Direkt aus dem zehn Liter fassenden Kanister schüttet Max Stiegl einen kräftigen Schluck Slibowitz über die Nudeln. Sehr zum Gaudium der Anwesenden. Was Stiegl sichtlich genießt, dann aber wieder zur Aufmerksamkeit mahnt und sagt: "Unterschätzt mir den Schnaps und den Wein beim Kochen nicht." Und gerade bei der Art der Küche, die der Haubenkoch heute präsentiert, kann das eine oder andere Stamperl im Essen wohl wirklich nicht schaden. Max Stiegl zeigt, wie man im Fall eines Blackouts kocht. Auf einem kargen, asphaltierten Platz in Purbach. Ohne Strom.

Max Stiegl kocht an einer Feuerplatte
Ohne Strom, dafür bei Regen heizt Max Stiegl die Öfen an. "Kocht gemeinsam mit Freunden und Nachbarn", rät er, "das macht Spaß, und die Zeit vergeht." Und weil Zeit bei einem Blackout ausreichend vorhanden ist, sind manche Rezepte, die er für dieses Szenario zusammenstellte, etwas aufwendiger.
Guido Gluschitsch

Es regnet nicht, es schüttet, als Stiegl die drei großen Holzöfen anheizt, an denen er arbeiten wird. Noch vor halb acht Uhr in der Früh werden an diesem Sonntag die ersten Besucherinnen und Besucher erwartet. Die einen sind Stammgäste des Guts Purbach, Haubenlokal von Max Stiegl nur ein paar Gassen weiter. Andere kommen mit tarngrünen Wollwesten und Steyr-Arms-Kappe.

Wo es raucht, ist es warm

Stiegl wehrt gleich ab. Nein, da gehe es nicht um Verschwörungstheorien, und er sei kein ängstlicher Prepper geworden. Aber ein Blackout kann kommen – und dann ist man besser darauf vorbereitet, sagt er. Da stimmt ihm auch einer der Mitarbeiter der burgenländischen Landessicherheitszentrale zu: "Die Heizungen werden ausfallen – egal ob Wärmepumpe, Gas-, Öl- oder Pelletsheizung. Darum, wenn Sie während eines Blackouts bei einem Nachbarn Rauch aus dem Kamin aufsteigen sehen, machen Sie einen Teig und sich miteinander bekannt, denn dort können Sie ihn dann backen, und es ist warm."

Max Stiegl kocht an drei Feuerstellen.
Blackout Kochen, Stiegl Max, Purbach, Stromausfall
Guido Gluschitsch

Erst als die Lacher ausgeklungen sind, hängt der Mann an, dass es sich lohne, einander bereits zu kennen – sich erst in der Krise als Freund anzutragen, könnte kompliziert werden. Aber die lockere Stimmung zeigt schon, was mit der Veranstaltung bewirkt werden soll.

Initiiert hat das Notfallkochen das Land Burgenland. Dort baut man gerade den Katastrophenschutz stark aus. Eben erst wurden die neu geschaffenen Stützpunkte mit Notstromaggregaten ausgerüstet. Aber die sollen ja den Einsatzkräften und nicht vordergründig dem Kochen der Bevölkerung dienen.

Kostenlose Veranstaltung

Auch der zuständige Infrastrukturlandesrat Heinrich Dorner (SPÖ) ist um halb acht Uhr in der Früh bei strömendem Regen auf dem Platz, wo es schon aus den Öfen raucht. Er wird einige Zeit hierbleiben und sich auch den Fragen der Bevölkerung stellen, die sich etwa um Wasser, Abwasser und Mobilfunk drehen.

Das war wohl auch die Idee zu dieser Veranstaltung – der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, sich zu informieren –, und das auf denkbar unterhaltsame Weise. Am Notfallkochen kann man kostenlos teilnehmen, und es wird noch weitere zwei Male stattfinden.

Die Feuerplatte mit roten Paprika.
Beim Max Stiegl rennt immer der Schmäh, und keiner wird verschont. "Wenn Sie sich fragen, warum ich nur rote Paprika auflege – das ist eine Bestimmung vom Land", scherzt Stiegl und lacht dabei frech Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ) an.
Guido Gluschitsch

Wo Max Stiegl kocht, da rennt der Schmäh. Nicht immer politisch ganz korrekt – aber dafür ist Max Stiegl ja bekannt. Und er hat auch die Politiker auf der Schaufel, die bei dem Event erscheinen. Doch bei all dem Gelächter und der Show dreht sich am Ende dann doch wieder alles darum, wie man am besten kocht, wenn der Strom einmal weg ist und man nicht weiß, wie lange der Blackout dauern wird.

Max Stiegl reicht Heinrich Dorner eine Suppe.
Landesrat Heinrich Dorner probiert die Blackout-Suppe.
Guido Gluschitsch

"Als Erstes müssen die Sachen verkocht werden, die ohne Kühlung verderben", erinnert Stiegl. Am besten geht das, wenn man einen großen Topf Suppe macht und darin möglichst vieles gart. Vor allem wenn man für den Notfall nur eine kleine Gaskartusche hat, muss man die sinnvoll nutzen.

Die Sache mit dem Rexgummi

Er selbst kocht eine Suppe aus Ganslknochen und Schweinebauch auf einem der Öfen. Auf dem anderen hat er eben erst ein paar Eier aufgeschlagen, diese gewürzt und, als sie fertig waren, auf getoastetem Brot angerichtet und serviert. Zum Würzen nimmt er immer gerne viel Majoran, sagt er. Er fasst händeweise das Gewürz aus einem riesigen Glas und verteilt es auf diversen Speisen, die er gleichzeitig macht. Wie auf dem ausgelösten Hendl, das er einfach mit ein wenig Öl anbrät. Da nimmt er kein Schmalz, weil das zu sehr rauchen würde. Ein Schuss Slibowitz übers Hendl, und es kann schon gegessen werden, während Stiegl bereits einen Teil der Suppe in Einmachgläser abfüllt – "das hält jetzt ein paar Wochen, wenn der Gummi dicht ist". Klar folgen einschlägige Witze.

Max Stiegl füttert eine Frau mit einem Kostlöffel.
Bald drängen sich die Gäste um den Starkoch und fressen ihm nicht nur sprichwörtlich aus der Hand.
Guido Gluschitsch

Wenn das leicht Verderbliche aus dem Kühlschrank verkocht ist, muss man sich um die Sachen im Tiefkühler kümmern. Das Gefrierfach sollte man nur selten und kurz aufmachen. Er selbst habe immer ein Sugo eingefroren, sagt er. Um das zu verwerten, kocht er verschiedene Nudeln in der vorhin zubereiteten Suppe. Dort mischt er das Sugo unter, und fertig ist ein Gericht, das nicht nur heiß, sondern auch kalt wunderbar schmeckt. "Ich hab drei Kinder", sagt Stiegl, "wenn ich ihnen das koche, sind sie glücklich."

Um sich auf längere Blackouts vorzubereiten, empfiehlt er, neben Konserven auch Bohnen und Linsen zu bevorraten. Die sättigen, sind einfach zu lagern und halten lange.

Eine Schüssel mit der Gewürzmischung.
Auch die bekannte gelbe Gewürzmischung aus Kroatien hat Max Stiegl mit zum Kochevent genommen.
Guido Gluschitsch

Doch nicht nur das Desinfizieren mit dem Slibowitz ist ein Tipp, den der Haubenkoch für den Notfall mitgibt. "Wer einmal in Kroatien war, kennt das", sagt er und zeigt ein gelbliches Pulver her – eine bekannte Gewürzmischung, die es mit und ohne Geschmacksverstärker gibt. Er verwendet sie heute reichlich. "Habt ihr das selber gemacht?", will eine Dame wissen. "Ja, das Packl auf", antwortet Max Stiegl. (Guido Gluschitsch, 6.11.2023)