Generalversammlung, Sicherheitsrat, Menschenrechtsrat – die verschiedenen Organe der Vereinten Nationen haben sich bereits zahlreich zum Konflikt in Nahost geäußert. Sie stellten dabei vor allem die humanitäre Situation in Gaza in den Vordergrund. Den Vorschlag Israels zur Errichtung von Sicherheitszonen zum Schutz der Zivilisten im Gazastreifen lehnten mehrere Uno-Organisationen allerdings ab. Welche Einrichtung nun was fordert, ist im Buchstabensalat der Uno allerdings schwer mitzuverfolgen: ein Überblick über die wichtigsten Stimmen der Vereinten Nationen.

UN Gebäude in New York
Die Flagge der Vereinten Nationen in New York wehte vergangene Woche auf halbmast, um der bisher getöteten Uno-Mitarbeiter in Nahost zu gedenken.
AFP/ANGELA WEISS

Der Generalsekretär

Insbesondere UN-Generalsekretär António Guterres sah sich in den vergangenen Wochen mit einigen Vorwürfen konfrontiert: Er sei im Konflikt zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas voreingenommen, hieß es. Zuvor hatte Guterres davon gesprochen, dass sich die Attacken der Hamas "nicht im luftleeren Raum" abgespielt hätten, denn die palästinensische Bevölkerung habe sich in den vergangenen 56 Jahren einer "erdrückenden Besetzung" unterwerfen müssen. Der israelische Außenminister Eli Cohen reagierte daraufhin empört: Der Generalsekretär stelle sich nicht entschieden genug gegen den Terror der Hamas.

In einem ZiB 2-Interview wehrte sich Guterres gegen die Vorwürfe. Seine Aussagen "seien verdreht worden". Er verurteile die Taten der Hamas aufs Schärfste, allerdings müsse man auch in der Lage sein, die Hamas vom palästinensischen Volk zu trennen. Er verwies auch auf die Prinzipien der Uno: Wenn Menschenrechte verletzt werden, müsse auch darauf hingewiesen werden. Im Allgemeinen repräsentiert Guterres als Generalsekretär die Ideale der Vereinten Nationen und agiert gleichermaßen als Diplomat, Beamter und Geschäftsführer.

UN-Generalversammlung

Ende Oktober verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution, die eine "sofortige, dauerhafte und anhaltende humanitäre Waffenruhe" zwischen den israelischen Streitkräften und den Hamas-Kämpfern im Gazastreifen forderte. Ebenso sollte eine "kontinuierliche, ausreichende und ungehinderte" Versorgung der Zivilbevölkerung in Gaza gewährleistet werden. Österreich stimmte bekanntlich gegen den Entwurf, da – so die Begründung der Bundesregierung – die Terrororganisation Hamas sowie das Selbstverteidigungsrecht Israels nicht explizit erwähnt wurden. Doch was genau kann die Generalversammlung in einem solchen Fall ausrichten?

Prinzipiell gilt: wenig. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen besteht aus 193 Mitgliedsstaaten und beschäftigt sich im Grunde mit weltpolitischen Fragestellungen, gestaltet das Völkergewohnheitsrecht, prüft und genehmigt den Haushalt und ernennt den UN-Generalsekretär. Außerdem wählt sie die nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und die Richter des Internationalen Gerichtshofes. Sie stellt zwar das politische Hauptorgan der Vereinten Nationen dar, allerdings unterliegen Resolutionen der Vollversammlung keiner rechtlichen Bindung. Derartige Abstimmungen haben somit nur einen symbolischen Charakter.

UN-Generalversammlung im Gebäude der Vereinten Nationen in New York.
Ende Oktober kam die UN-Generalversammlung für eine Notfall-Sondersitzung zum Israel-Palästina-Konflikt zusammen.
IMAGO/Lev Radin

UN-Sicherheitsrat

Ganz anders der Sicherheitsrat. Er bildet das mächtigste Organ der Vereinten Nationen, insbesondere da er völkerrechtlich bindende Resolutionen auf den Weg bringen kann. Erst kürzlich wurde eine solche Resolution verabschiedet. Sie beinhaltet die Forderung nach "mehrtägigen Feuerpausen" im Konflikt zwischen Israel und der Hamas – dadurch sollen "dringende und ausgedehnte humanitäre Pausen und Korridore im gesamten Gazastreifen" ermöglicht werden. Die Terrororganisation Hamas wurde im Text allerdings nur am Rande erwähnt: im Zusammenhang mit der Forderung, die in den Gazastreifen verschleppten israelischen Geiseln freizulassen. Israel lehnte die Forderung nach einer Feuerpause ab, solange sich die Geiseln noch in der Gewalt der Hamas befänden.

Insgesamt besteht der Sicherheitsrat aus 15 Mitgliedsstaaten, darunter die fünf ständigen Mitglieder China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA. Diese fünf Staaten verfügen über ein Vetorecht, das in der Vergangenheit allerdings immer wieder kritisiert wurde – vorrangig, da wichtige Entscheidungen durch gegenseitige Blockaden verhindert würden. Als wichtigste Aufgabe des Sicherheitsrates gilt die Wahrung des Friedens und der internationalen Sicherheit. In manchen Fällen kann über Sanktionen und die Anwendung von Gewalt entschieden werden, sollte der internationale Frieden damit aufrechterhalten werden.

Menschenrechtsrat

Zum 54. Mal traf sich der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vom 11. September bis 13. Oktober 2023. Er stellt das wichtigste Menschenrechtsgremium innerhalb der Organisation dar und besteht aus 47 Mitgliedsstaaten. Diese werden für eine Dauer von drei Jahren gewählt. Bei der vergangenen Tagung lag der Fokus der westlichen Staaten auf der Verurteilung der Hamas und auf der Unterstützung für Israels Selbstverteidigungsrecht. Die Staaten der arabischen Gruppe hoben hingegen ihre Solidarität für das palästinensische Volk hervor.

Der Rat an sich soll den Dialog zwischen den Staaten fördern und kann ebenfalls Resolutionen verabschieden, die allerdings nicht rechtlich bindend sind. Zudem kann er Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen entgegennehmen und Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen veranlassen (Sonderberichterstatter).

Kritisiert wird der Menschenrechtsrat schon länger, denn er ermöglicht es auch Ländern, Mitglied zu werden, die wenig für Menschenrechte übrighaben. Dazu zählen etwa China oder der Iran. Letzterer übernahm kürzlich den Vorsitz des Gremiums. Russland hingegen wurde im März 2022 ein Sitz im Menschenrechtsrat verweigert.

Der Menschenrechtskommissar

Der Hohe Kommissar für Menschenrechte – derzeit der österreichische Jurist Volker Türk – zeigte sich zuletzt "entsetzt" über die jüngsten Entwicklungen im Gazastreifen. Es "übersteige das Vorstellungsvermögen". Zuvor sprach er sich Mitte November für den Zehn-Punkte-Plan von UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths aus. Gefordert wird darin unter anderem: die Erleichterung von Hilfsleistungen für Gaza, Zugang zu Treibstoff, Schutz ziviler Einrichtungen und Öffnung zusätzlicher Grenzübergänge. Außerdem solle die Umsiedlung von Zivilisten in sichere Gebiete ermöglicht und ein humanitärer Waffenstillstand forciert werden.

Türk sprach sich auch für die Umsetzung der aktuellen Resolution des Sicherheitsrates aus. Es müsse zwischen Zivilisten und militärischen Objekten unterschieden werden. "Die kollektive Bestrafung" müsse ein Ende haben. Die Aufgabe des Hohen Kommissars ist es, die weltweite Situation der Menschenrechte zu beobachten und sich für deren Einhaltung und Anerkennung einzusetzen.

Der Hohe Kommissar für Menschenrechte und österreichische Jurist Volker Türk
Der Hohe Kommissar für Menschenrechte und österreichische Jurist Volker Türk.
REUTERS/ALAA AL SUKHNI

Unesco

Die Unesco beschäftigt sich prinzipiell mit den Themen Bildung, Wissenschaft und Kultur. Dabei soll sie die internationale Zusammenarbeit in diesen Bereichen fördern. In Bezug auf den Nahostkonflikt sprach sich die Organisation für den Schutz von Bildungseinrichtungen aus und wies darauf hin, dass "gezielte Angriffe oder die Nutzung von Bildungseinrichtungen für militärische Zwecke Verstöße gegen das Völkerrecht darstellen".

Ungewöhnlich ist: Im Jahr 2011 nahm die Unesco Palästina als Vollmitglied auf, was sowohl vonseiten der USA als auch Israels kritisiert wurde. Österreich zählte dabei zu jenen Ländern, die für eine Aufnahme Palästinas stimmten. Da keine gemeinsame EU-Linie möglich gewesen sei, habe man entsprechend der nationalen Position abgestimmt.

Zuletzt sprach sich Israel erneut gegen die Unesco aus, da sie die antike Stadt Jericho, Tell es-Sultan, in die Liste des Weltkulturerbes aufnahm. Das israelische Außenministerium nannte die Entscheidung "ein weiteres Zeichen für den zynischen Gebrauch, den die Palästinenser von der Unesco machen, und für die Politisierung der Organisation".

Das UN-Hilfswerk UNRWA

Der Generalkommissar des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge Philippe Lazzarini kritisierte kürzlich den Mangel an Treibstoff in Gaza. Es gefährde die "gesamte Architektur der humanitären Hilfe" im Gazastreifen. Er forderte zudem einen sofortigen Waffenstillstand.

Die Organisation war in der Vergangenheit öfter mit Kritik konfrontiert, sie würde gemeinsame Sache mit den Terroristen machen. Dazu betonte der ehemalige UNRWA-Chef Matthias Schmale im STANDARD, er verstehe den Vorwurf; allerdings könne man humanitäre Hilfe nicht leisten, ohne mit den Leuten vor Ort pragmatische Abstimmungen zu treffen. "Sich abstimmen heißt nicht zustimmen – schon gar nicht ideologisch." Auch Lazzarini reagierte auf Vorwürfe, in den Schulen der Organisation würde Hass gelehrt werden: Diese Behauptungen weise er scharf zurück.

Im Allgemeinen soll die Hilfsorganisation "palästinensischen Flüchtlingen Hilfe und Schutz gewähren, bis eine gerechte und dauerhafte Lösung für ihre Notlage vorliegt". Gegründet wurde die UNRWA im Jahr 1949, nachdem hunderttausende Palästinenserinnen und Palästinenser infolge des UN-Teilungsplans und der Gründung Israels ihre Heimat verlassen mussten. Sie wird von der UN-Generalversammlung beauftragt. Auch ihre Nachkommen gelten im Sinne dieser Resolution, und damit auch für die UNRWA, als Flüchtlinge. In den vergangenen Monaten kämpfte die Organisation zudem immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten.

OCHA – Koordinierung humanitärer Angelegenheiten

Die Hauptaufgabe der OCHA ist es, humanitäre Hilfe zu koordinieren und effiziente Hilfsleistungen zu gewährleisten. Im Falle des Nahostkonflikts stellte der Chef der OCHA, Martin Griffith, erst kürzlich einen Zehn-Punkte-Plan für Gaza-Hilfe vor. Darin wird vor allem auf die sich zuspitzende humanitäre Situation in Gaza hingewiesen. (Vanessa Steiner, 21.11.2023)