US-Repräsentantenhaus soll noch am Dienstag über Absetzung von McCarthy abstimmen
Kevin McCarthy hatte vergangene Woche auf die Hilfe der Demokraten zurückgegriffen, um den Shutdown abzuwenden.
AP/J. Scott Applewhite

Washington – Dass der weit rechts stehende republikanische Abgeordnete Matt Gaetz seinen Fraktionschef im US-Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, nicht leiden kann, ist kein Geheimnis. Von Anfang an hatte er McCarthys Ernennung zum Speaker und Mehrheitsführer im Unterhaus abgelehnt.

Doch am Montagabend (Ortszeit) ist Gaetz, ein Vertrauter von Ex-Präsident Donald Trump, noch einen großen Schritt weiter gegangen als bisher und brachte einen Antrag ein, um McCarthy abzusetzen.

Noch am Dienstag sollten die Abgeordneten darüber abstimmen. McCarthy kündigte an, den Antrag für seine eigene Absetzung im Tagesverlauf zur Abstimmung zu bringen. Damit dürfte im Machtkampf der US-Republikaner im Repräsentantenhaus eine Entscheidung unmittelbar bevorstehen.

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Unklar war zunächst noch, wie viele Republikaner sich dem rechten Hardliner Gaetz anschließen, und damit auch der Ausgang der Abstimmung. Doch McCarthy, der zunächst gelassen auf den Antrag reagiert hatte, räumte schließlich ein, dass seine Absetzung nicht unwahrscheinlich sei. Er rechnete vor, dass es für seine Absetzung lediglich fünf Stimmen der Republikaner brauche – sollten alle Demokraten gegen ihn votieren. Er betonte dabei auch, dass er keinen anderslautenden Deal mit den Demokraten gemacht habe.

Kurz zuvor hatten die Demokraten offenbar ausgeschlossen, den Republikaner McCarthy mit ihren Stimmen im Amt zu halten. Viele von ihnen sind verärgert, weil er ein Amtsenthebungsverfahren gegen den demokratischen Präsidenten Joe Biden zuließ und Trump auch nach dem Sturm auf das US-Kapitol unterstütze.

Abwahl wäre historisches Ereignis

Wenn Gaetz seinen Antrag durchbringt, wäre es das erste Mal, dass Delegierte ihren Speaker absetzen. Die Suche nach einem neuen Vorsitzenden würde die Arbeit im Repräsentantenhaus dann zunächst zum Erliegen bringen. Das würde auch die ohnehin schwierigen und zeitkritischen Verhandlungen mit dem Senat über einen Haushalt treffen.

Dass einzelne Abgeordnete seine Absetzung beantragen können, war ein Zugeständnis McCarthys an die radikalen Trump-Anhänger in der eigenen Partei gewesen. Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner nur eine knappe Mehrheit, sodass ein kleiner Kreis Abgeordneter den Vorsitzenden vor sich hertreiben kann.

Machtkampf bei US-Republikanern: Hardliner wollen McCarthy absetzen
AFP

Der aus Florida stammende Gaetz, der auch in den eigenen Reihen als ein nach Aufmerksamkeit strebender Agitator gilt, räumte ein, dass sein Antrag scheitern könnte. Er deutete an, dass dieser allerdings nur ein erster Versuch sei und es wohl weitere geben werde. Auch will er sein Vorgehen mit Trump beraten haben – Details über die Unterredung ließ er offen.

Gaetz wirft McCarthy vor, gemeinsame Sache mit den Demokraten zu machen. Er kritisiert, dass McCarthy den Übergangshaushalt jüngst mit deren Stimmen am rechten Parteiflügel vorbei beschlossen hat. McCarthy hatte trotz der Warnungen einer Gruppe von etwa zwei Dutzend Hardlinern auf die Hilfe der Demokraten zurückgegriffen, um den Shutdown durch eine Übergangsfinanzierung bis zum 17. November abzuwenden. Bei einem Shutdown wären etwa staatliche Hilfen und Gehälter auf Eis gelegt worden. McCarthy erklärte damals, er sei bereit, sein Amt zum Wohle der US-Bürger zu riskieren.

Matt Gaetz spricht mit Reportern.
Trump-Anhänger Matt Gaetz.
AP/Mark Schiefelbein

Gemäßigte Republikaner zeigten wenig Interesse an einem Führungswechsel. Auch konservative Abgeordnete wie Marjorie Taylor Greene wiesen darauf hin, dass es keinen Alternativkandidaten gebe. "Es ergibt einfach keinen Sinn", sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters. Abschreckend könnte auch wirken, dass McCarthy im Jänner erst nach 15 Wahlgängen im Amt bestätigt wurde. Ein neues, ähnlich langwieriges Verfahren könnte den Bürgern schwer zu vermitteln sein angesichts des Haushaltsstreits und in einer Zeit vergleichsweise hoher Inflation. Zudem werfen die Querelen ihre Schatten auf die Wahlen im November 2024 voraus. Dann wird nicht nur ein neuer Präsident gewählt, sondern auch ein Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus. (Flora Mory, APA, 3.10.2023)