Graz – Die Ferdinand Richter GmbH & CO KG – nach Eigenangaben Europas ältestes und traditionsreichstes Kinderschuhunternehmen – mit Sitz im oberösterreichischen Pasching und Geschäftsleitung in Graz hat am Montag am Landesgericht Graz Insolvenz beantragt. Es wurde ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet, eine Fortführung ist geplant. Die Überschuldung beträgt rund sieben Millionen Euro. Betroffen sind 20 Beschäftigte und rund 120 Gläubiger, so die Kreditschützer AKV, Creditreform und KSV.

Die Firma beschäftigt sich mit Gestaltung, Entwicklung und Herstellung sowie Großhandel von Schuhen, Schuhteilen und Zubehör – spezialisiert auf Kinder- und Jugendschuhe. Die Passiva belaufen sich auf rund 7,9 Millionen Euro, die Aktiva auf etwa 0,92 Millionen Euro. Insolvenzverwalter ist der Grazer Rechtsanwalt Arno Roman Lerchbaumer. Die Insolvenzgläubiger sollen eine Quote von 20 Prozent ihrer Forderungen, zahlbar binnen 24 Monaten nach Annahme des Sanierungsplans, erhalten. Die Mittel dazu sollen aus dem operativen Betrieb, der Verwertung des Warenlagers sowie erforderlichenfalls von dritter Seite finanziert werden. Die Prüfungs- und Berichtstagsatzung wurde für den 11. Jänner 2024 angesetzt.

Zu den Ursachen der Pleite habe laut dem Unternehmen vor allem die Covid-Pandemie beigetragen. Infolge der langen Lockdowns und der damit einhergehenden Reduktion des Geschäftsvolumens sei ein unerwarteter Finanzierungsbedarf notwendig geworden. Dieser konnte mittels Überbrückungsfinanzierungen, der Unterstützung der Gesellschafter sowie staatlicher Förderungen gedeckt werden. Schließlich sorgten Unklarheiten eines Rückforderungsanspruchs bei einem Verlustersatz für die Schieflage. Die zur Verfügung stehende Betriebsmittellinie sei dazu nicht ausreichend gewesen, so der AKV.

Kinderschuhe in Regal
Richter hat sich auf die Gestaltung, Entwicklung und Herstellung sowie den Großhandel von Schuhen – besonders Kinder- und Jugendschuhen – spezialisiert.
APA/dpa/Armin Weigel

Kernabsatzmärkte in Deutschland, Österreich, Schweiz und Ungarn

Richter produziert seit dem Jahr 1893 Kinderschuhe. In den vergangenen Jahren sei besonderer Wert auf Nachhaltigkeit des Schuhsortiments gelegt worden, mit der Entwicklung des ersten komplett nachhaltige Schuhs. "Richter Schuhe" wurden zunächst von der österreichischen Gesellschaft Ferdinand Richter GmbH mit Sitz in Pasching hergestellt, ehe die Gesellschaft im Jahr 2020 auf die Antragstellerin umgewandelt wurde. Produziert wird in Europa sowie in Asien, die Kernabsatzmärkte sind derzeit Deutschland, Österreich, Schweiz und Ungarn.

Der Sitz in Pasching ist historisch begründet, jedoch befindet sich dort bereits seit geraumer Zeit weder die Produktion noch das Lager. Dies wurde vor vielen Jahren an die slowakische Tochtergesellschaft ausgelagert. Lediglich ein Teil der Mitarbeiter der internen Verwaltung befinden sich noch in Pasching. Die tatsächliche faktische Leitung – insbesondere die strategische und kaufmännische Führung erfolgt in Graz. Richter hat mit der Jela Schuhe GmbH in München und der Richter Slovakia s.r.o. 100-prozentige Tochtergesellschaften. (APA, 13.11.2023)