Chinas Präsident Xi Jinpin lässt sich bitten. Es dauerte lange, bis Peking das Treffen bestätigt hatte. Am Wochenende waren die USA "in Vorleistung gegangen", aus dem Weßen Haus verlautete: Präsident Joe Biden werde am Mittwoch am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) seinen chinesischen Amtskollegen in San Francisco treffen.

Themen gibt es genug: Laut einem Sprecher des Weißen Hauses soll es sowohl um den Gaza-Krieg gehen als auch um die Situation in der Ukraine. Hinzu kommen die engen Beziehungen Nordkoreas mit Russland, die Taiwan-Frage, der schwelende Konflikt im Südchinesischen Meer, Menschenrechte, die Fentanyl-Krise in den USA, künstliche Intelligenz und wirtschaftliche Fragen. "Alles wird angesprochen, nichts unter den Tisch gekehrt", sagte ein Sprecher. Das klingt nach einem globalen Rundumschlag, und das ist es wohl auch. Denn kaum etwas treibt die Welt so um wie die Beziehungen der beiden Supermächte.

Xi Jinping und Joe Biden beim kameragerechten Händedruck bei der Klimakonferenz in Bali vor genau einem Jahr.
AP/Alex Brandon

Da drängt sich die Frage auf, warum es ein solches Treffen nicht schon früher gab. Denn zum bisher letzten Mal sind die beiden Präsidenten im November 2022 bei der Klimakonferenz in Bali aufeinandergetroffen. Tatsächlich sah es damals für einen kurzen Moment nach Entspannung aus – bis Chinas Rolle im Ukraine-Konflikt und die zunehmenden Spannungen rund um die Taiwan-Straße dem wieder einen Strich durch die Rechnung machten.

Video: Darum geht es beim Treffen von Biden und Xi.
AFP

Annäherung von Vorteil?

Mittlerweile aber dürften die Vorteile einer Entspannung sowohl in Washington als auch in Peking überwiegen. In den USA setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass der Krieg in der Ukraine wohl nicht mehr gewonnen werden kann. Noch schlimmer: Die Kampfhandlungen haben dazu geführt, dass sich Moskau und Peking noch mehr angenähert haben. Ein enger Schulterschluss zwischen dem rohstoffreichen Russland und der "Fabrik der Welt" aber ist genau das, was Geostrategen in amerikanischen Denkfabriken immer als "Worst Case" bezeichnet haben. China ist es in den vergangenen Jahren zudem gelungen, sich als "Führungsmacht des Globalen Südens" zu etablieren. "Wer hilft hier wem?", fragte die nationalistische Staatszeitung Global Times am Montag provokant.

Doch so einseitig, wie die chinesische Staatspresse die Situation bezeichnet, ist es eben auch nicht. China leidet unter seiner wirtschaftlichen Schwäche. Da ist in erster Linie das Halbleiter-Embargo. Den USA ist es weitgehend erfolgreich gelungen, die Volksrepublik von modernster Chiptechnologie abzuschneiden. Für die chinesische Hightech-Diktatur ist das schmerzhaft.

Kapital wandert ab

Zudem leidet Peking unter dem Abfluss von internationalem Kapital. Das zeigt sich aktuell recht deutlich beim Aktienmarkt, den die chinesische Regierung seit Monaten versucht zu beleben. Allein im Oktober verkauften internationale Investmentsfonds chinesische Vermögenswerte im Wert von drei Milliarden US-Dollar. Noch schmerzhafter aber dürfte für Peking die Tatsache sein, dass die ausländischen Direktinvestitionen ein 25-Jahres-Tief erreicht haben. Die aber könnte China dringend brauchen, um die grassierende Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Das Treffen findet auch im Vorfeld richtungsweisender Wahlen in Taiwan statt. Im kommenden Jänner wird in Taiwan gewählt. Die Regierungspartei DDP betont die Autonomie der Insel von Peking. Sollte Spitzenkandidat Lai Ching-te gewinnen, dürfte Peking darauf aggressiv reagieren, und die Spannungen würden wieder zunehmen. Es gibt also in der Tat vieles zu besprechen. (Philipp Mattheis, 15.11.2023)