Das Team von Notarity
Das Team von Notarity.
Notarity

Notartermine einfach online anstatt im Büro des Notars zu erledigen – das verspricht das Wiener Start-up Notarity, auf dessen Homepage ein großer Button gleich zum Buchen eines Termins auffordert. In den vergangenen 15 Monaten ist die Plattform kräftig gewachsen, dem Unternehmen zufolge haben Betriebe und Privatpersonen aus über 100 unterschiedlichen Ländern sie genutzt, mehr als 10.000 Dokumente wurden unterschrieben. Und wer glaubt, dies seien bloß Symptome der Pandemie gewesen, der irrt: Derzeit wächst die Nutzung monatlich um durchschnittlich 20 Prozent.

Die Österreichische Notariatskammer (ÖNK) ist jedoch skeptisch bezüglich des Geschäftsmodells der Notarity GmbH. Denn das Unternehmen sei nach eigenen Angaben zwar technischer Dienstleister, habe in seinem Dienstleistungsangebot aber auch notarielle Dienstleistungen, die den Endabnehmern auch zu Fixpreisen angeboten werden, heißt es aus der ÖNK. In Gesprächen mit dem Start-up habe man auf rechtliche Bedenken hingewiesen, diese Gespräche seien jedoch nicht erfolgreich gewesen. Daher strebt man nun die Klärung auf gerichtlichem Weg an: Am 29. September hat die ÖNK beim Handelsgericht Wien eine Klage eingebracht, die "der rechtlichen Klärung des Geschäftsmodells der Notarity GmbH" dienen soll, wie es in einer Aussendung heißt.

Verwunderung bei Notarity

Bei Notarity bestätigt man, dass die besagte Klage am 2. Oktober eingetroffen sei und zeigt sich verwundert, zumal man sich an alle geltenden Gesetze halte, allen voran die DSGVO und die Österreichische Notariatsordnung. Die Notariatskammer sei in mehreren Gesprächen nicht aufgeschlossen für eine "einvernehmliche Lösung im Interesse der rechtssuchenden Bevölkerung" gewesen.

"Unser oberster Anspruch ist die Rechtssicherheit unserer Partner-Notariate und ihrer Kundinnen und Kunden. Die in der Klage geäußerten Bedenken der Notariatskammer in Bezug auf unseren Marktauftritt werden wir genau prüfen", sagt Notarity-Gründer und -CEO Jakobus Schuster in einer Stellungnahme: "Die technische Abwicklung von Online-Beglaubigungen bzw. Notariatsakten ist jedoch in der Notariatsordnung klar geregelt. Notarity erfüllt diese Vorgaben als Plattform auf Punkt und Beistrich."

Digitales Österreich

Bei Notarity betont man, dass ein Viertel der österreichischen Notariatskanzleien bereits ihre Leistungen über die Plattform anbietet. Ziel sei es, Menschen mit Bedarf an Notariatsdienstleistungen binnen weniger Minuten mit einem digitalen Notariat zusammenzubringen. Bereits vor drei Jahren habe die ÖNK aber im Gespräch mit dem damals noch jungen Projekt betont, dass sie für keinerlei Kooperation zur Verfügung stehe. "Das ist jedoch weder im Sinne der mehr als hundert Notarinnen und Notare, noch im Interesse derer Kundinnen und Kunden", argumentiert Schuster.

Bei der ÖNK heißt es hingegen, dass man die Entwicklung von technischen Systemen zur weiteren Digitalisierung der Notariate sehr begrüße. "Letztlich hat die Österreichische Notariatskammer mit der Entwicklung der digitalen GmbH-Gründung diese Entwicklung selbst angestoßen", sagt der Sprecher der ÖNK, Ulrich Voit: Es gebe aber eine Reihe von hoheitlichen notariellen Dienstleistungen, wie unter vielen anderen die Beglaubigung einer Unterschrift, die ausschließlich Notarinnen und Notare als öffentliche Amtspersonen neben den Gerichten anbieten und durchführen dürfen.

"Wenn nun Notarity diese Leistungen auf seiner Homepage anbietet und abrechnet, dann müssen wir die Frage stellen, ob das rechtens ist und welche Folgen sich für die Klientinnen und Klienten beispielsweise bei Reklamationen ergeben können," so Voit. (stm, 7.10.2023)