Osama Bin Laden
Bin Laden verurteilt in dem Brief die Unterstützung der USA für Israel und nennt diese als Grund für die Angriffe vom 11. September 2001.
REUTERS/Stringer .

London – Die britische Zeitung "The Guardian" hat eine Verlinkung zu einer 21 Jahre alten Botschaft des ehemaligen Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden von ihrer Website entfernt, nachdem diese im Zusammenhang mit dem aktuellen Krieg in Nahost mehrere Millionen Mal in Onlinediensten geteilt wurde. Der Link zu bin Ladens "Brief an Amerika" wurde am Mittwoch gelöscht und durch eine Erklärung ersetzt.

Darin schreibt die Zeitung: "Die auf unserer Website veröffentlichte Abschrift wurde ohne den vollständigen Kontext in den sozialen Medien weit verbreitet. Daher haben wir uns entschlossen, sie zu entfernen und die Leser stattdessen auf den Artikel zu verweisen, in dessen Kontext sie ursprünglich stand."

Ausschnitte des Briefes mit Krieg in Nahost verbunden

Bin Laden verurteilt darin die Unterstützung der USA für Israel und nennt diese als Grund für die Angriffe am 11. September 2001. "Sie haben Hunderttausende Soldaten auf uns gehetzt und sich mit den Israelis verbündet, um uns zu unterdrücken und unser Land zu besetzen – das war der Grund für unsere Antwort am elften Tag", erklärte bin Laden mit Blick auf die Anschläge. Bei TikTok wurden Zitate daraus und Verweise auf den Text beim "Guardian" mit Bezug auf den Gaza-Krieg verbreitet.

Das Weiße Haus verurteilte das Teilen des Beitrags und erklärte auf X, ehemals Twitter, niemand solle die "2.977 amerikanischen Familien, die immer noch um ihre Angehörigen trauern, beleidigen, indem er sich mit den abscheulichen Worten von Osama bin Laden in Verbindung bringt".

Tiktok löscht Videos

Die Videoplattform Tiktok reagierte nun mit dem Löschen solcher Videos. Die Videos würden "proaktiv und aggressiv" entfernt, teilte Tiktok am Donnerstag mit. Tiktok sperrte auch den Hashtag "#lettertoamerica" in der Suchfunktion der Plattform. Die Verbreitung der Videos und die Berichte darüber lösten sofort neue Kritik an dem Dienst aus, dem in den USA Nähe zu chinesischen Behörden vorgeworfen wird – was Tiktok zurückweist. So schrieb die republikanische Präsidentschaftsanwärterin Nikki Haley auf X, dies sei ein Beispiel dafür, "wie unsere ausländischen Feinde soziale Medien vergiften".

Tiktok konterte, es habe nur "eine geringe Anzahl" der Videos gegeben – und sie verstießen ganz klar gegen die Regeln der Plattform. Laut einer Analyse wurden die seit Anfang der Woche veröffentlichten Videos zunächst rund zwei Millionen Mal angesehen, was nicht sehr viel für eine Plattform mit rund 150 Millionen Nutzern allein in den USA ist. Dann habe ein Zusammenschnitt auf X neue Aufmerksamkeit darauf gelenkt. Bis Donnerstagnachmittag seien Videos mit dem entsprechenden Hashtag mehr als 15 Millionen Mal angesehen worden.

"Guardian"-Entscheidung bringt auch Kritik

Bin Laden war im Mai 2011 in Pakistan von US-Spezialkräften getötet worden. Eine Expertin für Propaganda und Falschinformationen an der Stanford-Universität kritisierte die Entscheidung des "Guardian" als einen Fehler. Man sollte längst öffentlich bekannte Fantasien eines Terroristen nicht zum verbotenen Wissen machen, nur weil es einige bei Tiktok verbreiteten, argumentierte Renee DiResta beim Onlinedienst Threads. So könne es für manche aufregender werden, sie wiederzuentdecken. Stattdessen solle man Leute "die Forderungen des Mörders" lesen lassen und mehr Kontext hinzufügen. (APA, 17.11.2023)