Atari 2600+
Wer Erinnerungen mit der Konsole verbindet, wird mehr Spaß haben als jene, die Atari 2600 nie besessen haben.
Plaion

Beatles und Rolling Stones laufen im Radio, im Kino löst Hercule Poirot einen Mordfall, und in meinem Postkasten liegt ein Atari 2600. Welches Jahr haben wir noch einmal? Tatsächlich ist es noch 2023, und besagtes Atari 2600 feiert in einer Plus-Version den 46. Geburtstag, und das in Form einer Neuauflage. Als die erste Mainstream-Konsole der Welt haben sicher viele ältere Gamer verschwimmende Erinnerungen, vielleicht provoziert von emotionalen Tränen, an die Hard- und Software von damals. Das Auftauchen des Atari 2600+ wird wohl so manchen zu der Überlegung drängen, ob die beigelegten Spiele nebst Controllern heute noch eine Daseinsberechtigung haben oder das gute Stück einfach als Dekoration in die Glasvitrine wandern sollte. DER STANDARD hat den Versuch für Sie gewagt und empfiehlt, schon einmal Platz in besagter Glasvitrine zu machen.

Atari 2600+
"Video Pinball" und auch alle anderen Games sind eine gute Erinnerung daran, in welchen Kinderschuhen die Branche 1977 noch steckte.
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Haptik wie damals

Von außen betrachtet sieht die Plus-Version der Konsole ihrem Vorbild zum Verwechseln ähnlich, sie ist nur etwas kleiner. Die Mischung aus Plastik und Holz sieht auch heute noch irgendwie retroschick aus, durch Komfort-Features wie einen HDMI-Steckplatz lässt sich die neue Konsole komfortabel mit einem aktuellen TV-Gerät oder Monitor verbinden. Gesteuert wird mit dem beigelegten, dem Original nachempfundener CX40-Joystick. Den ebenfalls damals im Umlauf befindlichen CX-30-Paddle-Controller muss man separat für 34,99 Euro nachkaufen, wenn man das möchte. Die Konsole selbst verfügt über Schalter zur Auswahl des Schwierigkeitsgrads sowie der Spielmodi, und man kann zwischen einem Farbbild und Schwarz-Weiß-Grafik wählen. Alles Funktionen der ursprünglichen 2600-Modelle, die sehr originaltreu nachempfunden wurden.

Schön ist auch die Möglichkeit, Originalmodule – sowohl von der 2600er- als auch von der 7800er-Konsole – in das neue Gerät schieben zu können. Laut Hersteller soll nur ein geringer Prozentsatz nicht kompatibel sein. Wer seine Sammlung von damals allerdings aufgelöst hat oder nie ein Atari 2600 hatte, der freut sich über das beigelegte Modul, das mit zehn Spielen von damals vollgestopft wurden. Darunter finden sich Klassiker wie "Combat", "Missile Command", "Video Pinball" und andere, die zum Anspielen einladen. Ja, anspielen, weil länger sind die hakelige Steuerung und der Piepssound heute eigentlich nicht mehr aushaltbar. Außer man hatte das Teil damals auch und schwelgt mit Joystick in der Hand und einer Runde "Mr. Run and Jump" – das man separat nachkaufen kann – in nostalgischen Erinnerungen, denen auch die Erfahrungen und Weiterentwicklungen der letzten 40 Jahre nichts oder nur wenig anhaben können.

Wirklich schmerzhaft ist aber auch für Fans, dass wahre Highlights wie "Pac-Man", "Space Invaders", "Pitfall" oder "Frogger" fehlen. Über die Gründe kann spekuliert werden. Vielleicht war der Grund ein technischer, weil die Spiele von Third-Party-Unternehmen hergestellt wurden, oder aber man will die Klassiker lieber zu einem späteren Zeitpunkt separat verkaufen. So bleibt eine eher überschaubar spannende Auswahl, außer man ist tatsächlich Besitzer einer alten Modulsammlung, die man alternativ in den Schacht stecken kann.

Erschwerend kommt hinzu, dass keine Beschreibungen beiliegen, zumindest war das beim Testgerät der Fall. Da 1977 und kurz darauf auch keine Tutorials in Spielen vorhanden waren und auch Storytelling nicht gerade oben auf der Prio-Liste stand, fühlt man sich manchmal ein wenig verloren, was man eigentlich tun muss oder auch, wie man zwischen den Spielen hin- und herschaltet. Gut, dass man auf der Atari-Website nachlesen kann, auch wenn das nicht gerade der komfortabelste Weg ist, wenn man es sich gerade vor der Konsole bequem gemacht hat.

Atari 2600+
Der Konsole liegt nur ein Sammelmodul bei, allerdings ohne die größten Klassiker wie etwa "Space Invaders".
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Atari 2600+
Diverse Spiele und diese Paddle-Controller müssen separat gekauft werden.
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Fazit

Machen wir uns nichts vor. Das Atari 2600+ ist perfekt für die Glasvitrine, direkt neben dem Magnavox Odyssey, falls vorhanden. Wer eine Spielesammlung von damals zu Hause hat, der wird sich vielleicht dazu verleitet sehen, ein paar alte Module auszuprobieren, um kurz darauf festzustellen, dass früher nicht alles besser war. Minimalismus an allen Ecken und Pixeln macht die Spielerfahrung nicht gerade erquicklich, zudem fehlen einfach die wichtigsten Spiele dieser Ära. Wo ist "Pac-Man", und wo ist "Space Invaders"? Zumindest diese beiden Spiel müssen eigentlich einer solchen Konsole beiliegen.

Wen das nicht stört und wem ein Atari 2600 mit HDMI-Anschluss allein diverse Retro-Abende sichert, der wird viel Freude mit dieser Neuauflage haben. Und manchen reicht vielleicht sogar, das Teil in der Wohnung stehen zu haben, ist es doch ein relevanter Teil der Spielegeschichte.

Das Atari 2600+ ist seit dem 17. November für 120 Euro erhältlich. Wie erwähnt gibt es den Paddle-Controller inklusive einer 4-in-1-Multi-Game-Cartridge für 34,99 Euro zu kaufen, ein eigenständiger CX40-Joystick ist für 22,99 Euro zu haben. Wer seine Spielebibliothek aufrüsten will, kann sich "Berzerk Enhanced Edition" und "Mr. Run and Jump" für 29,99 Euro besorgen. (Alexander Amon, 25.11.2023)