Ein Erlenzeisig am Futterhaus
Ein Erlenzeisig am Futterhaus. Ein herbstlich verfärbter Haselnussstrauch sorgte für den farblich passenden Hintergrund. (Belichtungszeit 1/160 Sek., Blende f4, Lichtempfindlichkeit ISO 1800, Brennweite 300 mm, Crop)
Michael Simoner

Denken Sie sich auch manchmal Spitznamen für die Vögel im Garten aus? Bei uns heißen die Spatzen meistens Jack (von Sparrow, dem Piraten aus "Fluch der Karibik", der aus dem Englischen übersetzt eben Sperling heißt). Mönchsgrasmücken nennen wir Monk, und Woody ist – erraten – der Specht. Zenzi ist die Quietschente im Bad. Und wenn ich vom "Eh schon wissen" spreche, wissen Eingeweihte, dass es um den Erlenzeisig geht. Ich weiß nicht, warum, aber der Name des kleinen, gelben Finkenvogels fällt mir nie ein. Auch eine Eselsbrücke mit Erlkönig hat nichts gebracht. Vielleicht klappt es durch diesen Beitrag, die Gedächtnisblockade im limbischen System zu überwinden.

Insektenfutter nur für Jungvögel

Die Erlenzeisige (Spinus spinus) sind bei uns im Garten schon eingeflogen. Ein bisschen früher als sonst. Wenn ich mich recht erinnere, tauchten sie bisher immer erst im Dezember oder sogar noch später auf. Im Sommer wohnen sie in bewaldeten Gebieten. Anders als der Name vermuten lässt, ernähren sie sich nicht nur von Sämereien von Erlen sondern auch von anderen Birkengewächsen und von Fichten. Zu Distelsamen sagen sie auch nicht Nein. Die meiste Zeit ihres Lebens sind Erlenzeisige Vegetarier. Insekten werden vor allem an Jungvögel verfüttert. Aus dem Futterbuffet im Garten picken sie sich kleine Körner und Nüsse heraus, wie alle Finken haben sie einen kräftigen Schnabel.

Wie klein und zierlich der Erlenzeisig ist, zeigt sich, wenn er gemeinsam mit einem viel größeren Grünfinken am Futterhaus sitzt. So ein Zeiserl wiegt gerade einmal zwölf bis 15 Gramm, Grünfinken sind doppelt so schwer (aber natürlich immer noch leicht). Dafür kommen Erlenzeisige fast nie allein. Wir konnten schon Gangs mit 50 Exemplaren aus nächster Nähe beobachten. Vor allem am Boden unter den Futterhäuschen, wo sich jede Menge Kerne ansammeln, wurlt es dann. Ich hoffe in diesen Momenten immer, dass kein streunender Haustiger des Weges kommt, aber im Gras sind die Zeisige ziemlich gut getarnt. Außerdem fliegen sie beim geringsten Geräusch auf (gut, dass man heutzutage ohne hörbare Klicks fotografieren kann).

Männchen mit schwarzem Käppi

Männchen und Weibchen sind bei Erlenzeisigen leicht auseinanderzuhalten. Nur Erstere haben ein schwarzes Käppi, sie sind außerdem kräftiger gelb gefärbt. Das Gefieder der Weibchen ist insgesamt mehr grünlich, die gelben Stellen sehen aus wie handkoloriert. Akrobatische Fähigkeiten haben alle. Um an Leckerlis zu gelangen, können sie auch kopfüber an Ästen oder Futterspendern hängen.

Der Erlenzeisig hat in seiner Gattung viele Verwandte, aber die leben fast alle in Amerika. Aus der übergeordneten Subfamilie der Stieglitzartigen stammt der ähnlich kleine Girlitz (Serinus serinus), mit dem der Erlenzeisig verwechselt werden kann. Girlitze sind auch gelb. Ich schaue immer, ob ich den Schnabel erkennen kann. Ist der kurz und kegelförmig, handelt es sich um einen Girlitz. Sein Kollege aus dem Doppelgängerquiz hat einen längeren, spitzen Schnabel. Äh, wie heißt der noch gleich? (Michael Simoner, 15.11.2023)

Ein Erlenzeisig auf einem Ast
Der spitze, kräftige Schnabel verrät die Finkenherkunft des Zeiserls. (1/1000 Sek., f4, Belichtungskorrektur +1, ISO 5000, 300 mm)
Michael Simoner
Erlenzeisige picken am Boden
Auch am Boden unter dem Futterhäuschen gibt es viel zu holen. (1/640 Sek., f8, ISO 5000, 300 mm + 1,4-Telekonverter entspricht 420 mm)
Michael Simoner
Erlenzeisige an der Futterstelle
Das Weibchen im Vordergrund, das Männchen im Hintergrund. (1/500 Sek., f6.7, ISO 1600, 500 mm)
Michael Simoner
Ein Erlenzeisig-Männchen an der Futterstelle
Nur das Erlenzeisig-Männchen hat schwarze Kopffedern. (1/500 Sek., f6.7, ISO 1400, 500 mm)
Michael Simoner
Ein Erlenzeisig-Weibchen
Ein Zeisig-Weibchen auf dem Schwebebalken. (1/640 Sek., f5.6, ISO 3600, 300 mm + 1,4-Telekonverter)
Michael Simoner