Ali Bongo darf sich in Gabun wieder frei bewegen. Nach Frankreich wird er so bald wohl nicht kommen.
AFP/STEEVE JORDAN

Als Ali Bongo 2019 Präsident Gabuns wurde, kaufte er in Paris zuerst einmal ein paar Luxuswagen. Bentleys, Rolls Royces, ein Mercedes Maybach – nichts war zu viel für die Machtübernahme von seinem Vater, Omar Bongo, der das erdölreiche Land 42 Jahre regiert hatte. In der gabunesischen Hauptstadt Libreville meinten böse Zungen, Ali brauche eben die vielen Fahrzeuge, um sich zwischen seinen 20 Stadtpalästen, Luxuswohnungen und anderen Prachtbauten in den besten Vierteln von Paris zu bewegen. Sein Prestigegebäude misst 4.754 Quadratmeter und liegt im "Goldenen Dreieck" südlich der Champs-Elysées.

Jetzt ist aber, um mit Hemingway zu sprechen, Paris kein Fest mehr: Ende August wurde Ali Bongo im fernen Gabun von einem entfernten Cousin brutal aus dem Präsidentenamt geputscht. Der 64-jährige, von einer Hirnblutung angeschlagene Staatschef kam zuerst unter Arrest. Jetzt darf er sich wieder frei bewegen. Nach Frankreich, wo seine Familie neben den Pariser Adressen dem Vernehmen nach auch elf Villen an der Côte d'Azur besitzt, dürfte er allerdings nach dem Verlust seiner Amtsimmunität nicht so schnell reisen. Dort interessiert sich die Justiz für ihn. Gegen neun Geschwister mit so blumigen Vornamen wie Betty, Hermine oder Grace, die meisten zwischen 50 und 60 Jahre alt, hat die französische Justiz bereits ein Strafverfahren gestartet. Die Tatbestände lauten auf Geldwäsche, Korruption und Veruntreuung mithilfe der Pariser Immobilien.

Geld aus französischer Entwicklungshilfe

Das Pikante daran: Diese Millionen stammen aus Kommissionen des Erdölkonzerns Elf Aquitaine (heute Total Energies) sowie höchstwahrscheinlich aus französischer Entwicklungshilfe. Alis Vater Omar Bongo brüstete sich gerne damit, er habe so politische Parteien in Paris finanziert, damit ihm die französische Regierung gewogen gewesen sei. Es war die Zeit der berüchtigten "Françafrique", des dichten, undurchdringlichen Filzes zwischen Exkolonien und Mutterland.

Die Anti-Korruptions-Vereinigung Transparency International (TI) hatte 2007 erstmals Klage eingereicht, um die Beschlagnahmung der Pariser Stadthäuser wegen illegaler Finanzierung zu erreichen. Im Visier waren die Autokraten von Äquatorialguinea, Kongo, Dschibuti und eben auch Gabun. TI-Anwalt William Bourdon zeichnete nach, wie Strohmänner in Libreville Bargeld einer obskuren Innendekorationsfirma namens Atelier 74 in Koffern aushändigten. Später landete das Bargeld bei der französischen Bank BNP Paribas auf einem Konto, das dem Bongo-Clan – geschätztes Vermögen je nach Quelle: 85 bis 460 Millionen Euro – gehört.

Die französischen Gerichte gingen zuerst nicht auf die Klagen ein. Politisch war die Zeit noch nicht reif. Erst seit drei, vier Jahren kommt Bewegung in die Affären der "biens mal acquis", wie die "auf unlautere Weise erworbenen Immobilien" in Paris genannt werden. 2021 kam es zu einer ersten Verurteilung: Die französische Justiz beschlagnahmte ein Pariser Grundstück, das einem gewissen Rifaad al Assad gehörte, wegen dubioser Finanzierung. Der Zeitpunkt war vielleicht kein Zufall, war doch der einflussreiche Onkel des syrischen Machthabers Baschar al Assad in Paris seit dem Syrienkrieg in Ungnade gefallen.

Macron lockert Bande

Ähnliches passiert heute einigen Potentaten West- und Zentralafrikas. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lockert seit Jahren die Bande zur "Françafrique" und ihren Langzeitpräsidenten. Ali Bongo war in Paris schon vor seinem Sturz schlecht angeschrieben. Im letzten Jahrhundert hätten die Franzosen die unbeliebten Bongos noch vor ihrem Volk geschützt – jetzt schauten die 380 Soldaten der französischen Garnison in Libreville tatenlos zu, als Ali Bongo aus den Regierungspalästen vertreiben wurde.

Mittlerweile geht der französische Präsident Emmanuel Macron auf Distanz zu Ali Bongo. Im Juni gab es noch ein Treffen in Paris.
AFP/LUDOVIC MARIN

Auch in Paris nehmen die Gerichte immer weniger politische Rücksicht auf die franko-afrikanischen Beziehungen. Verurteilungen wegen Geldwäsche mit Immobilien sind deshalb nur eine Frage der Zeit. Der Stadtrat von Paris verfolgt ein zusätzliches Projekt: Er will die afrikanischen Besitzungen beschlagnahmen und in Sozialwohnungen verwandeln. Das würde es auch erlauben, den gesetzlich vorgeschriebenen Anteil an Sozialwohnungen in den betroffenen Nobelvierteln des 7., 8. und 16. Arrondissements zu erreichen.

Der Pariser Stadtrat hat deshalb am Donnerstag beschlossen, den französischen Staat aufzufordern, die Wohnungen aufzukaufen, um den Erlös "dem gabunesischen Volk zurückzuerstatten", wie der kommunistische Antragsteller Nicolas Bonnet-Oulaldj am Donnerstag bei der Ratsdebatte erklärte. Die leeren Luxusbleiben sollen in Sozialwohnungen für Minderbemittelte umfunktioniert werden. Studenten aus Gabun sollen bei der Vergabe Vorrang erhalten. Dies könnte auch das derzeit angeschlagene Image Frankreichs in seinen Exkolonien aufpolieren, führte Bonnet-Oulaldj aus. Der Pariser Stadtrat billigte die Idee deshalb ohne Gegenstimme. (Stefan Brändle aus Paris, 6.10.2023)