Sieht aus als ob, ist aber: kein Allradler. Den Maxus T90 gibt es momentan nur mit Heckantrieb. 4WD wird aber bald nachgereicht.
Foto: Maxus

Bis auf den elektrischen Antriebsstrang ist der T90 ein Pick-up, wie er im Buche steht: groß, geländegängig, etwas unbequem und eine Motorhaube, hinter der sich eine Volksschulklasse verstecken könnte. Dass ausgerechnet Maxus das erste elektrische Exemplar dieser Fahrzeugklasse in Österreich anbietet, mag die meisten verwundern, weil sie von Maxus noch nie gehört haben.

Die Marke gehört der SAIC Motor Corporation, einem Autohersteller in chinesischem Staatsbesitz, und bietet hierzulande ausschließlich elektrische Nutzfahrzeuge,konkret Lieferwagen, an. Erst im Mai hat sich Maxus als Newcomer einen beeindruckenden Vertrag mit der Post ergattern können, bei dem circa 700 Fahrzeuge im Wert von 22 Millionen Euro erworben wurden.

Erscheinungsbild T90? Martialisch, also passend für die zwischen Nutzfahrzeug und Lifestyle-Vehikel oszillierende Fahrzeugkategorie.
Foto: Maxus

Und auch wenn manche Märkte das anders sehen, ist der Pick-up in Österreich immer noch überwiegend ein Nutzfahrzeug, und genau so eines ist der T90 auch. Ähnlich wie sein Namensvetter, der russische Kampfpanzer, ist er fast eher für ein Leben abseits des Asphalts bestimmt.

Kampf um die Spur

Mit der im Boden verbauten 89-kWh-Batterie ist der Schwerpunkt sehr niedrig gelegen, und mit der Aerodynamik eines Ziegelsteins ist die Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h wohl oder übel gerechtfertigt. Man kann zwar durch mehr als 50 Zentimeter Wasser waten, muss aber auf einen Tempomat verzichten. Bergan- und Bergabfahrhilfen unterstützen einerseits beim Traversieren von Stock und Stein, andererseits muss man auf einer geraden Bundesstraße kämpfen, um in der Spur zu bleiben.

Stehen, vorwärts oder zurück? Die Gangart wählt man per Drehregler.
Foto: Maxus

Diesen Fokus auf Funktion über Form erkennt man auch an der Innenausstattung, die etwas 2014 ausgefallen ist. Es fehlen Sitzheizung und Zwei-Zonen-Klima. Das Navigationssystem muss per Apple Carplay oder Android Auto selbst bereitgestellt werden. Konfigurationsmöglichkeiten werden auch nicht angeboten: Es gibt den 130-kW-Motor und eine einzige Ausstattungslinie, man kann sich gerade noch die Farbe aussuchen: Weiß, Grau, Schwarz oder Blau, für die ganz Gewagten. Die Designsprache erinnert auch sehr an Ford, den langjähriger Pick-up-König, mit einem täuschend ähnlichen Schriftzug.

Ebenfalls abwesend: Allradantrieb, was bei einem angeblichen Geländewagen schon als Manko angerechnet werden muss. Wird aber bald das Angebot ergänzen.

Horch, was kommt vom Diesel her

Wenn das Ganze etwas unausgereift klingt, ist das kein Zufall. Der T90 ist ursprünglich ein gewöhnlicher Diesel-Pick-up, und der Umwandlungsprozess hat unter der Motorhaube eine gähnende Leere hinterlassen, die ohne Probleme einen Frunk beherbergen könnte, was aufgrund des fehlenden Kofferraums sehr praktisch gewesen wäre. Solche Kleinigkeiten hebt sich Maxus allerdings für den ersten richtigen E-Pick-up auf, der angeblich nächstes Jahr erscheinen wird. Dieser GTC, wie er vorläufig heißt, soll über 700 Kilometer Reichweite haben und wurde von Grund auf als Elektroauto entwickelt.

Und hier die aktuelle Maxus-Nutzfahrzeugpalette: links der große e-Deliver 9, mittig der kompakte e-Deliver 3 und rechts, richtig geraten, der T90. Es darf geliefert werden, aber nur elektrisch.
Foto: Maxus

Im Hier und Jetzt sind Maxus auf jeden Fall die Ersten, die ein solches Auto bei uns anbieten, noch vor dem Tesla Cybertruck, und das war für so eine nicht etablierte Marke sicher ein Motivationsgrund. Maxus wollte diesen Markt erobern und hat dafür 1500 baugleiche Exemplare für Europa bestellt, 50 davon für Österreich. Die Reichweite beträgt zwar nur 330 Kilometer nach WLTP, aber in der Praxis sollte man um einiges weiter kommen, wenn man nicht gerade die 1000 Kilogramm Beladung oder Anhängelast ausnutzt.

Alles im allem kann man nicht oft genug betonen, dass der T90 ein Nutzfahrzeug ist, wie es ein Pick-up auch sein sollte. Für den Großteil der Bevölkerung ist die Anschaffung unsinnig: Die 5,4 Meter Länge machen ihn für die Stadt ungeeignet, und für 42.400 € kann man doch um einiges angenehmer unterwegs sein. Wer aber in die Zielgruppe fällt, wird sich freuen, endlich mit Strom versorgt zu sein. (Felix Pisecker, 20. November 2023)