Das grenzüberschreitende Skigebiet Zermatt/Cervinia ist zweifellos eine Reise wert – nur eben nicht für den alpinen Skiweltcup im November. Das Wetter ließ am Wochenende erneut keine Rennen auf der Gran Becca zwischen Zermatt und Cervinia zu. Im Vorjahr fehlte Schnee, in diesem Jahr verhinderten Schneefall, vor allem aber Wind nach den Rennen der Männer auch die beiden Abfahrten der Frauen.

Das Herzensprojekt von Weltverbandsboss Johan Eliasch wurde zur Blamage mit Ansage. Instabiles Wetter im November ist unterm Matterhorn ebenso bekannt wie die Windanfälligkeit der höchstgelegenen Weltcupstrecke. Heftig kritisierte Vorbereitungsarbeiten am Theodulgletscher könnten völlig umsonst gewesen sein. Ob es einen dritten Weltcupanlauf im nächsten Jahr gibt, ist völlig offen. "Sie hätten sich noch einen Versuch verdient", sagte Österreichs Frauencheftrainer Roland Assinger, "aller guten Dinge sind drei." Gerade in diesem Zusammenhang wirkt die Phrase hohl.

Mehr ging unter dem Matterhorn nicht.
AFP/MARCO BERTORELLO

Eine vergleichsweise einfache Übung war das Weltcupdebüt von Gurgl. Die Slalomstrecke im Ötztal hat den Experten zufolge das Zeug dazu, ein Klassiker zu werden. Der österreichische Dreifacherfolg – Manuel Feller feierte vor Marco Schwarz und Michael Matt seinen dritten Weltcupsieg – wurde am Samstag von angeblich 8300 Fans bejubelt. Über Österreich hinaus sorgte die Lustbarkeit aber durch eine Aktion von Aktivistinnen der Letzten Generation und die Reaktionen darauf für Aufmerksamkeit.

Nachdem drei Personen unmittelbar vor dem Finale der besten fünf Läufer in den Zielraum eingedrungen waren, Lebensmittelfarbe verstreut und ein Banner mit der Aufschrift "Hört auf den Klimarat" gezeigt hatten, drohte die Situation zu eskalieren. Der Norweger Henrik Kristoffersen, dessen Landsmann Alexander Steen Olsen noch am Start stand und durch die Verzögerung sicher benachteiligt wurde, glaubte, sich durch Handgreiflichkeiten abreagieren zu müssen. Der Slalomweltmeister konnte nur mit Mühe daran gehindert werden, auf eine Aktivistin loszugehen, griff dafür aber verbal in die unterste Schublade.

Christian Scherer, der Generalsekretär von Ski Austria, verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, "dass es zu Sanktionen und Strafen kommt", bezog sich damit aber nicht auf Kristoffersens Aggression, die übrigens von nicht wenigen Augenzeugen goutiert wurde. "Es ist wohl ein Verstoß gegen die Hausordnung und wahrscheinlich auch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Es wird polizeiliche Ermittlungen geben und dann die notwendigen Konsequenzen", sagte Scherer zur Störaktion, die das Rennen rund zehn Minuten unterbrach.

Dass die Mitglieder der Letzten Generation leicht in den Zielraum eindringen konnten, stellte der Organisation ein schlechtes Zeugnis aus. Immerhin schlug sich Markus Waldner, der italienische Renndirektor des Weltverbandes, an die Brust: "Wir müssen uns positionsmäßig besser aufstellen, um schneller zu reagieren." Dass der Norweger Sebastian Foss Solevaag nicht auf Ordner und Exekutive warten wollte und einen Aktivisten am Fuß aus dem Zielraum schleifte, belustigte den Funktionär offenbar, "ein paar Wikinger" hätten die Sache geregelt, sagte Waldner.

Sieger Manuel Feller blieb locker.
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Wohltuend unaufgeregt, aber auch ein wenig ratlos kommentierten Österreichs Läufer die Vorkommnisse. Rennsieger Manuel Feller findet es wichtig, "dass es Leute gibt, die sich für so etwas einsetzen". Andererseits: "Wenn ich mich da ins Ziel reinhaue, darf ich gar keine Veranstaltung mehr machen." Der Skisport mache seine Sache "schon sehr, sehr gut".

In den nächsten zwei Wochen nicht in Europa, sondern in den USA. Die Frauen geben in Killington, Vermont, einen Riesentorlauf und einen Salom (26./27. November), ehe sie nach Kanada wechseln. Auf die Männer warten in Beaver Creek, Colorado, zwei Abfahrten und ein Super G (1.–3. Dezember). (Analyse, Sigi Lützow, 20.11.2023)