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Die Heldin im Spiel bleibt namenlos, dennoch wird ihre Story ein wenig beleuchtet.
Mipumi/Astragon

Eine Seuche hat die unheimlich gewordene Märchenwelt von "Howl" heimgesucht. Das dem Spiel den Namen gebende Heulen verwandelt alle, die es hören, in wilde Bestien. Nur wenige wurden verschont, darunter die taube Heldin, in deren Cape die Spielerin und der Spieler schlüpfen dürfen. Das Heilmittel zu finden wird die herausfordernde Aufgabe in den insgesamt 60 Level und vier Kapiteln. Eine lohnende Reise, wie DER STANDARD feststellen konnte.

Taktisch wie Schach

Während viele aktuelle Spiele auf Hektik und audiovisuelle Dauerbeschallung setzen, ist "Howl" genau das Gegenteil. Sanfte Klänge, eine angenehme Erzählstimme und ein rundenbasiertes Spielsystem laden zum Zurücklehnen ein. Das heißt nicht, dass das Spiel nicht fordernd ist, es benötigt dafür aber weder schnelle Reaktionszeiten noch eine starke Frustresistenz.

Als namenlose Heldin finden wir uns in jedem Level bildschirmfüllenden Rätseln gegenüber, bei denen zumeist ein bestimmtes Feld erreicht werden muss. In bis zu sechs Schritten planen wir die eigenen Aktionen im Voraus und können nur erahnen, was die bösen Wölfe auf dem Spielfeld parallel dazu tun werden, um uns aufzuhalten. In einem kurzen Tutorial lernen wir zu ziehen, die maximal drei Pfeile im Köcher auf Feinde abzuschießen und spätere Bonusaktionen zu nutzen. Eine solche Aktion kann etwa das besonders starke Wegstoßen von Gegnern sein, das auch dahinterstehende Feinde trifft, oder auch kleine Rauchbomben, die Gegner verwirren.

Erschwerend kommen im späteren Verlauf neue Gegnertypen mit mehreren Lebenspunkten oder besonders aggressive Angriffen hinzu. Auch die Landschaft bringt mit Ranken und Feuerstellen diverse Hürden mit sich, die in die eigene Strategie eingeplant werden sollten. So tastet man sich langsam vor, sieht, wie die Feinde reagieren, und klickt ganz oft auf Neustart, um das Level noch einmal anzugehen. Diese Neustarts werden vom Spiel nicht bestraft, und da die meisten Level nur wenige Runden lang sind, hält sich der Frust auch nach mehreren Zügen stark in Grenzen.

Jedes Level verfügt über Bonusziele, etwa das Erledigen aller Feinde oder das Befreien von verwirrten Dorfbewohnern. Diese müssen zum Abschließen der Mission nicht erfüllt werden, schalten aber Ingame-Währungen frei, mit denen man Verbesserungen oder neue Abschnitte freischalten kann. Das mehrmalige Besuchen von Levels ist deshalb nicht nur möglich, sondern ausdrücklich erwünscht, da man oftmals beim ersten Antreten gar nicht alles schaffen kann.

Umso belohnender fühlt es sich allerdings an, wenn längere Kombinationen aufgehen und in einer Runde zwei Gegner erledigt werden, die sich ganz unterschiedlich bewegt haben. Gelingt es auf Anhieb, ist es besonders befriedigend, aber auch nach mehreren Versuchen freut man sich, gekonnt durchs Level manövriert zu haben.

Howl, Mipumi
Für einen besseren Eindruck des Art-Styles sollte man sich in jedem Fall ein kurzes Video des Spiels ansehen.
Mipumi/Astragon
Howl, Mipumi
Auf der Karte der einzelnen Abschnitte sucht man sich den nächsten Abschnitt oder spielt bereits erledigte erneut.
Mipumi/Astragon

Living Ink

Den Grafikstil des Spiels bezeichnen die Wiener Entwickler selbst als "Living Ink", und das beschreibt den Eindruck sehr gut. Alles wirkt wie von Hand gezeichnet, Bewegungen werden sogar von Kritzelgeräuschen begleitet, was "Howl" einen sehr künstlerischen Touch verleiht und es im täglichen Strom der Indie-Titel unverwechselbar macht. Hinzu kommen ein sehr stimmungsvoller und beruhigender Soundtrack und eine gelungene englische Sprachausgabe. Je nach Können werden Spielerinnen und Spieler wohl knappe acht Stunden mit dem Titel beschäftigt sein.

"Howl" ist seit dem 14.11. für PC und Switch für 14,99 Euro verfügbar, Versionen für Playstation 5, Xbox Series, Android und iOS sollen Anfang kommenden Jahres nachgereicht werden. Auf Steam ist zudem eine Demo des Spiels verfügbar. Der Code für den Test wurde von Publisher Astragon zur Verfügung gestellt.

Howl - The Art Of Living Ink Trailer
astragon

Fazit

Nach Eigenproduktionen wie "The Flower Collection" oder "The Lion's Song" liefert das Wiener Studio Mipumi mit "Howl" erneut ein wunderschönes Indie-Game mit einem sehr eigenen Stil und einem einzigartigen Spielkonzept ab. Man merkt richtig, wie nach einem anstrengenden Tag der Puls etwas nachlässt, wenn man sich vor das Spiel wie vor ein Schachbrett setzt, um die nächsten Züge zu planen.

Für mehrere Stunden am Stück reicht die Abwechslung im Spiel zwar nicht, ich habe es die letzten Tage aber sehr genossen, am Abend jeweils ein paar Levels zu spielen. Wer sich also für taktische Spiele interessiert, die mehr Hirnschmalz als kurze Reaktionszeiten erfordern, der wird sich bei "Howl" mit Sicherheit wohlfühlen. (Alexander Amon, 16.11.2023)