Menschen, Wien, Mariahilfer Straße
"Die Geburtenbilanz ist ab 2030 durchgehend negativ", konstatiertStatistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.
APA/FLORIAN WIESER

Wien – Österreich wächst bis 2080 nur durch Zuwanderung und altert deutlich, was eine große Herausforderung für die Finanzierung des Gesundheits-, Pflege- und Pensionssystems darstellt. Aber es gibt auch Auswirkungen auf die Arbeitswelt, wo es ein großes Potenzial für längere Beschäftigung sowie weniger Teilzeit gebe, da die Zahl der Personen im Erwerbsalter stagniert. So fasste Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas am Mittwoch die Prognose für diesen Zeitraum zusammen.

Die Bevölkerung wächst: Lebten 1950 noch 6,9 Millionen Menschen in Österreich, wuchs die Zahl bis 2022 auf 9,1 Millionen und soll 2080 schon 10,2 Millionen erreichen, so die Prognose. Dieser Zuwachs beruht zur Gänze auf Zuwanderung. Ohne diese gäbe es eine Reduktion auf 6,8 Millionen, betonte Thomas bei einer Pressekonferenz in Wien. "Die Geburtenbilanz ist ab 2030 durchgehend negativ." Die Zuwanderungen der Vergangenheit waren durch wirtschaftliche Krisen sowie Kriege bestimmt: den Fall des Eisernen Vorhangs, den Zerfall Jugoslawiens bis zur Flüchtlingswelle 2015, um mit dem Krieg in der Ukraine einen neuen Höhepunkt zu erreichen. Im ersten Quartal dieses Jahres waren Syrer mit fast 5.000 Menschen wieder die größte Zuwanderungsgruppe, gefolgt von Deutschen mit 3.500 sowie 3.200 Rumänen.

Alterspyramide große Herausforderung für Pensionssystem

Das Bevölkerungswachstum entfällt vor allem auf die über 65-Jährigen, deren Zahl von aktuell etwa 1,77 Millionen bis 2080 auf 2,98 Millionen (Anteil steigt von 18,5 auf 29,1 Prozent) anwachsen wird. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen sollte von 1,75 Millionen auf 1,92 Millionen ansteigen, während jene der Erwerbspersonen zwischen 20 und 64 Jahren minimal auf 5,34 Millionen (minus 200.000) abnimmt. Das bedeutet jedoch, dass 2022 auf eine Person über 65 Jahren noch 3,1 Personen im Erwerbsalter kommen, 2080 aber nur mehr 1,8 Personen – mit allen negativen finanziellen Folgen, da immer weniger Menschen für die steigenden Pensionsausgaben aufkommen müssen.

Laut Thomas bleibt der Fach- und Arbeitskräftemangel groß. Möglichkeiten zur Abhilfe zeigt ein Blick in die Statistik: Nur rund 45 Prozent der 60- bis 64-jährigen Männer arbeiten, bei den Frauen, etwa wegen der Einschleifregelung, lediglich 20,2 Prozent. Zudem nimmt der Trend zur Teilzeitarbeit zu: Jede zweite Frau und 12,6 Prozent der Männer in Beschäftigung arbeiten nicht Vollzeit. Für Frauen ist für fast 40 Prozent die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Erwachsenen der Grund. 72,8 Prozent gaben aber an, das auch zu wollen. Zudem ist auch jedes zweite Kind in einer Betreuung, die keine Vollzeit ermöglicht, erläuterte Thomas.

Lebenserwartung steigt nach Corona wieder

Aber es gibt auch positive Neuigkeiten: Laut Regina Fuchs, Leiterin der Direktion Bevölkerung bei der Statistik Austria, ist die zwischendurch durch Corona gesunkene Lebenserwartung wieder gestiegen und hat in etwa das Niveau davor erreicht. Damit steigt auch der Anteil der über 80-Jährigen, von 5,9 Prozent (2022) auf 13,2 Prozent (2080). "Die Babyboomer erreichen ihr Lebensende." Somit steigen auch die Sterbefälle pro Jahr auf den Höchstwert von 113.270 im Jahr 2057.

Wien ist und bleibt der größte Zuwanderungsmagnet, wo es ein Drittel bis 40 Prozent der Migrantinnen und Migranten hinzieht. Heuer hat die Bevölkerung die Zwei-Millionen-Marke überschritten und soll bis 2080 noch um etwa ein Viertel zunehmen. Am anderen Ende findet sich Kärnten, das in Sachen Bevölkerungszahl heuer von Salzburg überholt wurde. Bis 2080 wird das südliche Bundesland um sieben Prozent schrumpfen, die Zahl der Erwerbspersonen sogar um 17,6 Prozent. (APA, red, 22.11.2023)