US-Außenminister Antony Blinken bei einer Pressekonferenz in der jordanischen Hauptstadt Amman.
Am Samstag war US-Außenminister Antony Blinken in der jordanischen Hauptstadt Amman zu Gast, tags zuvor in Israel. Danach ging es weiter ins Westjordanland und in die Türkei.
AP/Jonathan Ernst

Das Karussell rund um die Forderungen nach einer Waffenruhe im Gazastreifen, es drehte sich auch an diesem Wochenende weiter. Immer neue Wortmeldungen halten es am Laufen – doch im Wesentlichen blieben die Fronten zunächst verhärtet.

Am Sonntag war es der palästinensische Präsident Mahmud Abbas, der bei einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken in Ramallah eine sofortige Waffenruhe verlangte. Auch die USA wollen eine weitere Gewalteskalation verhindern, doch der Teufel freilich steckt wie so oft im Detail. Blinken setzte sich einmal mehr für eine vorübergehende humanitäre Feuerpause ein. Einen längeren Waffenstillstand lehnt er jedoch ab, zumal dieser dazu beitragen könne, die Hamas-Herrschaft im Gazastreifen zu festigen. Zu groß sei das Risiko, dass sich das Massaker vom 7. Oktober in weiterer Folge wiederholen könnte, hatte Blinken bereits am Samstag bei einem Besuch in der jordanischen Hauptstadt Amman erklärt.

Zukunftsmusik

Auch wenn es angesichts der aktuellen Kämpfe noch wie Zukunftsmusik klingt: Bei dem Treffen in Ramallah, also im palästinensischen Autonomiegebiet im Westjordanland, ging es auch um eine längerfristige Perspektive für den Gazastreifen. Abbas zeigte sich bereit, für diesen die "volle Verantwortung" zu übernehmen, knüpfte daran aber die Forderung nach einem umfassenden politischen Gesamtpaket – inklusive einer Lösung für das Westjordanland und Ostjerusalem. Beides beanspruchen die Palästinenser als Gebiete eines eigenen Staats.

Auch Blinken sprach sich dafür aus, dass die palästinensische Autonomiebehörde von Abbas wieder die Kontrolle im Gazastreifen übernimmt. An dieser Stelle aber spießt es sich zwischen den USA und zahlreichen Vertretern der israelischen Regierung, die in einer solchen Lösung eine Gefahr für ihren Staat sehen. Unter den Palästinensern ist eine solche Perspektive ebenfalls nicht unumstritten. Die radikalislamische Hamas hatte 2007 im Gazastreifen die Macht an sich gerissen und die Fatah von Abbas vertrieben. Und auch im Westjordanland selbst hat Abbas in Umfragen keine Mehrheit mehr.

Tote in Flüchtlingslager

Am Sonntagabend wollte Blinken in die Türkei weiterreisen. Überschattet waren die diplomatischen Bemühungen rund um den Gazastreifen indes einmal mehr vom Kampfgeschehen vor Ort. Im Fokus standen dabei wieder zahlreiche Tote in einem Flüchtlingscamp: Laut Angaben der Hamas sollen in der Nacht von Samstag auf Sonntag mindestens 45 Menschen bei einem Angriff der israelischen Armee auf das Flüchtlingslager Maghazi getötet worden sein.

Von der israelischen Armee gab es dazu vorerst keine Angaben. Ein Militärsprecher erklärte am Sonntag, es werde noch geprüft, ob die Armee zum betreffenden Zeitpunkt in dem Gebiet überhaupt im Einsatz war. Erst vergangene Woche hatten israelische Angriffe auf das Flüchtlingslager Jabalia nördlich von Gaza-Stadt für Schlagzeilen gesorgt. In diesem Fall hatte Israel laut eigenen Angaben ein darunterliegendes Tunnelsystem im Visier und meldete den Tod führender Hamas-Vertreter.

Zwist im Kabinett

Der Krieg gegen die Hamas sorgt inzwischen auch innerhalb der rechts-religiösen Regierung Israels für Zerwürfnisse. Der Minister für das Kulturerbe, Amichai Elijahu, wurde von Premier Benjamin Netanjahu "bis auf weiteres" von allen Kabinettssitzungen ausgeschlossen, hieß es am Sonntag aus Netanjahus Büro. Elijahu hatte in dem Konflikt den Einsatz einer Atombombe als "eine Option" bezeichnet. Netanjahu betonte daraufhin, Israel und seine Streitkräfte handelten "im Einklang mit den höchsten Standards des Völkerrechts – um zu vermeiden, dass Unschuldige zu Schaden kommen". (Gerald Schubert, 5.11.2023)