Computeranimation S-Link durch das Stadtgebiet von Salzburg
Computeranimation S-Link
Die Befürworter des Bahnprojekts unter der Stadt Salzburg sehen dieses als Lösung (fast) aller Salzburger Verkehrsprobleme.
S-Link

Soll für das Bahnprojekt S-Link ein unterirdischer Tunnel vom Hauptbahnhof zum Mirabellplatz und unter der Salzach hindurch bis in den Süden der Stadt gebaut werden?" Diese Frage können am 26. November die wahlberechtigten Salzburger und Salzburgerinnen im Rahmen einer stadtweiten Bürgerbefragung auf einem Stimmzettel mit Ja oder mit Nein beantworten.

Rund 3.500 Unterstützungserklärungen hat die Initiative "Stopp U-Bahn" Anfang August an Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) übergeben. Da mehr als 2.000 davon gültig sind, waren laut Stadtrecht die Voraussetzungen für die Befragung erfüllt. Es ist allerdings keine "Abstimmung", wie umgangssprachlich immer wieder gesagt wird, sondern eine Befragung: Das Ergebnis ist für die politischen Gremien nicht bindend.

Mönchsberggarage

Politisch relevant kann eine Befragung trotzdem sein, wie das Beispiel der Bürgerbefragung zum Ausbau der Altstadtgaragen im Mönchsberg im Juni 2022 zeigte. Damals beteiligten sich 22 Prozent der Stimmberechtigten. Und weil sich 84 Prozent der Teilnehmenden dagegen aussprachen, versenkte der Gemeinderat das vor allem von der ÖVP getragene Vorhaben.

Auch der S-Link, also die unterirdische Verlängerung der Salzburger Lokalbahn im ersten Bauabschnitt über rund 900 Meter vom Bahnhof bis zum Mirabellplatz, ist vor allem von der ÖVP gewünscht. Dieser erste Abschnitt bis zum Mirabellplatz befindet sich derzeit in der Phase der Umweltverträglichkeitsprüfung.

Olympiabewerbung

Um einem möglichen Nein durch die Stadtbevölkerung zuvorzukommen, wird für 2024 bereits eine landesweite Abstimmung angepeilt– dann werden voraussichtlich bindende Entscheidung fallen. Der Vorgang erinnert an die Abstimmung über die Olympia-Bewerbung der Stadt Salzburg für die Winterspiele 2014. Hier war eine deutliche Mehrheit in der Stadt dagegen; die Bewerbung konnte nur mithilfe einer landesweiten Abstimmung durchgesetzt werden.

Die Befragung zum S-Link am 26. November gewinnt vor allem angesichts der für den 10. März kommenden Jahres anberaumten Kommunalwahlen in Salzburg Land und Stadt zusätzliche Brisanz. Ein deutliches Ja oder ein deutliches Nein bei einer relativ hohen Beteiligung könnte der Mini-U-Bahn einen Turboschub verpassen beziehungsweise deren vorzeitiges Ende einläuten. Für die politischen Parteien ist das Befragungsergebnis sicher auch ein Stimmungsbarometer, nach dem sie sich zum Wahltermin hin ausrichten werden.

Unübersichtliche Faktenlage

Für die Mehrheit der potenziell Stimmberechtigten gestaltet sich die Faktenlage rund um das Verkehrsprojekt allerdings reichlich unübersichtlich. Das beginnt schon bei den Kosten: Je nach Variante liegen die von der Planungsgesellschaft geschätzten Kosten auf Preisbasis 2022 zwischen 1,98 und 2,83 Milliarden Euro. "Je nach Variante" bedeutet: eine unterschiedlich lange Führung unter Tag. Dass im Vorfeld der Bürgerbefragung plötzlich von der Planungsgesellschaft auch noch neue Zusatzvarianten ins Spiel gebracht wurden, trägt ebenfalls nicht zur Übersichtlichkeit bei. Neben der unterirdischen Verlängerung der Lokalbahn von Nord nach Süd soll nun auch eine Bahn vom Messezentrum im Westen der Stadt ins Zentrum führen. Die Ankündigung ist da, konkret ist nichts.

SPÖ-Plakat gegen den S-Link in Salzburg
SPÖ-Plakat gegen den S-Link in Salzburg
Die Gegner des Bahnprojekts unter der Stadt Salzburg sehen dieses als Anfang vom Ende der Salzburger Stadtfinanzen.
Foto: Thomas Neuhold

Auch über den Effekt der unterirdischen Trasse gibt es konträre Angaben: Eine von der SPÖ in Auftrag gegebene Studie spricht in Bezug auf den motorisierten Individualverkehr von einer "marginalen Entlastungswirkung" in der Größenordnung von etwa fünf Prozent. Die Planungsgesellschaft wiederum präsentiert Erhebungen, nach denen 35 bis 50 Prozent der Fahrten auf dem Nord-Süd-Korridor durch den S-Link substituiert würden.

Diese Unübersichtlichkeit spiegelt sich auch in der Haltung der verschiedenen Verkehrsinitiativen zum Projekt wider. Da ist einmal die Initiatorin der Befragung am 26. November, "Stopp U-Bahn": Sie fordert eine oberirdische Routenführung der Bahn. Zugleich brauche es bessere Rad- und Fußverbindungen und Einschränkungen für den Kfz-Verkehr. Ähnlich auch die Initiative "fairkehr", für die die Kosten-Nutzen-Relation des Projekts nicht stimmt.

Keine Stellungnahme zum Thema kommt hingegen von der Bürgerinitiative "Platz für Salzburg", die aus der Bewegung gegen die Mönchsberggarage entstanden ist. Es gebe intern verschiedene Meinungen zum Projekt, sagt eine Sprecherin der Initiative. Und es gibt eine Bürgerinitiative "Dafür – Zukunft Mobilität", die Unterschriften für das Projekt sammelt. Zu den Proponenten gehören ein ehemaliger Grün-Mandatar im Landtag und der ehemalige Verkehrsdirektor der Salzburg AG.

ÖVP gegen SPÖ

Die SPÖ ist die einzige politische Partei, die sich komplett gegen den S-Link stellt. Sie argumentiert mit Kosten "Richtung vier Milliarden Euro". Das wäre allein für die Stadt eine jährliche Belastung von 30 Millionen. Das sei ein Drittel des Investitionshaushalts. Viele andere Vorhaben im Bereich Wohnen, Schulen, Pflege und Infrastruktur würden gefährdet, dies sei unverantwortlich.

Politisch treibende Kraft der Lokalbahnverlängerung sind die ÖVP und Landesvize Stefan Schnöll. Schnöll verkauft den S-Link als Herzstück der Mobilitätswende. Der designierte Nachfolger von Landeshauptmann Wilfried Haslauer hat auch in der Vergangenheit versucht, sich politisch als Verfechter der Öffis zu positionieren. Das "grüne" Image von Schnöll hat erst in den vergangenen Wochen Kratzer bekommen, als er sich für die Wiederaufnahme der Inlandsflüge Salzburg–Wien und für die Abschaffung des Tempolimits auf der Tauernautobahn ausgesprochen hat.

Die KPÖ und die grüne Bürgerliste sind tendenziell für die Mini-U-Bahn, formulieren allerdings Bedenken. Die Bürgerliste etwa knüpft ihre Zustimmung an eine deutliche Reduktion des Autoverkehrs an der Oberfläche. Davon ist in den aktuell von der ÖVP vorgelegten Planungen nichts zu sehen. (Thomas Neuhold, 13.11.2023)