Ein Cruise-Robotertaxi bei einer Autoshow in Detroit.
Cruise ist ein Tochterunternehmen von GM. Nach einem schweren Unfall liegt die Fahrzeugflotte still.
AP / Paul Sancya

Die kalifornische Straßenverkehrsbehörde hat am Dienstag (Ortszeit) der Firma Cruise die Lizenz für den Test autonom fahrender Taxis in San Francisco mit sofortiger Wirkung entzogen. Die Taxis seien für öffentliche Tests nicht sicher genug, teilte die Behörde mit. Das Department of Motor Vehicles (DMV) beschuldigt Cruise, Videomaterial eines schweren Unfalls wissentlich zurückgehalten zu haben.

Auf dem Video ist zu sehen, wie eine Fußgängerin von einem von einem Menschen gelenkten Auto angefahren wird, als sie bei Rot über einen Zebrastreifen geht. Die Frau wird auf die Nebenspur geschleudert – in die Fahrspur des Robotaxis. Das Cruise-Fahrzeug leitet ein Bremsmanöver ein, überrollt die Fußgängerin dennoch und schleift sie mehrere Meter unter dem Fahrzeug mit. Das Problem: Das Tochterunternehmen von GM soll das Videomaterial erst herausgerückt haben, als das DMV bereits von dessen Existenz wusste. Das DMV soll laut eigenen Angaben von einer anderen Behörde einen Tipp bekommen haben, dass Cruise Videomaterial unterdrücke, wie "Techcrunch" berichtet.

Sofortiger Entzug der Lizenz

Es ist wahrscheinlich, dass die U.S. National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) Kenntnis von dem Videomaterial erlangt hat. Diese Behörde hat nämlich ihre eigenen Untersuchungen der autonomen Fahrzeugflotte von Cruise eingeleitet. Der Grund waren abermals mehrere Unfälle mit Fußgängern. Die DMV jedenfalls ist eindeutig: Durch das Zurückhalten des Videos sei die Behörde daran gehindert worden, die Sicherheit der Cruise-Fahrzeuge zu beurteilen. Cruise hätte damit die Öffentlichkeit gefährdet, weshalb es zum sofortigen Entzug der Lizenz kam.

Kaliforniens Straßenverkehrsbehörde hat erleichterte Regeln für den Einsatz von autonomen Fahrzeugen geschaffen. Vor allem in San Francisco werden immer wieder autonome Fahrzeuge getestet. Aber: Wenn ein unangemessenes Risiko für die öffentliche Sicherheit besteht, kann die Genehmigung sofort entzogen werden, und zwar fristlos. Ob Cruise die Erlaubnis für autonomes Fahren zurückbekommt, ist aktuell noch unklar. Ganz verschwinden dürften die Robotaxis dennoch nicht: Cruise darf weiter autonome Fahrzeuge betreiben, wenn ein menschlicher Sicherheitsfahrer mit an Bord ist.

Cruise dementiert

In einer Stellungnahme von Cruise teilt man eine andere Ansicht: Man entwickle autonome Fahrzeuge, um Leben zu retten. Bei besagtem Unfall habe ein Mensch Fahrerflucht begangen und die Fußgängerin in den Weg des autonomen Fahrzeugs geschleudert. Das Cruise-Auto habe stark abgebremst, es sei jedoch unmöglich gewesen, noch vor der Fußgängerin anzuhalten, weshalb diese rund sechs Meter weit mitgerissen wurde. Man habe das vollständige Video an die Straßenverkehrsbehörden weitergegeben, betonte eine Unternehmenssprecherin. Außerdem unterstütze man die Polizei bei der Fahndung nach dem flüchtigen Fahrer.

Mehrere Unfälle und Bricking

Cruise hat die Genehmigung für den Betrieb fahrerloser Autos erst im August erhalten. Damit ist Konkurrent Waymo, eine Google-Tochter, aktuell das einzige Unternehmen, das in San Francisco rund um die Uhr Robotaxi-Dienste anbieten darf. Zwar hat Cruise noch die Genehmigung der California Public Utilities Commission für fahrerlose Taxidienste, diese ist aber praktisch wertlos, wenn die Fahrzeuge nicht mehr betrieben werden dürfen.

Cruise steht schon länger in der Kritik von Anrainern, und auch die Stadtverwaltung sieht die Robotertaxis kritisch. Immer wieder sei es zu Fehlfunktionen gekommen, und die Fahrzeuge würden durch sogenanntes Bricking einfach auf der Straße stehen bleiben, was den Individualverkehr, die öffentlichen Verkehrsmittel und die Einsatzkräfte enorm behindere. Dazu kamen mehrere Unfälle. So kam es zu einer Kollision eines Robotaxis mit einem Rettungsfahrzeug, bei der eine Person verletzt wurde. Daraufhin musste Cruise rund die Hälfte seiner Taxis stilllegen. (pez, 25.10.2023)