Stepanakert – In der Region Bergkarabach in Aserbaidschan sucht das Rote Kreuz nach der Flucht von rund 100.000 Armeniern mit Megafondurchsagen in den Straßen nach Zurückgebliebenen. Eine bettlägrige Frau sei so in einer Wohnung entdeckt worden, sagte Marco Succi vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) am Dienstag. Er sprach aus Stepanakert über Video mit Reportern in Genf. Die Frau sei inzwischen mit dem Krankenwagen nach Armenien gebracht worden.

Nachbarn hätten ihr bei ihrer Flucht Vorräte an Essen und Trinken zurückgelassen, hätten sie aber nicht mitnehmen können. Die Vorräte seien aufgebraucht gewesen, als IKRK-Mitarbeiter sie fanden.

Nur noch wenige hundert Menschen in Stepanakert

Nach Angaben von Succi sind in der bisher von Armeniern bewohnten Stadt in der abgelegenen Region Aserbaidschans nur noch einige hundert Menschen. Auf den Straßen sei aserbaidschanische Polizei zu sehen. Strom und Wasser funktionierten. Er habe bisher nicht gesehen, dass aserbaidschanische Zivilisten in die verlassenen Wohnungen und Häuser gezogen seien.

Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, es lebten dort bisher aber überwiegend ethnische Armenier. Inzwischen sind fast alle der vormals rund 120.000 armenischen Bewohner der Region nach Armenien geflüchtet. Bergkarabach hatte sich 1991 nach einem Referendum für unabhängig erklärt. Dieses wurde international nicht anerkannt und von der aserbaidschanischen Minderheit boykottiert. In den darauffolgenden Jahrzehnten kam es immer wieder zu Kämpfen um die Region, zuletzt 2020. Aserbaidschan hatte die Zufahrten zu Bergkarabach Anfang dieses Jahres weitgehend gesperrt und eine schwere Versorgungskrise ausgelöst. Mitte September eroberte Aserbaidschan die Region gewaltsam zurück. (APA, 3.10.2023)