Jakob Pöltl wird in der neuen Saison garantiert zu noch mehr Slam Dunks kommen.
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Manche Dinge ändern sich nie. Fragen Sie bei sich selbst nach. Bei Jakob Pöltl ist es jedenfalls das Interieur in seiner neuen Wohnung in Toronto. Die Möblierung bleibt spärlich, dafür wächst mit der Distanz die Liebe zu Wien. Im Gespräch lässt sich ein Straßenschild aus dem sechsten Bezirk auf dem Regal hinter Pöltls Couch ausmachen. "Das war ein Geschenk meiner Familie", sagt Pöltl. Immerhin ein Stückchen Heimat.

Pöltl ist Teil eines Wanderzirkus, der sich NBA nennt, die beste Basketballliga der Welt. Mit einem neuen Vertrag über vier Jahre und 80 Millionen Dollar ist der 28-jährige Wiener wieder in Toronto gelandet – und geht in seine achte NBA-Saison, hat sich fest etabliert. Nur zur Erinnerung: Die durchschnittliche Karriere eines NBA-Spielers beträgt 4,8 Jahre. Die Liga ist eine Drehtür, es sind schon viel größere Namen als Pöltl frühzeitig wieder draußen gewesen.

Der Name Pöltl steht für Solidität, kein Schnickschnack, kein großes Sprücheklopfen. In der vergangenen Saison brachte es der 2,16 Meter große Center im Schnitt auf 12,5 Punkte, 9,1 Rebounds und 1,2 Blocks. Nach fünf Jahren in San Antonio ist in Toronto wieder alles anders. Pöltl wird weiter hunderte Picks setzen, sich auf Rebounds schmeißen und seine Knochen unter dem Korb hinhalten. Aber: Er soll bei den Raptors auch mehr zum Spielmacher werden, das Geschehen mit seiner Größe auf dem Parkett lesen und mit Pässen lenken. Ein bisserl wie Nikola Jokic halt, der serbische NBA-Champion von den Denver ist aktuell der beste Spieler der Welt. "Es wird Leute geben, die andere Erwartungen an mich haben", meint Pöltl. "Ich habe mir den Vertrag aber mit einer gewissen Spielweise verdient. Ich habe vor, auch weiterhin so zu spielen."

Sportlich lässt sich die Liga wie schon in den vergangenen Jahren schwer vorhersagen, nur eines ist fix: Die Toronto Raptors werden nicht Meister. Die Denver Nuggets haben mit Jokic das Zeug zur Titelverteidigung, die Boston Celtics sind mit den Neuzugängen Jrue Holiday und Kristaps Porzingis noch einmal stärker, der Halbfinalist der vergangenen Saison gehört ebenso zu den Titelkandidaten wie die Milwaukee Bucks, die Giannis Antetokounmpo mit Damian Lillard einen Superstar an die Seite gestellt haben.

Was sich geändert hat: Der Lkw, der Pöltls Hab und Gut aus Texas in den Norden transportiert hat, ist größer geworden. Der Umzug hat lange gedauert, die letzten Sachen sind erst in den vergangenen Tagen in Toronto eingetroffen. "Zum Glück musste ich nicht selbst fahren." Vergangene Woche war Pöltl krank, ob er Corona hatte, erfährt man nicht, solche Dinge sind in der NBA peinliches Staatsgeheimnis. Dass die Phoenix Suns etwa im Vorjahr im Playoff aufgrund eines Corona-Ausbruchs in Spiel sieben der Western Semifinals gegen Dallas daheim 90:123 untergingen, bestätigt bis heute niemand offiziell.

Eine Neuheit gibt es inmitten der 82 Spiele dauernden Geldmacherei – die elendslange Saison zu verkürzen wird seit Jahren von Kritikern gefordert, die Klubbesitzer verzichten nicht auf ihre Ticketeinnahmen –, die NBA hat eine Art Pokalwettbewerb eingeführt, die Begegnungen des sogenannten "in-season tournament" finden vom 3. November bis 9. Dezember statt. Abgesehen vom Finale werden alle Partien auch als Hauptrundenspiele gewertet. Es gibt sechs Fünfergruppen, vier Teams aus jeder Conference kommen ins Viertelfinale, dann gibt es nur noch K.-o.-Duelle. Die Halbfinals und das Finale werden in Las Vegas ausgespielt, jeder Spieler des Turniersiegers erhält 500.000 Dollar.

Pöltl sieht sich in Richtung seines Karrierehöhepunktes bewegen, mit Neuzugang Dennis Schröder versteht er sich sehr gut. Mit dem deutschen Weltmeister wurde das Zusammenspiel viel geübt. "Dennis ist ein sehr intelligenter Spieler, und ich kann das Spiel auch sehr gut lesen. Unser Pick 'n' Roll wird sicher eine Waffe sein."

Einen Spieler, den Jakob Pöltl auch wird verteidigen müssen, ist Victor Wembanyama. Ein Wanderalbatros übertrifft den Rookie der San Antonio Spurs um Längen. Auch ein Kalifornischer Kondor oder ein Krauskopfpelikan. Doch der Schreikranich kann mit dem französischen Wunderkind aus Le Chesnay schon nicht mehr mithalten. Stolze 2,43 Meter beträgt die Spannweite Wembanyamas, der die Konkurrenz nicht allein wegen seiner Maße in dieser Saison vor Schwierigkeiten stellen wird. Pöltl ist ein Riese, aber das ist eine andere Kategorie. Zum Vergleich: Pöltls Spannweite beträgt 2,21 Meter. "In der Saisonvorbereitung hat er sehr gut ausgesehen. Wenn es weiter so steil bei ihm bergauf geht, wird er sehr effektiv sein."

Wo kann man die NBA schauen? Der österreichische Streaminganbieter JOYN zeigt 50 Spiele der Regular Season sowie weitere Partien im Playoff kostenlos. Der internationale Bezahl-Streamingservice Dazn zeigt mehr als 200 Spiele, sieben pro Woche. Im Free-TV läuft die NBA bei den deutschen Privatsendern ProSieben und ProSieben MAXX. (Florian Vetter, 25.10.2023)