Die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi auf einem Archivbild.
Die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi auf einem Archivbild.
via REUTERS/MOHAMMADI FAMILY ARC

Zwei Jahrzehnte liegen zwischen den Nobelpreisen für Shirin Ebadi und Narges Mohammadi. Doch die Worte, mit denen das Nobelkomitee in Oslo am Freitag seine Entscheidung für die Verleihung des diesjährigen Friedensnobelpreises an die iranische Menschenrechtsaktivistin Mohammadi begründete, gleichen jenen, mit denen 2003 die Juristin Ebadi bedacht wurde.

Mohammadi erhalte den Preis für "ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und ihren Kampf für die Förderung der Menschenrechte und Freiheit für alle", erklärte die Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen. Ihr Kampf sei mit großen persönlichen Opfern verbunden.

Damals wie heute sind dem Regime in Teheran die Rechte der Menschen, insbesondere der Frauen, nichts wert. Und so ist Mohammadis Biografie eine Geschichte von Verhaftungen, Gewalt und Folter. Insgesamt 13-mal wird sie verhaftet und fünfmal verurteilt. Die Vorwürfe reichen von "Gefährdung der nationalen Sicherheit" bis "Propaganda gegen das System". Das Strafausmaß umfasst insgesamt 31 Jahre Haft und 154 Peitschenhiebe.

Stellungnahme aus der Haft

Auch derzeit sitzt die Ingenieurin im berüchtigten Evin-Gefängnis. Dennoch schafft sie es immer wieder, Interviews zu geben – so auch diesmal: Die Ehrung mache sie "entschlossener, verantwortungsbewusster, leidenschaftlicher und hoffnungsvoller", lässt sie aus der Haft mitteilen.

Mohammadi wird 1972 in der Stadt Zandschan geboren und erlebt als Kind die Islamische Revolution mit. Mehrere ihrer Verwandten werden vom Mullah-Regime verhaftet, ihr Onkel ermordet. Während ihres Physikstudiums in Teheran schreibt sie für Studentenzeitungen und engagiert sich in politischen Studentengruppen, was ihr erste Verhaftungen einbringt.

1999 heiratet sie den Journalisten Taghi Rahmani, mit dem sie Zwillinge hat. Seit 2003 engagiert sie sich in Ebadis "Zentrum für die Verteidigung der Menschenrechte", dessen Vizevorsitzende sie wird. Rahmani flieht nach langen Jahren in Haft 2012 mit den Kindern nach Frankreich. Mohammadi bleibt im Iran, um den Kampf um Menschenrechte und gegen die Todesstrafe weiterzuführen – eine Entscheidung, die ihr die Familie nimmt.

Auch die Erfahrungen in Haft nutzt sie für ihren Kampf: Im Vorjahr zeigt sie während des Aufstandes gegen das Regime in einem Bericht auf, wie gezielt Folter und sexuelle Gewalt gegen dutzende inhaftierte Frauen eingesetzt werden. (Michael Vosatka, 6.10.2023)