Wer seine Nachrichten bei Microsofts Nachrichtenplattform MSN.com bezieht, der hat in den vergangenen Wochen an prominenter Stelle gar Seltsames erfahren: So sollen die US-Demokraten den aktuellen Anstieg von Covid-19-Erkrankungen orchestriert haben, um bessere Chancen bei den nächsten Wahlen zu haben. An anderer Stelle wurde ein gerade verstorbener NBA-Spieler in seinem Nachruf als "nutzlos" bezeichnet. Nur zwei Beispiele für ein Problem, dem CNN in einem aktuellen Bericht nachforscht: MSN.com ist zuletzt immer mehr zur Fake-News-Schleuder mutiert.

Die KI soll es richten

Der Grund für diese Entwicklung ist schnell erklärt: Hatte Microsoft vor einigen Jahren noch mehr als 800 Personen für die Auswahl von Nachrichten angestellt, überlässt man diese Aufgabe mittlerweile zu Teilen einer "künstlichen Intelligenz". Und das läuft in etwa genauso gut, wie sich jeder denken kann, dem KI-Tools wie ChatGPT schon einmal frei erfundene Inhalte mit großer Überzeugung vorgetragen haben. Also: sehr schlecht. Die KI tut sich schwer, erfundene Geschichten von seriösen Inhalten zu unterscheiden.

Microsoft setzt stark auf KI, manchmal scheint man dabei aber über das Ziel hinauszuschießen.
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Was dieses Problem besonders unerfreulich macht: MSN.com ist bis heute eine der weltweit am meisten besuchten Nachrichtenseiten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Microsoft MSN.com als Startseite in vielen seinen Produkten eingestellt hat. Und mit Windows hat man hier einen sehr starken Hebel.

Beispielhaft

Die Nutzung von KI führt aber auch zu anderen unerfreulichen Phänomenen, nämlich dass durchaus seriöse Artikel um problematische Elemente ergänzt werden. So hat der "Guardian" vor einigen Tagen über eine 21-jährige Australierin berichtet, die mit schweren Kopfverletzungen tot aufgefunden worden war. Der Vorfall hatte in Australien viel Entrüstung und eine Debatte über Gewalt gegen Frauen ausgelöst.

Auf MSN wurde die "Guardian"-Story von der KI mit einer Umfrage versehen, in der die Leser nach ihrer Meinung zu den Todesursachen gefragt werden. Die Optionen: Mord, Unfall oder Suizid.

Das führte zu einem scharf formulierten Schreiben des "Guardian" an Microsoft. In diesem verweist man darauf, dass so etwas nicht nur furchtbar für die Angehörigen sei, sondern auch eine aktive Rufschädigung für den "Guardian". Bei Microsoft reagierte man damit, dass bei Nachrichtenartikeln vorerst keine Umfragen mehr angehängt werden. Das größere Problem löst das aber natürlich nicht.

Falsche Informationen an prominenter Stelle

Auch für die Verbreitung von Fake News gibt es allerlei Beispiele. So hatte MSN im August eine Story prominent gefeaturt, in der behauptet wurde, dass US-Präsident Joe Biden bei einer Schweigeminute für die Opfer von verheerenden Waldbränden auf Maui eingeschlafen wäre. Ein anderes Mal wurde behauptet, dass ein Mitglied des San Francisco Board of Supervisors nach Kritik von Elon Musk zurückgetreten wäre. Beide Behauptungen waren frei erfunden.

Viele Probleme

Microsoft hat sich in der Vergangenheit immer wieder als Vorreiter beim Thema künstliche Intelligenz zu positionieren versucht, dabei aber auch unabsichtlich immer wieder die Defizite dieser Technologien aufgezeigt. Das reicht vom Chatbot Tay, der nach seiner Vorstellung im Jahr 2016 innerhalb kürzester Zeit rassistische Inhalte verbreitete, bis zu einem aktuellen Vorfall, bei dem eine Ausspeisungsstelle für Bedürftige im kanadischen Ottawa als Top-Touristenattraktion ausgewiesen wurde. (apo, 7.11.2023)