unternehmen AST Space Mobile entwickelt wurde, gilt als der größte seiner Art. Rund zwei Monate nach seinem Start in die Erdumlaufbahn, der am 10. September 2022 erfolgte, entfaltete Blue-Walker 3 im erdnahen Orbit zwischen 500 und 600 Kilometer Höhe seine 64 Quadratmeter große Antenne.

BlueWalker 3
Spuren am Nachthimmel, die Blue-Walker 3 über Mexikos Observatorio Astronómico Nacional hinterlassen hat, beobachtet am 12. November 2022. Die Unterbrechungen der Leuchtspur wurden durch die Pausen zwischen den Belichtungen verursacht.
I. Plauchu-Frayn

Blue-Walker 3 gilt seither als eines der hellsten künstlichen Objekte am Nachthimmel. Wie hell der Satellit wirklich leuchtet, wollte ein Team aus Wissenschafterinnen und Hobby-Astronomen herausfinden. Dazu richteten sie große und kleinere Teleskope von Chile, den USA, Mexiko, Neuseeland, den Niederlanden und Marokko aus auf den Satelliten. Die nun im Wissenschaftsjournal "Nature" publizierte Analyse des Teams um Erstautorin Sangeetha Nandakumar von der Universidad de Atacama (Chile) und den österreichischen Astrophysiker Siegfried Eggl von der University of Illinois (USA) bestätigt alle Befürchtungen, die bereits Ende vergangenen Jahres im Fachmagazin "Science" geäußert worden waren.

Eines der hellsten Himmelsobjekte

Als Vorstandsmitglied des International Astronomical Union Centre for the Protection of the Dark and Quiet Sky from Satellite Constellation Interference (IAU CPS) ist es Eggls Aufgabe, die Helligkeit neu gestarteter Satelliten unabhängig von den Herstellerangaben zu bestimmen. Bei den Untersuchungen zeigte sich, dass der Satellit in seiner hellsten Phase im Beobachtungszeitraum eine Magnitude bzw. "scheinbare Helligkeit" von 0,4 erreichte. Damit ist er ebenso hell wie Prokyon und Achernar, die jeweils beiden hellsten Sterne im Sternbild "Kleiner Hund" und "Fluss Eridanus" – und eines der hellsten Objekte am Sternenhimmel.

Geht es nach den Plänen des Unternehmens AST Space Mobile, soll das eigentliche Kommunikationssystem aus 168 noch größeren Satelliten als Blue-Walker 3 bestehen. Zwar gibt es einige wenige noch hellere menschengemachte Objekte am Himmel, allen voran die Internationale Raumstation (ISS), die sogar 40-mal heller ist als Blue-Walker 3. Doch die Bahn der ISS ist genau dokumentiert und kann live abgerufen werden, was bei der Planung astronomischer Beobachtungen hilft.

Störungen auch der Radioastronomie

Dazu kommt ein weiteres Problem: Neben den Beobachtungen im sichtbaren Bereich könnte Blue-Walker 3 auch die Radioastronomie stören, da er Wellenlängen verwendet, die denen von Radioteleskopen nahekommen. Zwar befinden sich einige Teleskope in ausgewiesenen Funkruhezonen, doch gelten die Beschränkungen zum Schutz dieser Gebiete derzeit nur für terrestrische Sender, sodass sie nicht unbedingt vor Satellitenübertragungen geschützt sind.

Die an der Studie beteiligten Forschenden erkennen zwar an, dass die neuen Satellitengenerationen eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der weltweiten Kommunikation spielen. Ihr störender Einfluss auf astronomische Beobachtungen könnte jedoch den Fortschritt in unserem Verständnis des Kosmos stark behindern. Der Einsatz dieser Satelliten sollte daher unter gebührender Berücksichtigung ihrer Nebenwirkungen erfolgen; zudem sollten Anstrengungen unternommen werden, um ihre Auswirkungen auf die Astronomie zu minimieren. (Klaus Taschwer, 3.10.2023)