Durch das Herunterreißen der israelischen Flagge vom Wiener Stadttempel in der vorangegangenen Nacht (begleitet von einer Frau, die Schüsse auf die Synagoge imitierte) wirkte der Titel zur Diskussionssendung Im Zentrum am Sonntag sicher bitter: "Was hält Österreich aus?" Die gegenwärtige Frage müsste lauten: Was ist Jüdinnen und Juden in Österreich zuzumuten?

Diskussion bei
Bei "Im Zentrum" wurde zum Thema "Nahost auf unseren Straßen – Was hält Österreich aus?" diskutiert.
Screenshot: tvthek.orf.at

So viel vorweg: Darauf gab es keine Antwort. Zu sehr waren politische Vertreter wie der Wiener ÖVP-Chef und Polizist Karl Mahrer und der Wiener Stadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) damit beschäftigt, die eigenen Agenden zu verteidigen (wie Wiederkehr die Bildungspolitik Wiens) oder die der anderen anzugreifen (wie Mahrer die Bildungs- und Integrationspolitik Wiens und der nicht benannten Bundesregierung). Und die in Deutschland wegen Gründung einer liberalen Moschee von Islamisten bedrohte Seyran Ateş hat Kritik daran, dass sie für die FPÖ einen Vortrag hielt, der Antisemitismus nicht gänzlich fremd sei (Stichwort singende Burschenschafter), nie verkraftet.

Dass mit Bini Guttmann ein Jude in der Runde saß, der klar sagte, dass er sich von der Polizei in Wien nicht geschützt fühlt, wiegt schwer. Dass er darauf hinwies, dass der Stadttempel nicht nur in besagter Nacht unbewacht war, sondern auch Tage zuvor drinnen Menschen beteten und draußen völlig ohne Polizei Reste einer antiisraelischen Demo vorbeizogen, dass die Polizei jedoch Zeit und Personal hatte, um eine linke Demo gegen Antisemitismus sechs Stunden einzukesseln, wirft eine weitere Frage auf: Was hält Wiens Polizeichef alles aus, ohne Konsequenzen zu ziehen? (Colette M. Schmidt, 23.10.2023)