Pedro Sánchez
Anfang Oktober wurde der bisherige Ministerpräsident Pedro Sánchez mit der Regierungsbildung betraut.
REUTERS/FLORION GOGA

Spaniens amtierender Premier Pedro Sánchez ist seinem Ziel, weitere vier Jahre einer "fortschrittlichen Regierung" vorzustehen, einen entscheidenden Schritt näher. Seine Sozialistische Partei, PSOE, erreichte nach drei Monaten eine Koalitionsvereinbarung mit dem linksalternativen Bündnis Sumar, in dem unter anderem der bisherige Koalitionspartner Podemos aufgegangen ist. Sánchez und seine bisherige und den Wunsch nach auch künftige Vizeregierungschefin und Arbeitsministerin Yolanda Díaz unterzeichneten das Abkommen mit dem Titel „Spanien schreitet voran" im Nationalen Kunstmuseum Reina Sofía. Bis zum 27. November muss die Koalition, die nur über 152 Abgeordnete verfügt, jetzt eine Parlamentsmehrheit von 176 Stimmen hinter sich vereinen, um ins Amt gewählt zu werden. Scheitert sie, werden Neuwahlen angesetzt.

Ein Großteil der Vereinbarung bezieht sich auf Sozial- und Wirtschaftspolitik. So soll etwa die Wochenarbeitszeit auf 37,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich gesenkt, der Mutter- und Vaterschaftsurlaub verlängert, der Mindestlohn erneut angehoben und ein Dringlichkeitsplan gegen die in Spanien mit knapp 28 Prozent überdurchschnittlich hohe Jugendarbeitslosigkeit ausgearbeitet werden. Die beiden Koalitionspartner wollen in der kommenden Legislaturperiode die Vollbeschäftigung zum "Hauptziel" machen. Dies "durchdringe die gesamte Koalitionsvereinbarung", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 13 Prozent, hoch im europäischen Vergleich, doch für Spanien so niedrig wie seit 2009 nicht mehr.

Geld für Wohnung, Schulen, Arbeit

Außerdem sollen der öffentliche Wohnungsbau angekurbelt, das Gesundheitssystem gestärkt und das Vorschulsystem ausgebaut werden. Die beiden Partner verpflichten sich zur Ausarbeitung eines ehrgeizigeren Klimaschutzgesetzes. Finanzieren wollen sie ihre Vorhaben mithilfe einer Steuerreform, die Großunternehmen, unter anderem Banken und Energieunternehmen, stärker in die Verantwortung nehmen will.

"Spanien schaute in den letzten vier Jahren nach einem Jahrzehnt gescheiterter neoliberaler Rezepte wieder mit Hoffnung in die Zukunft", stellte Sánchez die Vereinbarung vor. Dieser "Richtungswechsel" solle fortgesetzt werden. "Die Spanier und Spanierinnen wählten mehr Rechte, mehr soziale Gerechtigkeit", erklärte Arbeitsministerin Díaz. Die Koalition werde dem Rechnung tragen, resümierte Díaz das Maßnahmenpaket.

Separatisten entscheiden

Für eine Parlamentsmehrheit brauchen Sánchez und Díaz die Stimmen regionaler Parteien. Vor allem die Verhandlungen mit den beiden katalanischen Parteien, der in Barcelona regierenden Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) und Gemeinsam für Katalonien (JxCat) des im Brüssler Exil lebenden ehemaligen katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont, ziehen sich in die Länge. Sie wollen unter anderem eine Amnestie für 1.700 Menschen, die richterlich verfolgt werden, weil sie ein von Madrid untersagtes Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober 2017 organisierten, darunter Puigdemont selbst.

Der PSOE kam bei den Wahlen am vergangenen 23. Juli nur auf Platz zwei hinter dem konservativen Partido Popular (PP). Deren Spitzenkandidat Alberto Nunez Feijóo scheiterte am Parlament. Dort hatte er nur die Unterstützung der rechtsextremen Vox sowie zweier Abgeordneter regionaler rechter Formationen. Keine andere Partei wollte gemeinsam mit den Rechtsextremen stimmen. (Reiner Wandler aus Madrid, 24.10.2023)