Demonstrant im Zielbereich in Gurgl mit einem Transparent.
"Hört auf den Klimarat!", fordert die Letzte Generation von der österreichischen Regierung.
AP/Piermarco Tacca

PRO: Mehr Gelassenheit, bitte! 

Die Letzte Generation störte am Samstag mit einer Protestaktion den Weltcupslalom in Gurgl. Fünf Läufer vor Schluss rannte eine Handvoll Personen in den Zielbereich, streute orange Maisstärke in den Schnee und forderte auf Transparenten die Umsetzung der Empfehlungen des Klimarats. Die einzige Gefahr ging dabei von einem Skiprofi aus: Der Norweger Henrik Kristoffersen ging auf sie los.

Die Aktivistinnen und Aktivisten fallen unangenehm auf. Sie argumentieren zu Recht, dass solch drastische Maßnahmen zwingend notwendig sind, um auf fehlende Maßnahmen gegen die Klimakrise hinzuweisen. Es handelte sich um eine friedliche Aktion, niemand kam zu Schaden. Das Rennen ging nach zehn Minuten weiter.

Bei dem Protest zog sich die Letzte Generation auch den Unmut von Fans zu. Die Aktion richtet sich zwar nicht per se gegen den Event in Gurgl, der wohl so nachhaltig wie kaum ein anderes Skirennen durchgezogen wurde. Doch die Beteiligten fühlen sich attackiert, eingeschränkt, nehmen die Aktion persönlich. Dass sie künftig weitaus mehr eingeschränkt werden, wenn sich das Klima weiterhin verschlechtert, blenden sie dabei aus.

Kristoffersen beschimpfte die Demonstranten, bewarf sie mit Schneebällen. Dadurch wird die Botschaft der Aktion verwischt. Anstatt dankbar zu sein, dass sich eine mutige Gruppe für die Existenzgrundlage seines Sports einsetzt, hat sich Kristoffersen nicht im Griff und begegnet ihr mit Aggression. Kristoffersen hat Vorbildwirkung, er ist ein Star der Szene. Man kann nur hoffen, dass seine Reaktion keine Nachahmer findet. (Lukas Zahrer, 20.11.2023)

KONTRA: Weniger Aufschaukelung, bitte!

Geschätzte (hoffentlich nicht) Letzte Generation! Vorweg: Es ist, ohne hinüber- oder hinaufgeschielt zu haben, prinzipiell wahrscheinlich fast alles zu teilen, was auch an dieser Stelle in eurem Sinne vorgebracht wird. Das Anliegen ist unbedingt zu unterstützen, die Sache natürlich eine gute. Aber, aber, aber!

Aber der Weg zum Ziel gehört dringend überdacht. Das Ziel ist klar: Ihr wollt größtmögliche Aufmerksamkeit erzielen, um die Menschen wachzurütteln, aufmerksam zu machen und zum Umdenken anzuregen. Im Museum gelingt euch das nicht mehr, mittlerweile haben die letzten Einfaltspinsel durchschaut, dass ihr keine teuren Bilder zerstört, sondern meistens nur die Glasplatte vor dem Gemälde abgewischt oder, soll sein, ausgetauscht werden muss.

Doch weniger werden sie nicht, die Einfaltspinsel. Jetzt denken sie, ihr greift den Skisport an. Sie überreißen nicht, dass ihr schlicht die große Bühne nützen wollt. Und wenn dann ein ganz großer Pinsel noch einen ganz großen Auszucker hat, dann fühlen sich viele kleine Pinsel eher bestätigt durch ihn als wachgerüttelt durch euch. Völlige Eskalation wird eurer Sache und eurem Anliegen mehr schaden denn nützen, das kann nicht in eurem Sinne sein. Bitte überlegt euch, wo und wann und vor allem wie ihr agiert.

Beim Slalom in Hochgurgl hättet ihr etwas früher, nämlich in der sowieso angesetzten kurzen Pause vor den letzten acht Läufern, dieselben Bilder erzeugt. Doch der nächste Rennläufer wäre in seiner Konzentration etwas weniger gestört gewesen. Größtmögliches Aufsehen ja, größtmögliche Aufschaukelung nein. (Fritz Neumann, 20.11.2023)