Die Frauen des SKN Sabres St. Pölten finden nach der Flucht aus Wien perfekte Bedingungen in Niederösterreich vor.
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Freilich ist Wien nicht nur eine Kultur-, sondern auch eine Sportstadt. Dass in der Bundeshauptstadt aber "jeder Sportler glücklich wird", wie auf wiener-sport.at – einer Plattform für die diversen Sportarten in der Stadt – geschrieben steht, darf bezweifelt werden. Im Übrigen gibt es auch Sportlerinnen – und es lässt sich zweifelsfrei konstatieren, dass nicht alle restlos happy sind. Darüber könnten die Sabres ein trauriges Lied anstimmen. Der 1999 in Wien gegründete und erfolgreichste Frauen-Eishockeyverein Österreichs sah sich wegen fehlender Unterstützung veranlasst, Wien zu verlassen und in St. Pölten Asyl zu beantragen.

Und so sind aus den EHV Sabres Wien die SKN Sabres St. Pölten geworden. Christian Benedek, ehrenamtlicher Geschäftsführer beim 18-fachen Meister, beklagt, dass vonseiten der Stadt Wien "null Unterstützung gekommen" sei, nachdem ein Gönner ausgefallen war. Der von Benedek berichtete Tipp des Dachverbands, man möge einen Kredit aufnehmen, klingt wie blanker Hohn. Wegen nicht ausreichender Mittel mussten die Sabres die vergangene Saison auslassen. "In der Halle in Kagran waren wir zudem nur Bittsteller, dort durften wir das Fitnesscenter nicht nutzen."

Positive Signale aus St. Pölten

In St. Pölten haben sich alle Beteiligten an einen Tisch gesetzt. "Was in Wien ja unmöglich ist", sagt Benedek. Man habe sich rasch geeinigt. Der Spiel- und Trainingsbetrieb sei im Wesentlichen durch private Gönner und Langzeitsponsor Generali abgesichert. Auf lange Sicht würden höhere Fördergelder als in Wien winken – es gebe positive Signale, sagt Benedek. "Und wir können hier alles nutzen, egal ob Laufbahn oder Fitnesscenter."

Die Sabres sind vor allem in der European Women Hockey League (EWHL) engagiert, einer internationalen Liga mit Vereinen aus Österreich, Ungarn, der Slowakei, Italien, Polen und Kasachstan. Seit heuer sind in dieser Zwölferliga fünf heimische Teams dabei. Die Sabres haben sie bereits sechsmal gewonnen, nach sieben Spielen liegen sie auf Platz sechs und sind damit das bestgereihte Team aus Österreich.

Nach einem Jahr Pause haben die Sabres wieder den Spielbetrieb aufgenommen.
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Mehr Sponsoren wären natürlich willkommen. "Die Hoffnung besteht seit Jahren", sagt Benedek, "aber es ist schwer. Es ist ein ewiger Teufelskreis mit Zuschauern und Medien, wobei ich die Zeitungen ausnehme." Der Verband solle sich mehr für Fraueneishockey einsetzen. Es gehe um die Sichtbarkeit. "ORF Sport+ zeigt Fußball, Basketball, Handball, Volleyball und Tischtennis. Wo ist Eishockey? Da muss der Verband dahinter sein."

Auch wenn nun bereits in ihrer ersten Saison in St. Pölten mehr Fans zu den Spielen der Sabres kommen als davor in Wien, ist die Menge überschaubar. Mit gemeinsamen Aktionen, etwa einem Abo für Fußball, Basketball und Eishockey, will man das ändern.

In Wien ist Fraueneishockey nun nicht mehr ganz so existent wie früher. Immerhin gibt es aber seit dieser Saison die Women Capitals, vormals Flyers, die mit den Sabres kooperieren und in der Bundesliga engagiert sind. "Bei ihnen spielen ein paar von uns und ihre zwei Besten spielen bei uns", sagt Benedek. Allerdings erfahren auch die Women Capitals nicht die entsprechende Wertschätzung, auch sie dürfen in der Kagraner Steffl-Arena nicht ins Fitnessstudio.

Fehlstart der Vienna Capitals

Die dort beheimateten Vienna Capitals dürfen das sehr wohl. Der zweifache österreichische Meister (2005 und 2017) hat aktuell aber mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Sie hinken nach einem katastrophalen Saisonstart den eigenen Ansprüchen hinterher. Franz Kalla, General Manager der Caps, führt die Misere auf eine lange Verletztenliste zurück. "Die Stimmung ist nach wie vor positiv, wir wissen, dass wir einiges aufzuholen haben und wo die Probleme liegen. Wir haben leider seit einigen Wochen mit vielen Ausfällen zu kämpfen."

Fans der Vienna Capitals im Auswärtseinsatz.
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Nach 18 Runden liegen die Caps nur am vorletzten Platz unter 13 Teams der win2day ICE Hockey League, einer internationalen Liga mit Vereinen aus Österreich, Ungarn, Italien und Slowenien. Zwischendurch wurden neun Spiele en suite verloren. Der kanadische Trainer Marc Habscheid musste den Hut nehmen, obwohl er erst für diese Saison engagiert worden war. Kalla: "Solche Entscheidungen werden bei uns nicht leichtfertig getroffen. Ich mache den Job seit 16 Jahren, und es ist erst das zweite Mal, dass so etwas vorgekommen ist." Mit der 2:4-Niederlage am Sonntag bei Fehervar verbuchten die Caps die bereits zwölfte Saisonniederlage (eine nach Verlängerung). Immerhin konnten bislang sechs Spiele gewonnen werden, drei davon in der Overtime.

Schmerzlich vermisst wird Max Zimmer. Der US-Amerikaner war vergangene Saison mit 34 Treffern (29 Assists) gleich in seiner Debütsaison in Europa Torschützenkönig der Liga. Danach sind jedoch die Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung mit dem 26-Jährigen gescheitert. Er soll die Wiener hingehalten und einen Wechsel nach Deutschland angestrebt haben. Ein Transfer in die DEL ist allerdings nicht zustande gekommen und Zimmer letztlich mit einem verspätet eingebrachten und höher dotierten Angebot bei den Caps abgeblitzt.

Bis ein neuer Head-Coach gefunden wird, leiten Christian Dolezal und Fabian Scholz als Assistant-Coach die Geschicke der Wiener. Bei der Trainersuche wolle man sich kein Zeitlimit setzen, keinen Schnellschuss machen, sagt Kalla. "Es ist wichtig, den Passenden zu finden. Bewerbungen gibt es genug."

Licht und Schatten

Das Positive an der sportlich prekären Lage ist, dass nun viele junge Österreicher viel Eiszeit bekommen, zumal verletzungsbedingt nur vier der sieben Legionäre einsetzbar sind. Kalla: "Das wird uns am Ende helfen, weil die Jungen jetzt viel Praxis bekommen." Warum nicht mehr, wie in vergangenen Jahren, verstärkt auf "Importspieler" gesetzt wird, hat auch den Hintergrund, dass es unter den gegebenen Umständen schwieriger geworden ist, ein ausgeglichenes Budget zu erwirtschaften. Die Ausgaben sind gestiegen.

Anpacken musste man auch bei der Eisanlage, die vergangene Saison wegen einer kaputten Sonde etlichen Spielabsagen erzwungen hatte und mittlerweile durch eine temporäre Anlage ersetzt wurde. Allerdings hat auch diese durch Austritt von Kühlflüssigkeit während eines Spiels erneut für einen Abbruch gesorgt. Die Stadt als Eigentümerin der Halle wird eine Generalsanierung vornehmen und neben den Garderoben auch die Eisanlage erneuern. Kalla: "Dass saniert werden muss, ist offensichtlich. Die Halle hat knappe 30 Jahre auf dem Buckel."

Großer Andrang, wenig Platz

In der Zweimillionenstadt sieht es für den zweitbeliebtesten Teamsport bezüglich Infrastruktur nicht gerade berauschend aus. Es gibt die Steffl-Arena mit drei Eisflächen, die Stadthalle, die Eishalle am Eisring Süd und die temporären Plätze beim Engelmann, im Eislaufverein und ebenfalls am Eisring Süd. Und die Konkurrenz der Eishackler und Eishacklerinnen ist groß: So steht etwa die Steffl-Arena zu einem überwiegenden Teil auch der Öffentlichkeit zur Verfügung: etwa für Publikumseislauf, Behindertensport und Eislaufkurse. "Dazu steht sie rund 70 Vereinen offen, die immer wieder mal bei uns spielen", sagt Kalla. "Die Caps nützen sie für ein paar Trainings und ein bis zwei Spiele pro Woche."

Trotz des Gerangels um Eiszeiten wollen die Capitals Frauen-Eishockey forcieren. Kalla: „Man merkt es am Zuspruch, immer mehr Mädels fangen an, Hockey zu spielen. Denen wollen wir einfach eine Heimat geben." (Thomas Hirner, 6.11.2023)