Das Bildzeigt den britischen Premierminister Rishi Sunak während der abschließenden Pressekonferenz am zweiten Tag des UK Artificial Intelligence (AI) Safety Summit.
Der britische Premier Rishi Sunak wollte mit der Einladung zum "Sicherheitsgipfel" seinem Land eine Pionierrolle bei der KI-Regulierung sichern.
AP/Justin Tallis

Weitgehende Einigkeit über die notwendige Kontrolle von künstlicher Intelligenz (KI), wenig Klarheit über die Wege dorthin – so fiel am Donnerstag die Bilanz von Teilnehmern und Beobachtern einer internationalen Konferenz aus, auf der im englischen Bletchley Park erstmals führende Politiker und Fachleute über Chancen und Risiken von Supercomputern diskutierten. Immerhin erklärten sich in der Erklärung von Bletchley die Vertreter von 28 Staaten und Organisationen, darunter die USA, China und die EU, zur Zusammenarbeit über künftige Sicherheitsstandards bereit: Künstliche Intelligenz müsse auf "menschenzentrierte, seriöse und verantwortungsvolle Weise" eingesetzt werden.

Die Chancen, vor allem aber die Risiken künstlicher Intelligenz (KI), auf Englisch Artificial Intelligence (AI), werden in jüngster Zeit heftig diskutiert. Der britische Premier Rishi Sunak wollte mit der Einladung zum "Sicherheitsgipfel" seinem Land eine Pionierrolle bei der vorsichtigen Regulierung der voranschreitenden Technik sichern, zumal die Brexit-Insel in vielen anderen Bereichen, etwa dem globalen Handel oder der Klimapolitik, von den Giganten USA und EU weitgehend ignoriert wird.

In Absprache mit wichtigen Branchenvertretern hatten die Briten deshalb vorab eine internationale Beratergruppe (International Panel on AI Safety, IPAIS) ins Spiel gebracht, die nach dem Vorbild des UN-Klimawandelgremiums IPCC einmal jährlich zum Fortgang von KI berichten und auf Risiken hinweisen soll. Das Gremium soll nun unter Leitung des kanadischen IT-Wissenschafters Yoshua Bengio einen ersten Bericht erarbeiten; dafür hat der vor Ort anwesende UN-Generalsekretär António Guterres seinen Segen erteilt.

Premier als KI-Bot

Die Initiative sei begrüßenswert, sagte US-Wirtschaftsministerin Gina Raimondo vor Ort, kündigte aber die Gründung einer eigenen US-Regulierungsbehörde an. Offenbar will die Heimat wichtiger globaler Tech-Firmen wie Google oder Apple nicht die kommerzielle Kontrolle über die Zukunftstechnik KI verlieren, schon gar nicht an die Briten, die ihrerseits den Aufbau eines "weltweit führenden" KI-Sicherheitsinstituts in Aussicht gestellt haben.

Für den früheren Hedgefonds-Manager Sunak, der Spöttern zufolge oft selbst wie ein AI-Bot klingt, gehörte gewiss die Begegnung mit Milliardär Elon Musk sowie anderen führenden Vertretern der Tech-Branche zu den Highlights der Tagung. Das von Musk unter dem Namen Twitter für 44 Milliarden Dollar gekaufte soziale Netzwerk X hat allerdings unter seiner Leitung mehr als die Hälfte seines Werts verloren, wie das Magazin "Forbes" kürzlich errechnete.

Ob dieser Misserfolg die Stimmung des Unternehmers getrübt hat? Jedenfalls warnte er am Rande der Konferenz eindringlich vor KI: Diese stelle "eine der größten Bedrohungen der Menschheit dar". Ganz ähnlich sah dies sein Gesprächspartner Sunak, der einen Vergleich mit einer Pandemie oder einem Atomkrieg heraufbeschwor. Allerdings sei es "wichtig, nicht alarmistisch zu klingen".

Vor der Tür Proteste

Draußen blieben diesmal die Vertreter der organisierten Arbeitnehmerschaft sowie Bürgerrechtler. In einem offenen Brief an Sunak protestierten Organisation wie der Internationale Gewerkschaftsverband ITUC oder Amnesty International gegen ihren Ausschluss von den Beratungen. "Über die Zukunft von KI sollten nicht nur Techies und Politiker entscheiden", argumentierte Kate Bell vom britischen Verband TUC. Schon heute seien Algorithmen von entscheidender Bedeutung für die Arbeitswelt, für Neueinstellungen ebenso wie für Entlassungen.

Einer Microsoft-Studie zufolge könnten "bis zu 49 Prozent" aller Arbeitnehmer ihre Arbeitsplätze an Large Language Models (LLM) wie ChatGPT der Firma OpenAI oder Llama 2 von Meta, vormals Facebook, verlieren. Zu den betroffenen Berufsgruppen zählen Journalisten und Webdesigner ebenso wie Buchhalter und Mathematiker. Alles nicht so schlimm, findet OpenAI-Boss Sam Altman: "Die Menschen haben schon immer neue Beschäftigungen gefunden." (Sebastian Borger aus London, 3.11.2023)