Beinahe wäre Yoav Gallant die Zuständigkeit für den aktuellen Kriseneinsatz der israelischen Armee erspart geblieben. Im März stellte sich der erst seit Ende 2022 amtierende Verteidigungsminister im Streit über die Justizreform gegen seinen Premier: Die Pläne würden die Sicherheit Israels gefährden. Benjamin Netanjahu kündigte prompt seine Entlassung an, doch folgende Proteste hielten Gallant im Amt. So lastet nun die Letztverantwortung für die Befreiung der verschleppten Geiseln auf den Schultern des als besonnen und erfahren geltenden Generals. Die Terroristen bezeichnete er als "menschliche Tiere", Zivilisten rief er auf, sich in den Süden in Sicherheit zu bringen.

Joav Gallant hat als Verteidigungsminister eine schwierige Aufgabe vor sich.
Yoav Gallant hat als Verteidigungsminister eine schwierige Aufgabe vor sich.
AFP/POOL/JACQUELYN MARTIN

Gallants Eltern stammen aus Polen. Seine Mutter Fruma war als Kind mit mehr als 4500 anderen Holocaust-Überlebenden an Bord der Exodus 1947, sie erreichte Israel 1948. Sein Vater Michael kämpfte als Partisan in der Ukraine und in Belarus gegen die Nazis. In Israel holte ihn der Krieg ein: Direkt nach der Staatsgründung 1948 wurde die junge Nation überfallen. Michael Gallant zeichnete sich als Scharfschütze in diesem ersten Krieg zwischen Israel und den arabischen Nachbarn aus. Bei der Operation Joav war er der Erste, der in die Festung Iraq Suwaydan im Gazastreifen eindringen konnte. Nach diesem Einsatz benannte er zehn Jahre später seinen Sohn: Die Militärkarriere wurde ihm in die Wiege gelegt.

Auszeit in Alaska

Nach einem Wirtschaftsstudium in Haifa ging Gallant zur Marine und wechselte später zur Armee. Als Mittzwanziger nahm er sich eine Auszeit, um zwei Jahre lang als Holzfäller in Alaska zu arbeiten. Nach seiner Rückkehr erreichte der Kampfschwimmer den Rang eines Aluf, wie ein Generalmajor in den IDF heißt. Als Kommandeur des Südkommandos war er auch für Gaza zuständig. 2011 sollte er Generalstabschef werden, scheiterte aber kurz vor der Ernennung an einer Affäre um eine Zufahrtsstraße zu seinem Haus.

Seine politische Laufbahn startete Gallant erst 2015, als er für die neue Partei Kulanu in die Knesset einzog. 2019 folgte der Wechsel zum Likud. Vor dem Amt als Verteidigungsminister leitete er bereits die Ressorts für Bau- und Wohnungswesen, Einwanderung und Integration und schließlich für Bildung. Verheiratet ist der 64-Jährige mit Claudine, einer ehemaligen Oberstleutnantin der Marine, mit ihr hat er drei erwachsene Kinder. (Michael Vosatka, 22.10.2023)