Zagiczek soll es richten.
APA/HELMUT FOHRINGER

Harald Zagiczek ist seit Montag im Amt, am Freitag stellte sich der neue Finanzvorstand des FK Austria Wien erstmals den Fragen der Medienvertreter. Frage: "Warum tun Sie sich das an?" Antwort: "Es gibt nichts Spannenderes als Austria Wien." In der Tat sorgt der Fußballverein aus Favoriten jedes Jahr für Spannung. Kratzt man finanziell die Kurve? Lässt sich der Schuldenberg reduzieren? Geht sich irgendwie die Lizenz für kommende Saison aus? Vielleicht zur Abwechslung in erster Instanz?

Für konkrete Antworten ist es noch zu früh. Zagiczek lernt dieser Tage in der Generali-Arena sein Team kennen. Der 48-Jährige ist zuversichtlich, "viel bewegen zu können". Der langjährige Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Burgenland ging aus einem Auswahlverfahren mit rund 60 nationalen und internationalen Bewerbungen als Nummer eins hervor. Zagiczek wurde von den Gremien einstimmig auserkoren. Quasi ein Kantersieg.

Einen Pluspunkt bringt Zagiczek zweifellos mit. "Ich bin glühender Austrianer", sagt der vom Verein als "Wirtschaftsexperte mit klarer Vertriebs- und Kundenorientierung" gepriesene Mann. Dass die wirtschaftliche Lage der Violetten nicht unbedingt rosig ist, sei "hinlänglich bekannt". Nun gelte es den Verein "schlank und effizient" zu führen. Und natürlich müsse man die Einnahmen auch mit Transfers und Europacup-Teilnahmen ankurbeln.

Alte Ziele

Das Vorhaben ist freilich nicht neu. Die Vorgänger Markus Kraetschmer und Gerhard Krisch sind beide an der Umsetzung gescheitert. Zuletzt wurde die Gruppenphase der Conference League verpasst. Topstürmer Haris Tabakovic musste man aufgrund einer Ausstiegsklausel zum Freundschaftspreis von 500.000 Euro zu Hertha BSC ziehen lassen. Der Schweizer führt mittlerweile die Torschützenliste der zweiten deutschen Liga an. Gute Geschäfte sehen anders aus.

Aber genau die bräuchte die Austria in der aktuellen Situation. Mit dem Drehen an kleinen Schrauben wird es nicht getan sein. Rund 60 Millionen Euro Schulden baut man nicht ab, indem alle Mitarbeiter das Licht abdrehen. Auf der Habenseite steht der Publikumszuspruch. Über 13.000 Fans finden sich durchschnittlich zum Spieltag an der Fischhofgasse ein. Und das trotz chronischer Erfolglosigkeit. Von den vergangenen 19 Ligapartien hat die Austria saisonübergreifend heiße zwei Stück gewonnen. Der zehnte Tabellenrang ist selbst für hartgesottene Anhänger kein schöner Anblick.

Trainer Michael Wimmer untertreibt, wenn er vor dem Match gegen Aufsteiger Blau-Weiß Linz am Samstag (17 Uhr, live auf Sky) von einer Ergebniskrise spricht. Die Probleme liegen tiefer. In neun Runden hat die Austria erst sechsmal getroffen, nur Lustenau strahlt in der Bundesliga weniger Torgefahr aus. Und plötzlich bezeichnet der Coach das Erreichen der Meistergruppe als – auch wenn er es kurz darauf zurücknimmt – das "Unmögliche". Er sagt: "Wir wollen das Unmögliche möglich machen." Weit ist es im zehnten Hieb gekommen.

Das Unmögliche hat Blau-Weiß Linz mit dem 1:0-Sieg bei Red Bull Salzburg möglich gemacht. Die Oberösterreicher sind nach Startschwierigkeiten voll in der Liga angekommen. Trotzdem spricht Wimmer "von einem Pflichtsieg". Nicht weil die Austria in dieser Partie der haushohe Favorit wäre, sondern weil sie dringend drei Punkte benötigt, um nicht schon im Oktober den Anschluss an das gepflegte Mittelfeld zu verlieren.

Neue Ziele

Die Austria hat in dieser Saison noch kein Heimspiel in der Bundesliga gewonnen. Zumeist ziehen die Fans nach Abpfiff mit ultralangen Gesichtern über den Verteilerkreis. Gegen Blau-Weiß muss die Startelf neu geordnet werden. Die Mittelfeldspieler James Holland und Matthias Braunöder sind nach den roten Karten im Derby gesperrt. Kapitän Manfred Fischer muss verletzt pausieren, der Knöchel schmerzt. Der Trainer muss improvisieren. Was soll am Samstag anders, also besser als bisher, werden? Wimmer: "Wir alle brauchen Punkte. Diesmal wollen wir gewinnen." (Philip Bauer, 6.10.2023)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen

FK Austria Wien - FC Blau-Weiß Linz (Wien, Generali Arena, Samstag, 17.00 Uhr, live Sky Sport Austria, SR Semler). Keine Saisonergebnisse 2022/23

Austria: Früchtl - Handl, Martins, Galvao - Ranftl, Potzmann, Jukic, Polster - Fitz - Gruber, Huskovic

Es fehlen: Holland, Braunöder (beide gesperrt), Fischer, Plavotic (beide Sprunggelenk), Raguz, El Sheiwi, Wustinger (alle im Aufbautraining)

Fraglich: Guenouche (Fuß)

Blau-Weiß: Schmid - Mitrovic, Maranda, Koch - Gölles, Krainz, Brandner, Pirkl - Mensah, Ronivaldo, Noß

Es fehlen: Ibrahimi (Mittelfußknochenbruch), Tursch (im Aufbautraining)