Mehrere Ozempic-Pens in einer Schachtel
Der Wirkstoff Semaglutid bringt auch kardiovaskuläre Vorteile. Das wurde in einer Studie mit mehr als sechs Jahren Laufzeit gezeigt.
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Übergewicht ist ein äußerst komplexes Problem, mit sehr unterschiedlichen Auslösern und unzähligen, zum Teil schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen. Diese Komplexität macht auch die Behandlung so schwierig. Unter anderem deshalb ist der Wirkstoff Semaglutid so erfolgreich, ist er doch erstmals eine tatsächlich funktionierende Möglichkeit, das Problem mit einem Medikament anzugehen.

Bei der Anwendung des Diabetes- und Abnehmmittel im täglichen Leben zeigen sich nun auch immer mehr Zusatzeffekte. So senkt es offensichtlich auch das Risiko schwerer Herz-Kreislauf-Probleme. Das zeigt eine soeben im New England Journal of Medicine publizierte Studie, die vom Semaglutid-Hersteller Novo Nordiskfinanziert wurde und die insgesamt rund 17.600 Probandinnen und Probanden über 44 Jahre, die nicht an Diabetes erkrankt waren, 33 Monate lang begleitete.

Im Anschluss an die Behandlung beobachtete man die Teilnehmenden weitere 40 Monate und konnte zeigen, dass sich das Risiko in der Wirkstoffgruppe sowohl für nicht tödlichen Herzinfarkt als auch für nicht tödlichen Schlaganfall durch den Gewichtsverlust nachhaltig um 20 Prozent reduzierte im Vergleich zur Placebogruppe.

Magen-OP als Alternative

"Diese günstigen Effekte sind eine Kombination aus Gewichtsreduktion sowie Verbesserung der Entzündungs- und Cholesterinwerte, der Blutzuckerkontrolle und des Blutdrucks", analysiert Stefan Störk, Internist, Kardiologe und Spezialist für Herzinsuffizienz am Universitätsklinikum Würzburg. Man wisse allerdings nicht, ob das in erster Linie Folge der Gewichtsreduktion ist oder ob Semaglutid den Stoffwechsel auch direkt beeinflusst.

Das Medikament sei aber vor allem allein deshalb schon begrüßenswert, weil es jenen Patientinnen und Patienten, die aus gesundheitlichen Gründen rasch Gewicht verlieren sollten, erstmals eine nicht invasive Alternative bietet, betont Alexander Bartelt, Molekularbiologe und Experte für kardiovaskulären Stoffwechsel an der Uni München: "Bisher blieb den Patientinnen und Patienten oft nur ein chirurgischer Mageneingriff. Denn eine Ernährungsumstellung ist meist schwierig durchzuhalten, man erzielt die Ergebnisse nicht schnell genug."

Mit Semaglutid hätten Betroffene nun mehr und bessere Optionen, um rasch viel Gewicht zu verlieren. Natürlich sei auch eine Lebensstiländerung nötig, um das Gewicht zu halten. Der Vorteil der Therapie: Die meisten Betroffenen vertragen sie gut, die Nebenwirkungen sind moderat. Als Alternative zur bariatrischen Chirurgie könnte Semaglutid tatsächlich langfristig ein Gamechanger sein, sind sich die Fachleute aufgrund der Daten einig. (Pia Kruckenhauser, 13.11.2023)