Ich bin 33 Jahre alt und lege seit sechs Jahren Geld in Aktien an, das ich für später spare. Das habe ich hier im STANDARD dokumentiert – alle Links dazu sind unterhalb des Artikels. In Aktien investiere ich aber nur Geld, das ich die nächsten acht bis zehn Jahre nicht brauche. Also wirklich für später einmal.

Mit Geld, das man in ein, zwei Monaten oder drei Jahren wieder braucht, konnte man bis vor kurzem als kleiner Anleger kaum einen Ertrag erwirtschaften. Da konnte man das Geld gleich einfach auf dem Konto liegen lassen, was ich auch getan habe.

Das hat sich seit dem Vorjahr fulminant geändert. Für viele Jahre waren Kreditnehmer und Häuslbauer gegenüber Sparern und Mietern im Vorteil, weil die Zinsen so niedrig waren. Jetzt dreht sich das um. Häuslbauer klagen, und umgekehrt: Sparen lohnt sich wieder.

Es gibt Finanzprodukte, die man
Es gibt Finanzprodukte, die man als "Cash-artig" bezeichnet, weil ihr Charakter dem von Bargeld ähnelt. Welche sind das?
APA/EVA MANHART

Darum lege ich jetzt auch Geld an, das ich vielleicht in ein paar Monaten wieder brauche. Ich habe mich die vergangenen Monate damit beschäftigt, mich eingelesen und mit Finanzprofessoren und Vermögensberatern gesprochen – und mein Geld angelegt.

Wie immer gilt in dieser losen Serie über meine Geldanlage: Ich bin zu hundert Prozent transparent, und Sie können hier genau nachvollziehen, was ich mit meinem Geld mache. Ich recherchiere zwar sorgfältig, bin aber weder Finanzprofi noch Anlageberater. Los geht's.

Die Bank gewinnt

Was mich, viele andere und wahrscheinlich auch Sie ärgert: Die Banken erhöhen die Zinsen, die sie für Kredite verlangen, schneller als die Zinsen, die sie Sparern geben. Das ist zwar ärgerlich, in einer Marktwirtschaft aber in Ordnung. Trotzdem wurmten mich die Angebote diverser Banken: Ein Prozent gibt mir meine Hausbank auf Tagesgeld.

Kurz zur Erklärung: Unter Tagesgeld versteht man das Sparkonto, das man neben dem Girokonto hat. Auf das Girokonto bekommt man sein Gehalt, zahlt Rechnungen. Geld, das man kurz zur Seite legt, legt man auf das Spar-, sprich: Tagesgeldkonto. Man kann es üblicherweise binnen eines Tages – daher der Name – auf sein Girokonto zurückschieben.

Ein Prozent ist bei den derzeit sonst so hohen Zinsen quasi nichts. Verglichen mit der Inflation verliert man einen Gutteil des Ersparten. Andere Banken zahlen zwei Prozent. Manche locken mit drei Prozent für Neukunden – garantiert für die ersten sechs Monate. Ich garantiere Ihnen: Nach sechs Monaten sind die Zinsen schwupps unten.

Ist mir schon mehrere Male passiert. Darum spielte ich mit dem Gedanken, mein Geld mit Weltsparen kurzfristig anzulegen. Kurzfristig heißt: alles, was ich innerhalb einiger Monate oder Jahre wieder brauche. Ab acht Jahren lege ich all mein Geld ja in Aktien, so wie das Konsumentenschützer und Anlageberaterinnen empfehlen.

Banken-Vermittlung

Was ist Weltsparen? Eine Online-Plattform, die Banken dabei hilft, sich Geld von Sparern zu holen. Dort bekommt man meist höhere Zinsen als bei den Banken im eigenen Land. Derzeit etwa drei Prozent auf Tagesgeld bei einer schwedischen Bank oder 4,4 Prozent bei einer italienischen Bank, wenn man sein Geld für ein Jahr dort bindet.

Banken zahlen aber nicht freiwillig hohe Zinsen – es gibt also immer einen Haken. Oft kommen die Banken aus Ländern, bei denen der Staat nicht die beste Kreditwürdigkeit hat. Die deutsche Stiftung Warentest empfiehlt etwa, kein Geld bei Banken in Süd- und Osteuropa und im Baltikum anzulegen.

Zwar haben alle Länder eine Einlagensicherung, die im Fall der Fälle einspringen sollte. Wie schnell man sein Geld im Krisenfall aber tatsächlich bekommt, ist fraglich – und ob man sich das antun möchte, auch. Wenn die Bank in einer Finanzkrise kracht, die auch den Staat in Probleme bringt, könnte das Geld weg sein.

Fragen Sie einmal Menschen, die ihr Geld bei der isländischen Kaupthing Bank angelegt hatten. Die ging pleite, und die staatliche Einlagensicherung wollte nur Einheimische entschädigen, weil der Staat sonst ebenfalls bankrott gegangen wäre.

Damit hat sich das Ganze für mich erledigt. Denn dazu kommen noch zwei Dinge. Erstens muss man sich laufend darum kümmern, vergleichen, wo gerade die Zinsen wie hoch sind, und sein Geld dann von einer Bank zur nächsten verschieben. Ich weiß Besseres mit meiner Zeit anzufangen. Zweitens: Ich weiß auch Besseres mit meinem Geld anzufangen.

Denn unabhängig davon, dass mir das Ganze nicht sehr sympathisch ist, gibt es für Anleger, die ein wenig risikobereiter sind – so wie ich –, noch eine viel interessantere Möglichkeit als Weltsparen.

Dummes Geld

Dazu muss ich ein bisschen ausholen. Derzeit ist ja viel von den Leitzinsen die Rede. Banken in der Eurozone können sich von der Europäischen Zentralbank (EZB), der Bank der Banken, Geld für 4,5 Prozent Zinsen leihen. Wenn sie ihr Geld dort parken – oder "sparen" –, bekommen sie etwas weniger, aber immer noch vier Prozent Zinsen.

Wenn mir meine Hausbank also ein Prozent Zinsen auf mein Tagesgeld bietet, müsste sie theoretisch nichts anderes tun, als das Geld der EZB weiterzugeben, und verdient an der Differenz gutes Geld. Jetzt weiß sie damit hoffentlich etwas Besseres anzufangen und verleiht meine Einlagen idealerweise an kreative Unternehmer, die damit Jobs schaffen.

Aber die vier Prozent Zinsen sind quasi dummes Geld und damit eigentlich die Untergrenze, die man für sein Erspartes bekommen sollte. Nicht nur als Bank, sondern auch als Anleger. Dass einem Banken das nicht bieten, ist naheliegend – sie müssen ja auch von etwas leben.

Man kann sich diese Zinsen für "dummes Geld" aber auch selbst holen, wenn man sich etwas mit Geldanlage beschäftigen möchte. Nämlich auf dem Geldmarkt. Finanzinstitute und große Unternehmen lassen ihr Bargeld nicht in einem Safe liegen, sondern auf dem Geldmarkt.

Denn auf Bargeld gibt es keine Zinsen. Es gibt aber Finanzpapiere, die Bargeld ähneln und trotzdem Zinsen abwerfen. Jetzt wird es vielleicht ein bisschen kompliziert, aber ich versuche es so einfach wie möglich zu erklären. Widmen wir uns zuerst dem Grundprinzip: Anleihen.

Crashkurs Anleihen

Was ist eine Anleihe? Ein großes Unternehmen, sagen wir der Verbund, kann sich sein Geld nicht nur von seiner Hausbank holen. Es kann auch direkt den Finanzmarkt anzapfen. Das hat der Verbund etwa vor zwei Jahren getan und sich so 500 Millionen Euro geholt.

Dazu hat er quasi 5.000 Verträge aufgesetzt: Anleihen. Jede davon ist 100.000 Euro wert. Die konnte man kaufen. Der Deal: Wer die Anleihe besitzt, bekommt jedes Jahr 0,9 Prozent an Zinsen. 900 Euro fix jedes Jahr. In 20 Jahren bekommt man dann die 100.000 Euro zurück.

Was heute wie ein wahnsinnig schlechter Deal für Anleger klingt – und einem grandiosen für den Verbund –, war vor zwei Jahren in einem Umfeld von quasi Nullzinsen gar nicht so übel. Das Tolle für die Anleger ist: Man kann das Papier, genau wie eine Aktie, verkaufen.

Man muss sie also nicht 20 Jahre halten, sondern man gibt die Anleihe an den Nächsten weiter, der sie entweder bis zum Ende hält oder sie wieder weiterverkauft. Dadurch haben Anleihen genau wie Aktien einen Börsenkurs. Hat man vor zwei Jahren noch 100.000 Euro für die Verbund-Anleihe bezahlt, kann man sie heute schon für 63.000 Euro erwerben.

Der Kupon, so nennt man den Zinssatz, der im Vertrag steht, liegt bei 0,9 Prozent. Aber der Effektivzins – also der, den man bekommt, wenn man die Anleihe zum jetzigen Preis kauft – liegt höher, bei 1,4 Prozent. Denn man kriegt weiterhin 900 Euro pro Jahr vom Verbund ausbezahlt und muss dafür nicht mehr 100.000, sondern nur mehr 63.000 Euro hergeben.

Wer jetzt aber sein Erspartes dort sicher aufbewahren wollte, hat ein Problem. Denn die 100.000 Euro, die man zusammengespart hat, sind jetzt nur mehr 63.000 Euro wert. Wer sein Geld nicht erst in 18 Jahren wiederhaben möchte, fährt riesige Verluste ein.

Je später der Rückzahlungszeitpunkt von Anleihen, desto größer ist das Risiko, dass man so hohe Verluste macht. Beim Verbund hat man derzeit 37 Prozent verloren bei einer Laufzeit von 20 Jahren. Nicht nur Firmen, auch Staaten leihen sich Geld über Anleihen. Der Staat Österreich hat etwa eine Anleihe mit 100 Jahren Restlaufzeit und 0,85 Prozent Zinsen pro Jahr aufgesetzt. Die ist um 67 Prozent im Wert gefallen. Wieder: grandioser Deal für die Republik, miserabler für Anleger.

Auf die Laufzeit achten

Denn bestehende Anleihen fallen im Wert, wenn die Zinsen steigen. Denn im Vertrag steht ja, dass man jedes Jahr 0,9 Prozent auf die 100.000 Euro bekommt. Die 900 Euro sind fix, egal wie sich die Zinsen sonst verändern. Keiner kauft aber gerade ein Papier, das 0,9 Prozent abwirft, wenn man schon am Sparbuch mehr bekommt. Dadurch wird die Anleihe billiger. Und weil die 900 Euro fix sind, erhöht sich der effektive Zins, den man bekommt.

Sollte man also die Finger von Anleihen lassen? Nein, im Gegenteil! Aber man sollte sehr gut darauf achten, wie lange so eine Anleihe noch läuft. Oder, noch besser: Wenn man sein Geld für drei Jahre anlegen möchte, dann sucht man sich einfach eine Anleihe, die in drei Jahren ausläuft. Man hat also gar kein Kursrisiko, bekommt die vereinbarten Zinsen und fertig.

Cash-artige Finanzprodukte

So, das war jetzt ein kleiner Exkurs, jetzt widmen wir uns wieder meiner Geldanlage. Denn ich habe einen Teil meines Ersparten in Anleihen gesteckt, die nur mehr eine sehr kurze Laufzeit haben. Sie laufen in wenigen Monaten aus. Jetzt sind wir wieder beim Geldmarkt.

Anleihen von Staaten wie Österreich oder Konzernen mit guter Bonität, die in wenigen Monaten auslaufen, sind "Cash-artige" Finanzprodukte. Das Risiko, dass ich mein Geld nicht mehr bekomme, weil der Verbund oder Österreich in zwei Monaten pleitegehen, ist nicht höher, als dass meine Hausbank pleitegeht – oder mein Bargeld gestohlen wird.

Auch das Kursrisiko ist sehr niedrig, wenn die Anleihe in drei Monaten ausläuft. Denn selbst wenn die Zinsen steigen, fällt das in der kurzen Zeit nur mehr minimal ins Gewicht.

Was habe ich mir also gekauft? Wie bei Aktien setze ich auch hier auf ETFs. Das heißt, ich kaufe mir keinen Fonds, den ein Fondsmanager einer Bank manuell pflegt, denn die sind teuer. Ich kaufe mir einen ETF, der einfach "dumm" einen Index nachbildet. Der ATX oder der Dax sind solche Indizes für die Aktien der größten Unternehmen des Landes.

Schrumpft der Wert eines Unternehmens, fällt es automatisch raus; arbeitet man sich nach oben, wird man in den Index aufgenommen. Das gibt es nicht nur für Aktien, sondern auch für Anleihen. Der ETF (IE000RHYOR04), den ich mir kaufe, bildet eben so einen Anleihenindex nach. Die sind weniger bekannt als Dax und Co, machen aber genau dasselbe.

Mein ETF bildet den "Markit iBoxx EUR Liquid Investment Grade Ultrashort Index" nach. Der Index gibt den Wert von in Euro notierten Unternehmensanleihen wieder, die ein gutes Rating haben (Investment-Grade). Die Firmen haben also gute Bonität und müssen groß sein, denn nur wenn sie 300 Millionen Euro an Anleihen ausstehend haben, sind sie dabei (alle Infos hier).

Dummer ETF

Der ETF ist "dumm": Ein Computer kauft ein repräsentatives Sample an Anleihen, damit sich sein Wert ident zu diesem Index entwickelt. Er trifft also nicht wie ein Fondsmanager einer Bank Entscheidungen. Die wissenschaftliche Evidenz zeigt nämlich klar, dass Fondsmanager nach Abzug der Gebühren im Durchschnitt einfache Vergleichsindizes nicht schlagen.

Die durchschnittliche Laufzeit dieser über 500 verschiedenen Anleihen, die in meinem ETF sind, beträgt sieben Monate und der Effektivzins 4,1 Prozent. "Das ist fast nichts anderes als ein Tagesgeldkonto bei einer Bank", sagt der Vermögensberater Gerd Kommer. "Es sieht nur von außen anders aus, weil es am Depot liegt und nicht am Konto." Der einzige Unterschied sei, dass man zwei bis drei Tage brauche, um das Geld vom ETF in Bargeld umzuwandeln.

Man braucht ein Depot bei seiner Bank oder bei einem Onlineanbieter. Ich mache das bei Flatex. Dort überweist man Geld hin und kauft dann vom Depot aus diesen ETF. Der große Vorteil dabei: Normalerweise kann man Unternehmensanleihen nur kaufen, wenn man wie beim Verbund 100.000 bzw. 63.000 Euro hat. In den ETF kann man auch fünf Euro legen.

Wie viel Geld gebe ich nun in so einen Tagesgeld-ETF? Eine Faustregel sei, so Kommer, das Doppelte der monatlichen Ausgaben auf seinem normalen Konto liegen zu haben. Wer also 3.000 Euro im Monat für Lebensmittel, Miete und anderes ausgibt, soll 6.000 Euro am Konto haben. "Als durchschnittlichen Saldo. Das wird mal auf 2.900 Euro sinken und mal 9.000 Euro sein. Aber diese persönliche Liquiditätsreserve gibt mir Sicherheit und Seelenfrieden."

Nicht alles anlegen

Damit ist mal garantiert, dass man die Rechnungen zahlen kann. Da ist egal, dass man darauf keine Zinsen bekommt. Alles, was ich jetzt nicht langfristig anlege oder kurzfristig brauche, kann ich dann schon in so einen Tagesgeld-ETF legen, sagt Kommer. Bei mir sind die langfristige Anlage ja wie gesagt Aktien. Geld, das ich in den nächsten Jahren vielleicht mal für eine Anschaffung brauche, lege ich jetzt also in diesem Geldmarkt-ETF an.

Wichtig sei, so Kommer: kein Geld, das man zur Begleichung von Rechnungen laufend braucht, in so einen ETF geben. Nur Papiere mit guter Bonität kaufen (Investment-Grade). Und ja in keine Fremdwährungen gehen, nur weil man dort höhere Zinsen bekommt.

Und ist das jetzt wirklich so risikolos wie ein Tagesgeldkonto bei einer Bank? Ich denke da etwa an die US-Finanzkrise 2008, bei der der Geldmarkt in den USA ins Schleudern geriet. Vermögensberater Kommer war damals selbst noch Banker in London. "Ich habe das bei Kollegen, die im Geldmarkt aktiv waren, selbst mitbekommen."

Risiko bei aktiv gemanagten Fonds

Aktiv gemanagte Fonds in den USA seien damals nach und nach immer höhere Risiken eingegangen. Die Laufzeit der Anleihen wurde erhöht und die Bonität der Unternehmen, die im Index waren, immer niedriger. "Statt einer gesunden Mischung zwischen Top-Anleihen und solchen mit mittlerer Bonität wurden nur noch Triple-B-Anleihen gekauft. Teilweise auch nicht geratete Anleihen, das ging damals noch", sagt Kommer.

2008 brach der Markt für Unternehmensanleihen dann zusammen. Die Geldmarktfonds in den USA sind im Durchschnitt um fünf Prozent gefallen, so Kommer. Das kann einem bei einem normalen Tagesgeldkonto einer Bank nicht passieren. Aber man darf nicht vergessen, sagt Kommer, dass diese Fonds davor jährlich um vier bis fünf Prozent gestiegen sind.

Heute seien Geldmarktfonds jedenfalls sicherer als 2008, "aber man sollte sich nicht der Illusion hingebe, dass man bei einer Anleihenkrise nicht auch mal ein bis drei Prozentpunkte verliert". Aber: "Wer in den USA 2008 im Geldmarkt investiert blieb, hatte die Verluste nach zwölf Monaten schon wieder hereinverdient." Die Liquidität sei damals kein Problem gewesen, man konnte verkaufen – aber eben zu einem satten Verlust.

Resümee

Mein Resümee also: Meine künftige Geldanlage ist supersimpel. Geld, das ich die nächsten acht Jahre nicht brauche, liegt in diesem weltweiten Aktien-ETF. Zusätzliches Geld, das ich nicht für die Deckung meiner monatlichen Rechnungen brauche, lege ich in diesen Geldmarkt-ETF. Beide haben sehr niedrige Gebühren und erlauben mir, ohne Bank mein Geld zeitsparend und mit einer ordentlichen erwarteten Rendite anzulegen. (Andreas Sator, 31.10.2023)