Die Junge Akademie der ÖAW wurde 2008 gegründet, um den wissenschaftlichen Nachwuchs zu vernetzen und dessen Forschung breiter sichtbar zu machen. In diesem Jahr feiern wir unser 15-jähriges Bestehen. Im Rahmen eines Festakts am 19. September dieses Jahres im Theatersaal der ÖAW haben wir nicht nur die Geschichte der Jungen Akademie Revue passieren lassen, sondern es wurde auch eine Alumni:ae-Vereinigung ins Leben gerufen, die die kritische Stimme einer jungen Generation an Forscher:innen – als die wir uns verstehen – stärken soll.

Dass eine kritische Reflektion der politischen, institutionellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Grundlagenforschung in Österreich heute wichtiger denn je ist, zeigen viele rezente Aktivitäten der Jungen Akademie, aber auch schon Diskussionen während ihrer Anfänge, als noch unklar war, ob es einer "Jungen Kurie" oder "Jungen Klasse" der ÖAW überhaupt bedürfe und welche Rolle diese einnehmen sollte.

Gruppenfoto
Festgäste, Organisationsteam, und Mitglieder des Direktoriums der Jungen Akademie (von links nach rechts): Bernhard Palme, Miriam Unterlass, Nina Mirnig, Alice Vadrot, Dagmar Woebken, Katharina Rebay-Salisbury, Anne Sophie Meincke, Christiane Wendehorst, Birgitta Schultze-Bernhardt, Christoph Bock, Wolfang Baumjohann.
ÖAW / Elia Zilberberg

Die dritte Säule der ÖAW

Eröffnet wurde die Jubiläumsfeier durch Wolfang Baumjohann, Präsident der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der ÖAW. Baumjohann betonte, dass die Junge Akademie neben der mathematisch-naturwissenschaftlichen und philosophisch-historischen Klasse die dritte Säule der Gelehrtengesellschaft darstellt. Gegründet 1847, bestehe die Gelehrtengesellschaft der ÖAW inzwischen aus knapp 800 exzellenten Wissenschafter:innen im In- und Ausland.

Die Junge Akademie, so Baumjohann, repräsentiere in diesem Forum die Perspektive herausragender aufstrebender junger Forscherinnen und Forscher und ermöglicht einen generationenübergreifenden Austausch innerhalb der Gelehrtengesellschaft. Seit ihrer Gründung 2008 habe sie zunehmend an Sichtbarkeit gewonnen und sei inzwischen zu einem wichtigen Player an der ÖAW geworden. Mitglieder der Jungen Akademie seien in verschiedensten Auswahlverfahren, sei es für die Aufnahme in die Studienstiftung, für Stipendien, oder für die Verleihung hochkarätiger Preise, und auch in Verwaltungskommissionen vertreten. Baumjohann bedankte sich im Rahmen des gesamten Präsidiums herzlich für die wertvolle Zusammenarbeit und rief offiziell die Alumni:ae-Vereinigung ins Leben, die als wichtiges Netzwerk für multidisziplinären Austausch fungieren soll.

Eine revolutionäre Idee?

Dass der Weg zur Konsolidierung der Jungen Akademie als dritte Säule der ÖAW nicht selbstverständlich war, betonte Bernhard Palme, Professor für Alte Geschichte und Papyrologie an der Universität Wien und Direktor der Papyrussammlung und des Papyrusmuseums der Österreichischen Nationalbibliothek, sowie wirkliches Mitglied der ÖAW. Als einer der Gründungsmitglieder der "Jungen Kurie", wie die Junge Akademie damals genannt wurde, blickte er unter Bezugnahme auf "historische Dokumente" aus jener Zeit und Erinnerungen seiner damaligen Mitstreiter:innen auf eine durchaus bewegte erste Phase zurück.

Damals sei eine Verjüngung der ÖAW diskutiert worden und eine Möglichkeit, exzellente Nachwuchswissenschafter:innen in die Gelehrtengesellschaft einzubinden. Die Start-Preise des FWF, die für exzellente Grundlagenforschung und zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ins Leben gerufen wurden, sollten hierbei als Richtschnur dienen. Start-Preisträger:innen sollten den Pool jener bilden, die die neue Klasse konstituieren. Als "dynamische Klasse" sollte diese Erweiterung der Gelehrtengesellschaft Schwung in die ÖAW bringen, eventuelle Seilschaften etwas aufbrechen und neue Forschungsarbeiten sichtbar machen.

Dass man sich unter der Fülle an potenziellen Namen gegen die "Dynamische Klasse" entschieden habe, sei vor allem Ausdruck der Sorge gewesen, dass die beiden anderen Klassen als undynamisch hätten wahrgenommen werden können. Problematisch sei damals aber vor allem der Anteil von Frauen gewesen, der schwindend gering war. Die Idee einer Jungen Kurie setzte sich schlussendlich mit der Zielsetzung einer Bereicherung des wissenschaftlichen Diskurses und der Vielfalt der Fächer – die in den Anfängen der Jungen Akademie noch nicht hinreichend gegeben war – durch.

Inklusion, Vielfalt und Multidisziplinarität

Dass die Junge Akademie in den letzten Jahren wichtige Entwicklungsschritte in Richtung Inklusivität, Vielfalt und Multidisziplinarität gemacht hat, berichtete Katharina Rebay-Salisbury, Professorin für Urgeschichte des Menschen an der Universität Wien, in ihrer Festrede. Rebay-Salisbury war Direktoriumsmitglied der Jungen Akademie von 2019 bis 2022 und hat in dieser Phase die Ausgestaltung von Aktivitäten der Jungen Akademie nach außen – zur besseren Sichtbarkeit – und nach Innen – zur gegenseitigen Unterstützung der Mitglieder – mitbegleitet. "Zu den Traditionen innerhalb der jungen Akademie gehören die Veranstaltung der jährlichen "Science Days", in denen junge Wissenschafter:innen ihre Forschungen vorstellen und interdisziplinäre Verbindungen finden können." Neben diesen öffentlichen Veranstaltungen, so Rebay-Salisbury, wurden auch Angebote geschaffen, um die Mitglieder bei alltäglichen Herausforderungen und Karriereentwicklungsschritten zu unterstützen. "Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Nachwuchsforscher:innen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Diskussionen", so Rebay-Salisbury.

Außerdem beschäftigt sich die Junge Akademie fortwährend damit, wie man dem Anspruch an Interdisziplinarität, Inklusion, Vielfalt und Exzellenz gerecht werden kann. "Aufgrund unserer 8-jährigen Mitgliedschaft haben wir eine hohe Fluktuation der Mitglieder und müssen sorgfältig unter den in Frage kommenden Nachwuchsforscher:innen auswählen. Die Einstellungen zu Alter, Geschlecht, Vielfalt und Inklusivität ändern sich ständig, aber die feste Struktur der Satzung und der Regeln macht es schwierig, sich an die sich ändernden Lebensrealitäten anzupassen." Entsprechend bemüht sich die Junge Akademie bei der Zuwahl weniger Fokus auf das biologische Alter, sondern mehr auf das akademische Alter zu legen. Auch Kinderbetreuungszeiten und alternative Familienmodelle sollen künftig stärker berücksichtigt werden.

Anne Sophie Meincke, Elise Richter Research Fellow am Institut für Philosophie der Universität Wien, sowie Mitglied des aktuellen Direktoriums der Jungen Akademie, präsentierte konkrete Zahlen: "Während im Jahr der Gründung 2008 25 Prozent der Mitglieder Frauen waren, liegt deren Anteil aktuell bei 61 Prozent. Hinsichtlich der Vielfalt der repräsentierten Fächer sind wir bestrebt, diese laufend zu erweitern und weniger prominente Forschungsfelder in den Zuwahlen besonders zu berücksichtigen."

Errichtung einer Alumni:ae-Vereinigung

Der interdisziplinäre Austausch mit Wissenschafter:innen, die sich auf einer ähnlichen Stufe ihrer akademischen Karriere befinden, ist die größte Bereicherung der Jungen Akademie. Um das Netzwerk auch über die Mitgliedschaft in der Jungen Akademie hinaus aufrechtzuerhalten, wurde nun eine Alumni:ae-Vereinigung ehemaliger Mitglieder ins Leben gerufen. "Der Kontakt mit der Jungen Akademie und der ÖAW insgesamt bleibt damit weiter bestehen", so Meincke. Mitglieder der Vereinigung sollen über Initiativen und Projekte der ÖAW informiert bleiben und darin eingebunden werden, ein essenzieller Schritt, um die Junge Akademie als visionäre Kraft innerhalb der ÖAW zu stärken. Schon jetzt umfasst die Vereinigung 57 Mitglieder, von denen viele das Jubiläum der Jungen Akademie an diesem Septemberabend mitgefeiert haben. (Alice Vadrot, Nina Mirnig, Dagmar Woebken, 11.10.2023)