Für die meisten jungen Menschen in Österreich ist der 18. Geburtstag ein Grund zur Freude – endlich unabhängig, endlich volljährig. Doch für manche ist es ein trauriger Tag, weil ihre Eltern sich nicht mehr zuständig fühlen und sie aus ihrem Zuhause ausziehen müssen. Rund 20.000 Menschen in Österreich sind wohnungslos gemeldet, die Dunkelziffer dürfte weit darüber, laut Schätzungen sogar bei 40.000 Menschen liegen, die nicht offensichtlich auf der Straße leben, sondern bei Verwandten oder Freunden unterkommen.

Rund ein Drittel aller Wohnungslosen sind junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahre. Zu ihrer Situation hat der Verband der Wiener Wohnungslosenhilfe einen neuen Bericht veröffentlicht. Die häufigsten Gründe für die Wohnungslosigkeit sind demnach das Fehlen von leistbarem Wohnraum, bürokratische Hürden, Suchterkrankungen, mangelnde Erwerbstätigkeit und Ausbildungen sowie fehlende soziale Netzwerke. Laut Roland Skowronek von der Heilsarmee gibt es zu wenig spezifische Angebote für junge Erwachsene.
Zu viel Bürokratie
Wohnungslosigkeit in jungen Jahren wirke sich nachhaltig auf die Biografien aus, sagt Andreas Gampert von der Diakonie: Es vergehe oft viel zu viel Zeit vom Beginn der Wohnungslosigkeit bis die Menschen im System ankommen. Vor allem sogenannte Care-Leaver sind gefährdet, das sind jene junge Menschen, die in einem Heim, einer Pflegefamilie oder einem SOS-Kinderdorf gewohnt haben und die Einrichtung dann verlassen müssen – eine Verlängerung der staatlichen Unterstützung bis zum 21. Lebensjahr gibt es nur auf Antrag und in wenigen Fällen.
Die Folge sind risikoreiche Unterkunftsformen: So bleiben Frauen etwa in Zweckbeziehungen, die häufig von Gewalt geprägt sind, leben Asylberechtigte in Matratzenlagern zu fünft in einem Zimmer und zahlen dafür hunderte Euro, oder junge Suchtkranke ziehen von einer Wohnung zur nächsten, sagt Gampert.
Elisabeth Hammer vom Neunerhaus betont, dass in Österreich mit einem großen Anteil an kommunalen und geförderten Wohnungen großes Potenzial vorhanden sei, ein baldiges Ende der Wohnungslosigkeit herbeizuführen.
Housing First
Um diesem Ziel näher zu kommen, wurde vergangene Woche der Startschuss für das Programm Housing First Österreich gegeben. Damit unterstützt das Sozialministerium mit 6,6 Millionen Euro Maßnahmen, die es insgesamt rund 1000 Menschen bis Ende 2024 ermöglichen sollen, direkt wieder eine eigene Wohnung zu bekommen. Das Projekt wird durchgeführt von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in Kooperation mit 70 gemeinnützigen Bauträgern. Sie stellen die 500 Wohnungen zur Verfügung.
Für die Miete müssen die Menschen selbst aufkommen, die Fördergelder werden für Umzüge, Kautionen und Finanzierungsbeiträge verwendet. Rund 25 teilnehmende soziale Organisationen entscheiden, an wen die Wohnungen gehen. Die Menschen werden sozialarbeiterisch begleitet und vor allem Junge sollen so wieder eine Perspektive bekommen. (Bernadette Redl, 19.11.2023)