Rückenwind für die Grazer im Aufstiegsrennen.
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Sosnowiec/Toulouse - Nach zwölf langen Jahren ist der Statistikeintrag AEK Athen 2011 überschrieben. Das 1:0 gegen Rakow Czestochowa war der erste Auswärtssieg von Sturm Graz in der Fußball-Europa-League seit Thomas Burgstaller und Mario Haas die Sturmfans in Griechenland über ein 2:1 jubeln ließen. Am Donnerstag in Sosnowiec hieß der Held William Böving. Das Goldtor des Dänen gibt den Grazern Rückenwind im Aufstiegsrennen.

Der Erfolg über den polnischen Meister war verdient, die Schlussphase nach mangelnder Chancenverwertung für Christian Ilzer allerdings "unnötig nervenaufreibend". "Wir müssen bis zur 70. das Spiel entscheiden", monierte der Sturm-Trainer, der ansonsten restlos zufrieden klang - und bereits nach vor blickte. "Wir haben mit diesem Sieg eine Position bekommen, wo es nicht nur im Duell mit Rakow um den dritten Platz geht. Wir wollen auch gegen die Topteams Atalanta und Sporting überraschen, das müssen wir uns zutrauen in dem Wissen, dass dafür ein absoluter Sterntag notwendig ist."

Vor dem anstehenden Doppel gegen Atalanta - zunächst in Graz (26.10.), dann in Bergamo (9.11.) - liegt Sturm drei Punkte hinter den Italienern. Spätestens mit dem 2:1 in Lissabon gegen Sporting hat der Sechste der Serie A den Status als Gruppenfavorit zementiert. Alexander Prass mahnte und warnte: "Man muss den Ball flach halten. Mit Atalanta kommt noch mal ein anderes Kaliber daher."

Fette Prämie

Dass mit dem ersten "Dreier" ein guter Schritt Richtung europäisches Frühjahr gelang, war aber auch dem aus einem Formtief getauchten ÖFB-Teamspieler bewusst. "Es war wichtig, dass wir angeschrieben haben. Mit drei Punkten schaut es gleich viel besser aus", erklärte Prass nach der dominanten, aber ineffizienten Vorstellung seines Teams, die dem Klub eine Prämie von 630.000 Euro einbrachte. "Das einzige, was nicht gut war, war, dass wir das Spiel nicht höher gewonnen haben und es am Ende spannend haben werden lassen. Aber wir haben alles wegverteidigt, jeder hat sich in den Dienst der Mannschaft gestellt."

Die größten Lorbeeren gebührten Böving, der sich wieder auf großer Bühne treffsicher präsentierte. Vier der letzten fünf Europacup-Tore von Sturm hat der in Graz schon "Euro-Willi" gerufene Däne erzielt. Auch sein Fazit fiel zwiespältig aus. "Wir haben heute einen sehr guten Job in der Verteidigung gemacht. Ich hatte mein Tor, aber wir müssen das Spiel früher entscheiden." Ein Makel, der auch in der Frage des direkten Duells noch schlagend werden könnte.

Szymon Wlodarczyk, der für die entscheidende Tore vorgesehen ist, blieb auch in der Heimat ohne persönliches Erfolgserlebnis. Ilzer war mit dem Auftritt des polnischen U21-Teamstürmers dennoch zufrieden. "Wir brauchen noch die Spieler um ihn herum, die noch mehr Räume aufreißen, damit er sein gutes Gespür im Strafraum einsetzen kann. Aber er hat seine teamtaktischen Aufgaben top erfüllt." Böving wurde mit Adduktorenproblemen ausgewechselt, Jusuf Gazibegovic dürfte mit dem Schrecken davon gekommen sein. "Er scheint ziemliche Gummiknie zu haben", scherzte Ilzer, nachdem der Verteidiger in der Nachspielzeit im Rasen hängengeblieben war.

LASK mit Rücken zur Wand

Ohne das erhoffte internationale Erfolgserlebnis ist der LASK aus Südfrankreich abgereist. Die Linzer mussten sich am Donnerstag in der Europa-League dem französischen Cupsieger Toulouse mit 0:1 (0:1) geschlagen geben und trauerten zwei großen Chancen zu Beginn der zweiten Hälfte nach. Nun stehen die beiden richtungsweisenden Partien gegen Union Saint-Gilloise am 26. Oktober in Brüssel und am 9. November in Linz an.

In Toulouse jubelten die Gastgeber.
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Ein schwaches Defensivverhalten in der 31. Minute, das Gabriel Suazo zum einzigen Treffer der Partie nutzte, und mangelnde Effizienz vor dem gegnerischen Tor brachten den LASK um einen durchaus möglichen Punkt. Denn Toulouse war keineswegs eine überragende Mannschaft. "Das Spiel war wie erwartet - auf Augenhöhe. Der Gegner hat die Chancen im Gegensatz zu uns genutzt. Am Ende des Tages machen aber die Tore den Unterschied", analysierte Trainer Thomas Sageder treffend.

In der ersten Halbzeit noch kaum im Strafraum von Toulouse, hatte sein Team nach der Pause zweimal den Ausgleich auf dem Fuß. Doch sowohl Moses Usor (55.) als auch Marin Ljubicic (58.) brachten den Ball völlig freistehend aus kurzer Distanz nicht im Tor unter. "Wenn du zweimal das leere Tor nicht triffst, dann wird es schwer", ärgerte sich Robert Zulj. "Es hätte ein Punkt sein müssen. Wir haben eigentlich alles unter Kontrolle, kriegen aber ein Tor, das du so nie kriegen darfst. Toulouse war nicht ansatzweise besser als wir, aber die machen halt das Tor und wir nicht", sagte der Kapitän.

So gehen die Schwarz-Weißen als Schlusslicht der Gruppe E in die Länderspielpause, danach wollen sie mit Erfolgen gegen Saint-Gilloise, das bei einem Punkt hält, noch in den Kampf um den Aufstieg eingreifen. "Es zieht sich schon durch die ganze Saison, dass wir vorne nicht die übertriebene Durchschlagskraft haben, aber daran werden wir arbeiten und stärker zurückkommen. Wir haben noch zwei Heimspiele, es ist noch nichts entschieden", betonte Verteidiger Philipp Ziereis. (APA, red, 6.10.2023)