Katja-Sturm Schnabl wurde 1936 in Klagenfurt/Celovec geboren und verbrachte ihre Kindheitsjahre am Hof ihrer Eltern. Die Sprach- und Literaturwissenschafterin beschreibt ihre Kindheit als aufregend, umgeben von den ständigen Besucher:innen ihres Vaters, den Mägden und Arbeiter:innen und den vielen Tieren auf dem Hof.

Porträt
Katja Sturm-Schnabl im Jahr 1946.
Katja Sturm-Schnabl, KZ-Verband

Als Vorsitzender des slowenischen Kulturvereines und der slowenischen Spar- und Darlehenskasse stand ihr Vater Menschen aus der Umgebung mit Rat und Tat zur Seite. Ein lebendiger Alltag, bei dem das Benehmen, wie sie betont, wichtig war, das Grüßen der Erwachsenen, der Respekt Älteren gegenüber. Die unbeschwerte Kindheit nahm 1939 ein Ende, als eine Gruppe fremder Männer in dunklen Anzügen ohne Vorwarnung oder Erlaubnis und ohne jeglichen Respekt ihr Haus durchsuchte. Die fremden Männer waren "Nemci" (slowenisch: Deutsche), wie Katja später von ihren Eltern erfuhr. Schon damals war Katja entsetzt über die fehlenden Manieren dieser Männer. Dieselben Nemci schütteten 1941 zweimal das offene Familiengrab zu, damit der Großvater nicht darin bestattet werden konnte.

Familie steht vor einem Haus, altes Foto
Familie Sturm (Vater mit Kindern), 1941.
Katja Sturm-Schnabl, KZ-Verband

Mut durch die Partisan:innen

Im April 1942 kamen die Deutschen abermals in das Haus der Familie. Katjas Eltern waren in die Stadt gefahren, in dem Haus waren zwei Tanten und zwei Mägde, alle vier in Tränen aufgelöst. Die zu dem Zeitpunkt sechsjährige Katja erschrak, lief in den Wald und verkroch sich in einem Laubhaufen. Eine Tagelöhnerin fand sie eine Weile später und trug sie nach Hause. Zu Hause, so erzählt Katja, herrschte ein furchtbares Chaos aus brüllenden Stimmen der Nazis.

Die heimgekehrte Mutter machte sich währenddessen daran, ihre Kinder anzuziehen – Katja, ihr fünfjähriger Bruder Andrej und Franci, der gerade zweieinhalb Jahr alt war. Ihre ältere Schwester Veronika befand sich zu dem Zeitpunkt in der Schule und stieß später zu der Familie, die in ein Lager nach Eichstätt (Deutschland) verschickt wurden, wo die Eltern Zwangsarbeit verrichten mussten und die Kinder sich selbst überlassen waren.

Kinder sitzen in Wiese
Die Geschwister Schnabl im Jahr 1940.
Katja Sturm-Schnabl, KZ-Verband

Kraft zog Katja aus den belauschten Gesprächen der Erwachsenen, in denen sie erfuhr, dass die Partisan:innen für ihre Freiheit kämpften. Katja erzählt, sie stellte sich vor, dass ihr Held Tito sie persönlich befreien würde. Je mehr gute Nachrichten sie in Erfahrung brachte, desto mehr traute sie sich gegenüber den Nazis aufzutreten. Ihre Überzeugung von der Befreiung war so unumstößlich, dass sie einmal einer Aufpasserin erklärte, sie würde ihr sofort nach ihrer Heimkehr einen Kärntner Reindling und eine rote Wurst schicken. Diese hatte nicht verstanden, dass hinter dem Versprechen ein kindlicher Widerstand gegen die Nazis stand. Ein anderes Mal schaffte sie es von dem SS-Lagerführer – unter dem falschen Vorwand, Lorbeerblätter kaufen zu gehen – Erlaubnis zu bekommen, um in die Stadt zu gehen. Katja kaufte aber keine Lorbeerblätter, sondern ging ins Kino.

Widerstand der Kinder

Der Widerstand der Kinder bestand zu einem großen Teil aus dem gegenseitigen Trösten. Katja berichtet von einem jüngeren Buben, Marko, dem sie im Lager regelmäßig Mut zusprach. Marko kam mit seiner Mutter aus Jugoslawien und erzählte: "Nemci so mojemu očetu glavo odrezali." – "Die Deutschen haben meinem Vater den Kopf abgeschnitten." Katja tröstete ihn mit den Worten: "Sobald wir wieder zu Hause sind, werden wir Dir helfen, allen Deutschen die Köpfe abzuschneiden."

Dieses Projizieren in die Zukunft und die Fantasien aller Arten des Widerstands trugen zu ihrem Überleben bei, erinnert sich Katja Sturm-Schnabl. Die Kinder unterstützten sich gegenseitig, um die schwierigen Bedingungen zu bewältigen, die von großem Leid begleitet wurden. Ihre Schwester Veronika, ein Jahr älter als sie, erkrankte an Scharlach und wurde von einem Lagerarzt in den Armen der Mutter "tot gespritzt". Sie selbst kehrte Mitte Juli 1945 wieder nach Hause zurück.

Katja Sturm-Schnabl lebt in Wien und ist Ehrenmitglied des KZ-Verbands. (Rudi Burda, Winfried R. Garscha, Paul Hebein, Nives Nina Pjanic, Birgit Hebein, 6.11.2023)