Eine Kellnerin auf dem Weg zu einem Tisch.
In Fachkreisen entbrannte in den letzten Jahren ein Streit darüber, ob Arbeitgeber weiter verpflichtet waren, Lohn zu bezahlen. Jetzt hat der Oberste Gerichtshof entschieden.
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Die große Flut an Verfahren ist zwar schon vorbei, der eine oder andere Rechtsstreit aus der Corona-Krise hält die Gerichte aber nach wie vor auf Trab, wie ein aktuelles Urteil zeigt. Ein Gastronom hatte seiner Kellnerin in der Zeit des Lockdowns keinen Lohn bezahlt – zu Unrecht, entschied der Oberste Gerichtshof (OGH) nun in letzter Instanz. Kellnerinnen und Kellner können demnach selbst im Fall einer Betriebsschließung Anspruch auf Bezahlung haben (OGH 27. 9. 2023, 9 ObA 133/22g).

Das Café, in dem die Kellnerin arbeitete, musste aufgrund des zweiten Corona-Lockdowns von November 2020 bis Mitte Mai 2021 zusperren. Der Eigentümer beschäftigte die Frau mit albanischen Wurzeln zunächst via Kurzarbeit weiter. Im April lief ihre Beschäftigungsbewilligung dann aus. Zwar wurde sie dennoch nicht gekündigt, von 1. April bis 18. Mai 2021 überwies ihr das Café allerdings kein Gehalt mehr.

Die Frau zog daraufhin vor Gericht – und bekam schon in erster Instanz vom Wiener Arbeits- und Sozialgericht recht. Die Richterinnen und Richter am Obersten Gerichtshof haben diese Entscheidung nun bestätigt.

Elementarereignis?

Grund ist eine Bestimmung im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB). Demnach hat eine Dienstnehmerin selbst dann Anspruch auf ihren Lohn, wenn sie "zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf der Seite des Dienstgebers liegen, daran gehindert worden ist". Anders formuliert: Wenn eine Arbeitnehmerin nichts dafür kann, dass sie nicht arbeiten kann, muss sie weiter bezahlt werden.

Strittig war vor Gericht nun, ob das auch für Ereignisse wie die Corona-Pandemie gilt. An sich wirken sich Fälle höherer Gewalt zuungunsten des Arbeitgebers aus – er muss also weiterhin Lohn bezahlen. Im aktuellen Verfahren argumentierte der Dienstgeber allerdings, dass es sich bei der Pandemie um ein "Elementarereignis" handle, das die gesamte Wirtschaft betrifft und die Pflicht zur Entgeltzahlung ausnahmsweise entfallen lässt.

Der Oberste Gerichtshof erteilte diesem Argument nun eine Absage: Zwar sei die Pandemie ein Fall höherer Gewalt gewesen, allerdings kein "allgemeines Elementarereignis". Schließlich seien nicht alle Unternehmen gleichermaßen von den Corona-Maßnahmen betroffen gewesen. Die Betriebsschließungen hätten vielmehr nur einzelne Betriebe wie Restaurants und Kaffeehäuser betroffen. (Jakob Pflügl, 21.10.2023)