Die türkis-grüne Regierung (von links nach rechts: Arbeitsminister Martin Kocher, Vizekanzler Werner Kogler, Kanzler Karl Nehammer und Umweltministerin Leonore Gewessler) hatte das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz eigentlich bereits ausverhandelt.
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Es ist eines der zentralen Klimaschutzgesetze, die aktuell diskutiert werden, denn in dem geplanten Regelwerk stehen nicht nur unkonkrete Absichtserklärungen, sondern sehr konkrete Ziele. Die Rede ist vom Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das die türkis-grüne Regierung eigentlich bereits ausverhandelt hat und über das seit fast einem Jahr mit der Opposition gestritten wurde. Das Gesetz sieht den weitgehenden Ausstieg aus Öl und Gas in der Raumwärme vor. Ölkessel sollen 2035 verschwinden, bei Gas soll es 2040 so weit sein, wobei diese Regelung im ursprünglichen Entwurf der Koalition auch Bestandsheizungen umfasst hätte.

Doch diese strenge Passage ist Geschichte. Am Dienstag haben die Regierungsspitzen gleich mehrere Eckpunkte der Regierungsarbeit in den kommenden Monaten präsentiert - passend, kurz vor der Budgetrede von Finanzminister Magnus Brunner am Mittwoch im Nationalrat. Zu diesen Eckpunkten gehört auch eine Einigung in der Koalition auf eine neue Version des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes. In dieser wird es das Stilllegungsgebot nicht mehr geben, ein fixes Ablaufdatum für die Öl- und Gaskessel fällt also. Was bleibt: In neu errichteten Gebäuden dürfen künftig keine Gaskessel mehr verbaut werden, so wie das bei Öl schon der Fall ist. Das Verbot im Neubau soll ab 2024 kommen, so der Plan.

Video: Die Regierung präsentierte am Dienstag das abgeänderte Erneuerbare-Wärme-Gesetz.
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Laut Ankündigung der Bundesregierung vom Dienstag sind im Gegensatz für diese Verwässerung weitere energiepolitische Maßnahmen geplant: Energiearme Haushalte sollen mehr als bisher gefördert werden; die Mehrwertsteuer bei der Errichtung kleiner Photovoltaikanlagen für Privathaushalte wird gestrichen, und die Förderungen für Heizungstäusche werden noch mehr erhöht, Kanzler Karl Nehammer sprach von einer Milliarde Euro.

Nicht verbieten, dafür aber den Heizungsumstieg großzügig fördern, lautet also das neue Credo der Regierung.

Gewessler kritisiert Widerstand

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) bekannte, dass sich der neue Entwurf deutlich vom alten Entwurf unterscheidet. Sie kritisierte den starken Widerstand gegen das ambitionierte Gesetz, allerdings habe es keinen Sinn, für eine Novelle zu kämpfen, die nicht kommt. Sie spielte damit auf Debatten in Deutschland an, wo ein Vorhaben aufgrund des starken Gegenwinds gegen den Tausch von Bestandsheizungen gekippt wurde.

Während es die Aufgabe von Umweltorganisationen sei, Druck zu machen, sei es ihre Aufgabe als Ministerin, Dinge umzusetzen, betonte Gewessler in der "ZiB 2". Aufgrund der Teuerung habe sich die Stimmung im Land geändert. Eine Verpflichtung zum Heizungstausch könne manche Menschen überfordern und Ablehnung gegen den Klimaschutz produzieren, erläuterte sie. Es handle sich gegenüber dem vorherigen Gesetzesentwurf um einen "neuen Weg zum selben Ziel" - nämlich zur Klimaneutralität 2040. Dass jemand eine alte Gasheizung gegen eine neue tauschen könne, hält Gewessler angesichts der Förderungen und der hohen Preise für fossile Energien für unwahrscheinlich.

ZIB 2: Umweltministerin Gewessler zum Heizungstausch
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Bei Bestandsgebäuden gilt, dass alle Menschen verstärkt unterstützt werden sollen, die sich ein neues Heizsystem anschaffen, also Öl- und Gasheizungen tauschen. Wer sein altes Heizsystem ersetzt, soll bis zu drei Viertel der Kosten ersetzt bekommen, so Gewessler.

Es gibt noch eine weitere Verwässerung, die vor allem die Gemeinde Wien hart treffen dürfte. Sie hat sich für ein sogenanntes Zentralisierungsgebot starkgemacht. Es sieht vor, dass bei Wohngebäuden, in denen jede Wohnung eine eigene Heizung hat, auf eine Art Zentralheizung umgestiegen werden muss: typischerweise auf Fernwärme, sofern diese verfügbar ist. Auch dieses Zentralisierungsgebot schafft es nicht in die nunmehrige Kompromissversion des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes.

Energiehilfen im zweiten Anlauf

Kritiker sehen in den Abänderungen die eindeutige Handschrift des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Immerhin ließ erst Mitte September ÖVP-Energiesprecherin mit der Aussage aufhorchen, das geplante Gesetz sei "von der Struktur her falsch aufgebaut". Nun sind die Grünen den konservativen Kritikern in den Reihen ihres Regierungspartners ÖVP offenbar weit entgegengekommen. Abzuwarten bleibt auch noch, ob das Gesetz in neuen Form tatsächlich beschlossen wird: Notwendig bleibt dafür weiterhin eine Zweidrittelmehrheit, konkret bedeutet das, SPÖ oder FPÖ müssen zustimmen. Mit der SPÖ war man in der Vergangenheit in ergebnislosen Gesprächen dazu in der Koalition.

Ebenfalls fixiert wurde der Energiekostenzuschuss II. Auch das ist keine ganze neue Sache: Bereits Ende 2022 hat sich die Regierung auf dieses Hilfspaket für heimischen Unternehmen ob der gestiegenen Energiekosten geeinigt, die Details, also die Richtlinien für die Antragstellung waren aber umstritten. Den Energiekostenzuschuss gibt es bereits in einer vorhergehenden Version für das Jahr 2022. Das neue Hilfspaket sieht vor, dass Unternehmen bis zu 60 Prozent ihrer höheren Energiekosten für 2023 abgenommen werden, und in einer Basisvariante stehen Firmen bis zu zwei Millionen Euro zu. Gefördert werden Kosten für Strom, Gas, aber auch Sprit. Im vergangenen Jahr war die Rede davon, dass dieses Paket bis zu neun Milliarden Euro kosten dürfte, aufgrund der in den vergangenen Monaten gesunkenen Energiepreise dürfte diese Summe deutlich niedriger liegen.

Bisher wurden für den Energiekostenzuschuss 450 Millionen Euro ausbezahlt.

Insgesamt sprachen Kanzler Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler davon, dass sechs Milliarden Euro für das Gesamtpaket bereitstehen. Zu diesem Paket gehört neben dem erwähnten Energiekostenzuschuss und der höheren Förderung für den Kesseltausch auch eine Initiative, um die Sanierung öffentlicher Gebäude und Infrastruktur voranzutreiben. Dazu gehören etwa Bahnhofmodernisierungen der ÖBB oder die Modernisierung von Raststationen der Asfinag.

Energiekostenzuschuss auf einen Blick. Neu ist die Version für 2023.

Die Offensive ist offenbar als kleines Konjunkturpaket gedacht: Vor zwei Wochen haben die Wirtschaftsforscher überraschend ihre Prognosen für 2023 revidiert und zwar nach unten, demnach steckt Österreich bereits in einer Rezession.

Kritik der Opposition

Die Opposition kritisierte die Regierungspläne. Die SPÖ sieht kein Konjunkturpaket, sondern nur ein "Sammelsurium" verschiedener Budgetposten. Bei den Maßnahmen im Energiebereich handle es sich nur um einen "Minimalkompromiss". Für die FPÖ ist das "angebliche Konjunkturbelebungspaket" eine "kommunikative Mogelpackung", mit der nur Steuergelder verschleudert würden. Die Neos stoßen sich daran, dass Förderungen alleine für die Energiewende nicht ausreichend seien.

Dem Österreichischen Gewerkschaftsbund gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung zeigten sich zufrieden. Die Umweltorganisationen kritisieren, dass es nicht zum Ausstieg aus bestehenden Öl- und Gasheizungen kommt. (András Szigetvari, Joseph Gepp, APA, 17.10.2023)