"Eine Attacke auf einen von uns ist eine Attacke auf alle von uns“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die das Muslim Jewish Leadership Council (MJLC) am Dienstagnachmittag veröffentlichte.

Stadttempel Seitenstettergasse in Wien innen.
Im Stadttempel Seitenstettergasse in Wien hätte am Sonntag auch der Wiener Jüdische Chor ein Konzert gesungen.
IKG/Schmidl

Eigentlich hätten sich rund 50 Imame und Rabbiner der 2016 gegründeten Organisation dieser Tage im spanischen Sevilla treffen sollen. Aufgrund des Krieges in Israel kam nur der sechsköpfige Vorstand zu einer Dringlichkeitssitzung in Sevilla zusammen. Aus Österreich nahm an dieser der Rabbiner Schlomo Hofmeister als Gesandter der Europäischen Rabbinerkonferenz teil.

Abscheu gegen Gewalt und Terrorismus

Der Focus des MJLC liege weiterhin stark auf der Zusammenarbeit der muslimischen und jüdischen Communitys in Europa, heißt es weiter in der innerhalb zwei Tagen in Sevilla verfassten Erklärung. Darin wird auch betont, dass "der Islam und das Judentum Gewalt und Terrorismus verabscheuen und das Töten von Zivilisten und Entführungen und andere Gewalttaten nicht dulden". Man verlange vielmehr, dass "das internationale Rechte herrschen müsse".

Zudem verurteilen die Imame und Rabbiner "jegliche Anstiftung oder Feindseligkeiten gegen Juden oder Muslime und ihre Institutionen in Europa und anderswo". Man sehe das "MJLC Ambassadors Programme" mit jungen Vertreterinnen und Vertreter beider Religionen als exzellentes Beispiel für weitere intensive Zusammenarbeit in Städten an, heißt es in dem Papier.

Geschlossene Tür

In Wien wurde unterdessen am Dienstag der für kommenden Sonntag geplante Tag der offenen Tür der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) abgesagt. Es hätte ein Tag des Kennenlernens und ein Tag der kulinarischen und kulturellen Genüsse werden sollen. Wann das von langer Hand vorbereitete Programm inklusive Auftritt des Wiener Jüdischen Chores unter der Leitung von Roman Grinberg nun stattfinden soll, ist unbekannt.

"Aufgrund der aktuellen Situation steckt die IKG alle verfügbaren Ressourcen in den laufenden Betrieb und Schutz von jüdischen Kindergärten, Schulen, Synagogen und Einrichtungen der IKG. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, den Tag der offenen Tür zu verschieben", lautet das offizielle Statement der IKG, das auch auf der Homepage der Kultusgemeinde veröffentlicht wurde. Nachsatz: "Wir freuen uns, den Tag der offenen Tür zeitnah nachzuholen." Einen Ersatztermin gibt es derweil aber nicht.

Neben koscheren Speisen war auch der Programmpunkt "Ask the Rabbi" geplant, im Rahmen dessen Gemeinderabbiner Hofmeister und Oberrabbiner Jaron Engelmayer Fragen über den Alltag im Judentum beantwortet hätten. Das Konzert des Chores mit 50 jüdischen und nichtjüdischen Sängerinnen sowie Sängern aus 14 Nationen in der Synagoge in der Seitenstettengasse sollte ein besonderes Highlight werden. Denn der Stadttempel war im späten 19. Jahrhundert auch Wirkungsstätte des legendären Oberkantors und Begründers des modernen Synagogengesangs Salomon Sulzer aus Hohenems. Sulzer war auch mit Franz Schubert, Robert Schumann und Niccolò Paganini befreundet. Chorleiter Grinberg bedauerte die Absage auf Facebook. Er habe zwar vollstes Verständnis, sei aber auch traurig, weil das Konzert eines "mit Liedern der Freude und Hoffnung" gewesen wäre. (Colette M. Schmidt, 17.10.2023)