Hände mit Seife in einem Waschbecken
Heute waschen weniger Menschen gewissenhaft ihre Hände als vor der Pandemie, zeigt eine Studie.
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Sie erinnern sich bestimmt noch an die Anleitungen zum Händewaschen, die zu Beginn der Corona-Pandemie auf öffentlichen Toiletten plakatiert wurden: 20 bis 30 Sekunden soll es mindestens dauern. Das ist in etwa so lange, dass man zwei Mal das Geburtstagsständchen "Happy Birthday" vor sich hinsummen kann.

Das mögen zwar manche ein bisschen absurd, ja vielleicht sogar lächerlich gefunden haben, aber eine Zeitlang hat das mit dem Händewaschen ganz gut funktioniert, sagt Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Med-Uni Wien. "Händewaschen hat damals endlich einen höheren Stellenwert in der öffentlichen Diskussion bekommen."

Schlechtere Handhygiene als vor Corona

Aber viel dürfte davon nicht übriggeblieben sein. Eine Studie der deutschen SRH Hochschule in Heidelberg zeigt, dass sich heute noch weniger Menschen gewissenhaft die Hände waschen als vor der Pandemie. Vielleicht hat das mit einer gewissen Maßnahmenmüdigkeit zu tun, mutmaßt Hutter.

Nur 50 Prozent der Menschen waschen sich gewissenhaft die Hände, das zeigen Untersuchungen. "Aber das ist für eine aufgeklärte Gesellschaft zu wenig", sagt er. "Dabei ist bekannt, dass einfaches Händewaschen eine der effektivsten Methoden zur Verhütung von Infektionskrankheiten ist." Schließlich sei das Waschbecken der Ort, an dem man sich von Bakterien, Viren und anderen Mikroorganismen befreit.

Händehygiene "extrem unterschätzt"

Wie wichtig Händehygiene ist, vor allem während der Erkältungssaison, in der besonders viele Viren zirkulieren, wird immer noch extrem unterschätzt, sagt Hutter: "Wir haben zu wenig Hygienewissen, ein insuffizientes Hygieneverhalten und gleichzeitig globale Entwicklungen, die ein höheres Infektionsrisiko mit sich bringen. Im Prinzip ist das eine Schere, die sich immer weiter öffnet."

Dabei geht es in erster Linie nicht um neuartige Viren, sondern um Erkrankungen wie Tuberkulose, oder Hepatitis. "Immer mehr Menschen sterben an diesen Krankheiten", sagt Hutter. Gleichzeitig nehmen bekanntlich Antibiotikaresistenzen rapide zu. Und all diese Entwicklungen treffen auf eine immer älter werdende Gesellschaft.

"Ich habe den Eindruck, dass diese Entwicklungen nicht so wirklich ernst genommen werden. Dazu kommt, dass viele die enorme Wirksamkeit alltäglicher und sehr einfacher Hygienemaßnahmen wie Händewaschen verkennen", bedauert der Public-Health-Experte. Ein Großteil von Infektionen könne schließlich durch persönliche Maßnahmen verhindert werden – sofern man diese richtig umsetzt.

Denn trotz plakativer Anleitungen zum Händewaschen machen es viele nach wie vor nicht ganz richtig. "Das konnte in Versuchen oft beobachtet werden. Die Probandinnen und Probanden bekamen nach dem Händewaschen eine fluoreszierende Flüssigkeit auf die Hände, um zu sehen, wo keine Reinigung stattgefunden hat", berichtet Hutter. Das Ergebnis: Die meisten reinigen zwar Handinnenflächen, aber die Fingerspitzen werden häufig vergessen. Deshalb künftig am besten die Fingerspitzen noch einmal mit Seife im Handteller drehen oder die Fingerspitzen aneinander reiben.

Eine Respektsache

Händewaschen sollte etwas ganz Selbstverständliches sein, vor allem in einer globalisierten Welt, findet Hutter: "Dass man das nach wie vor erklären muss, ist ein Armutszeugnis." Denn Infektionskrankheiten verbreiten sich immer weiter, dafür sorgen auch die vielen komplexen Krisensituationen weltweit, die zu immer mehr Fluchtbewegungen führen werden – egal ob es sich dabei um kriegerische Auseinandersetzungen oder Naturkatastrophen handelt.

"Fehlendes Händewaschen ist im Grunde auch respektlos gegenüber anderen", findet Hutter. Infektionserreger könnten so auf Menschen übertragen werden, die vielleicht ein schwächeres Immunsystem haben als man selbst. Oder anders gesagt: "Händewaschen gehört zur einfachsten Vorsorge, die uns viel Nachsorge, Geld und Leid ersparen kann." (Magdalena Pötsch, 10.11.2023)