Saskia Esken, Parteivorsitzende der SPD.
Saskia Esken will mit Lars Klingbeil weiter die SPD führen.
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Es gibt Parteitage, vor denen sich Politiker und Politikerinnen schon Wochen vorher fürchten. Und es gibt jene, in deren Vorfeld es halbwegs ruhig bleibt.

Auf Letztere stellen sich die deutschen Sozialdemokraten ein. Drei Tage lang treffen sie sich Anfang Dezember (vom 8. bis zum 10.) in Berlin, und dabei wird eines vermutlich glattlaufen: die Wahl der Parteispitze. Die beiden Chefs Saskia Esken und Lars Klingbeil treten wieder im Doppel an.

Auf den ersten Blick können sie zufrieden sein, ihre Partei stellt schließlich mit Olaf Scholz den deutschen Bundeskanzler. Doch es gibt auch unschöne Entwicklungen, diese zeigen sich mit Blick auf die Umfragen. In diesen liegen die Genossinnen und Genossen zwei Jahre nach der Bundestagswahl nur noch zwischen 15 und 17 Prozent und damit an dritter Stelle hinter CDU/CSU und AfD. Auch sie sind in den Abwärtssog geraten, der die ganze Ampel erfasst hat.

Das wollen Esken und Klingbeil sozusagen zur Halbzeit ändern und ihrer Partei zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl ein schärferes soziales Profil geben, also stärker als "linke Volkspartei" auftreten, wie es Esken nennt.

Entlastung für die Masse

Im Leitantrag der Parteispitze für den Bundesparteitag wird daher gefordert, die Einkommenssteuer für 95 Prozent der Bevölkerung zu senken und dafür Superreiche stärker zu besteuern. Es geht dabei um "allerhöchste Einkommen und Millionenvermögen". Dies soll auch durch eine Reform der Erbschafts- und Schenkungsteuer erreicht werden, die in ihrer heutigen Form "weder gerecht noch effizient" sei.

Außerdem möchte die SPD die Schuldenbremse lockern, den Mindestlohn erhöhen und jährlich 100 Milliarden Euro in Infrastruktur, Digitalisierung, den Umbau der Industrie und nicht zuletzt in Bildung investieren. "Die Partei rückt jetzt zur Mitte der Legislatur wieder stärker in den Fokus", sagt Klingbeil.

Linke Fraktion löst sich auf

Bei der politischen Konkurrenz, der Linken, wird es auch so sein, allerdings aus anderen Gründen. Die Fraktion nämlich wird es bald nicht mehr geben, dann konzentriert sich das politische Geschehen auf die Parteizentrale.

Konkret am 6. Dezember wird sich die linke Fraktion im Bundestag auflösen. Das haben die Abgeordneten Dienstag in ihrer vorletzten Fraktionssitzung beschlossen. Grund dafür ist die geplante neue Partei von Sahra Wagenknecht.

Diese war im Oktober mit neun weiteren Bundestagsabgeordneten aus der Linkspartei ausgetreten und hatte ihren neuen Verein "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) vorgestellt. Dessen Zweck: die Vorbereitung zur Parteigründung Anfang des Jahres 2024.

Abtrünnige und Verbliebene

Die Abtrünnigen wollen ihre Mandate nicht aufgeben, die Verbliebenen nicht mit der Truppe um Wagenknecht zusammenbleiben. Beide Lager haben aber nicht genug Mandatare, um eine eigene Fraktion zu bilden. Dafür braucht es 37 Abgeordnete.

Ab dem Nikolotag bleiben dann nur noch zwei "Gruppen" im Bundestag übrig, die weniger Geld und weniger Rechte haben. "Natürlich ist es ein gravierender Einschnitt, es kann kein Grund zur Freude sein", sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch am Dienstag. (Birgit Baumann aus Berlin, 14.11.2023)