Wien - Der Boulevard ist voller Bilder, die Stars im Schmuddellook, privat und ungeschminkt zeigen. Spätestens seit dem Tod von Lady Diana, gestorben bei der Verfolgung durch Fotografen, haben Paparazzi keinen guten Ruf. Dabei hatten Arbeiten früher Vertreter des Genres noch "eine gewisse Eleganz", betonte Fabian Knierim, Kurator der Ausstellung "Paparazzi!" im Wiener Fotomuseum Westlicht im APA-Gespräch. Die Schau dokumentiert anhand von rund 120 Fotos die Geschichte des Berufes.

Anita Ekberg
Tritt den Paparazzi mit Pfeil und Bogen entgegen: Schauspielerin Anita Ekberg 1969 in Rom, fotografiert von Marcello Geppetti.
Foto: Courtesy Marcello Geppetti Media Company srl

Passend erblickt man beim Rundgang zunächst Arbeiten von Tazio Secchiaroli. Der Italiener war schließlich Vorbild für die Figur des Sensationsfotografen Paparazzo in Frederico Fellinis Filmklassiker "La Dolce Vita" und damit Namensgeber seiner Zunft. Die Objekte vor seiner Linse reagierten ähnlich wie die Hollywood-Größen von heute auf das Eindringen in die Privatsphäre: Ein Foto von 1957 hält etwa fest, wie der Schauspieler Walter Chiari den Bildreporter anschreit. Anita Ekberg ging übrigens einen Schritt weiter: 1960 trat sie mit Pfeil und Bogen einer Gruppe Paparazzi entgegen - ebenfalls in der Präsentation zu sehen.

Paparazzi gab es allerdings schon früher, auch wenn sie da noch nicht so genannt wurden. Das belegen etwa ein Schnappschuss von Kaiserin Sisi, die - auf einem Pferd sitzend - mit einem Fächer ihr Gesicht verdeckt, und sogenannte Bühnentürl-Fotografien: Um 1907 machten anonyme Fotografen Bilder von Bühnenstars beim Betreten oder Verlassen von Gebäuden und verkauften diese auf Postkarten gedruckt.

USA in den Sixties und Seventies

Der Schwerpunkt im Hauptraum der Schau liegt in den 1960er- und 1970er-Jahren der USA. Hier stechen die Fotos von Ron Galella heraus. "Er war der Bekannteste in der Branche, besessen von Marlon Brando und Jackie Kennedy Onassis, die er regelrecht verfolgte", erklärte Knierim. Ein markantes Bild zeigt ihn, in der Hand seine Kamera, am Kopf einen Footballhelm, neben dem Schauspieler. "Das ist ein paar Monate nach einer Begegnung entstanden, bei der ihm Brando ein paar Zähne ausgeschlagen hat. Daraufhin trug er bei künftigen den Kopfschutz."

Marlon Brando und der Fotograf Ron Galella.
Filmstar Marlon Brando und der sich mit einem Helm schützende Fotograf Ron Galella 1974 im Waldorf Hotel in New York, fotografiert von Paul Schmulbach.
Foto: Courtesy Ron Galella Ltd. / photo by Paul Schmulbach

Das Image der Paparazzi ist nicht das beste, weiß der Kurator. "Paparazzi ist zu einem Schimpfwort geworden. Sie stehen auf der Gegenseite der Fotojournalisten, die Weltgeschichte festhalten. Aber Paparazzi sind unser verlängertes Auge, weil letztendlich zeigen sie das, was wir sehen wollen." Auch wenn Stars gegenüber den Paparazzi manchmal handgreiflich werden, sieht Knierim an sich ein symbiotisches Verhältnis: "Die Fotografen zehren vom Ruhm der Stars, gleichzeitig fördern sie diesen. Es gibt viele Szenen, in denen Straßen wie ein Laufsteg wirken. Die Promis präsentieren sich, sie wissen, die Paparazzi sind da - und die sind das Auge des Publikums."

"Paparazzi!" ermöglicht einen vielseitigen Einblick. So wurden etwa Fotos von Lenny Kravitz eingestreut, der 2014 den Spieß umdrehte und ihn verfolgende Reporter fotografierte. In einer Vitrine liegt die obskure Gewehrkamera, mit der Werner Wünsch den Nazi-Kriegsverbrecher Albert Speer beim Gefängnishofgang knipste. Selbst der künstlerische Aspekt wird beachtet: Anton Corbijn und Helmut Newton inszenierten Arbeiten im Paparazzi-Stil. Am Ende kann man den Vergleich zwischen Paparazzi-Fotos von heute, die Paris Hilton zeigen, und von damals mit Brigitte Bardot ziehen: "Zu früherer Zeit waren das gute Fotografen und das Starsystem noch ein ganz anderes", so Kurator Knierim. (APA, 23.11.2023)