Martin Jawurek
Der angeklagte Militärkommandant Martin Jawurek vor Beginn der Verhandlung im Juli 2023.
APA/CHRISTOPHER ECKL

St. Pölten – Der vom Dienst enthobene niederösterreichische Landesmilitärkommandant Martin Jawurek ist am Donnerstag am Landesgericht St. Pölten vom Vorwurf der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung im Zweifel freigesprochen worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Angelastet worden war dem 57-Jährigen ein vom November 2022 datierender Übergriff auf eine Mitarbeiterin. Der Brigadier bestritt den Vorwurf stets.

Für eine Verurteilung lag laut der Richterin insgesamt zu wenig vor. Die betroffene Frau habe grundsätzlich einen glaubwürdigen Eindruck gemacht, sich aber auch oftmals widersprochen. Zugetragen hat sich der Vorfall am 8. November vergangenen Jahres. Damals gab es laut Staatsanwaltschaft zwei Veranstaltungen in der Kaserne in St. Pölten. Zu späterer Stunde habe der leicht betrunkene Landesmilitärkommandant die betroffene Gastromitarbeiterin unter dem Vorwand eines Vieraugengesprächs in ein abgedunkeltes Nebenzimmer gelockt. In dem Raum soll sich Jawurek der Frau angenähert haben. Letztlich kam es zum Geschlechtsverkehr. Dem Brigadier wurde seitens der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, "seine Machtposition ausgenutzt" zu haben, weil er zuvor recht offensiv auf eine vom Opfer angepeilte Versetzung angespielt haben soll.

Verteidigungsministerium erstattete Anzeige

Die Frau wandte sich später an ihren direkten Vorgesetzten, der den Vorfall letztlich intern meldete. Vom Verteidigungsministerium wurde Anzeige erstattet – was das Opfer eigentlich gar nicht im Sinn hatte. Für Verteidiger Manfred Ainedter liegt generell ein "nicht sehr kluger Fall eines einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs zwischen erwachsenen Menschen" vor, wie er in seinem Schlussplädoyer unterstrich.

Der erste Verhandlungstag in der Causa war am 11. Juli großteils ohne Beobachter in Szene gegangen. Noch vor der Befragung Jawureks wurde die Öffentlichkeit auf Antrag der Opfervertreterin ausgeschlossen. Am Donnerstag gab ein hochrangiger Offizier Auskunft über den generellen Besetzungsablauf von Posten im Landesmilitärkommando. Der Hauptbelastungszeugin sei die angestrebte Versetzung im Rahmen einer Ausschreibung mittlerweile gewährt worden, die Frau sei die einzige Bewerberin gewesen.

Richterin betont Freispruch im Zweifel

Jawurek hätte in seiner ursprünglichen Funktion – rein theoretisch gesprochen – "eigentlich" in keiner Form eine Möglichkeit gehabt, eine entsprechende Versetzung zu verhindern, sagte der 59-Jährige. Generell sei Jawurek "immer äußerst korrekt zu jedem Untergebenen gewesen". Ein zweiter Offizier berichtete im Zeugenstand von einem Gespräch mit der betroffenen Frau, die ihm im Dezember 2022 von dem Übergriff erzählt habe. Jawurek selbst betonte abschließend, dass die Möglichkeit, Zwangsmaßnahmen gegen eine Frau zu setzen, "in den Genen eines österreichischen Offiziers" nicht vorkomme. Er sei auf besagten Abend aber "nicht stolz".

Staatsanwalt Leopold Bien räumte ein, dass das Geschehen nicht leicht zu beurteilen sei, forderte aber aus general- und spezialpräventiven Gründen einen Schuldspruch. Verteidiger Ainedter zeigte sich "sicher, dass man hier nur mit Freispruch vorgehen kann". Dieser Ansicht folgte letztlich auch die Einzelrichterin. Sie betonte, dass der Freispruch im Zweifel erfolgt sei. Der Geschlechtsakt sei laut den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht gegen den Willen der Frau passiert, zudem liege keine Ausnützung einer Zwangslage vor.

Aus rechtlichen Gründen sei daher der Tatbestand der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung nicht erfüllt. Für das Verteidigungsministerium werden mit der Entscheidung vom Donnerstag vorerst noch keine Schritte notwendig. Die Rechtskraft des Urteils werde nun abgewartet, sagte Bundesheersprecher Michael Bauer auf APA-Anfrage. (APA, 12.10.2023)