Um eine Neiddebatte anzustoßen, eignen sich öffentlich Bedienstete, insbesondere Beamtinnen und Beamte, bestens. Ihre Einkommen liegen nämlich deutlich über dem mittleren Verdienst der übrigen Beschäftigten. Der Rechnungshof analysiert in regelmäßigen Berichten die Entwicklung der Löhne und Gehälter in Österreich im Detail. Der jüngste Report von 2022 (ausgewertet wurden Daten von 2021) zeigt die Kluft deutlich. Unselbstständig Erwerbstätige hatten demnach im Median ein Bruttojahreseinkommen von etwa 31.500 Euro in Österreich. Bei Beamtinnen und Beamten waren es stolze 61.000 Euro, bei Vertragsbediensteten um die 38.000 Euro.

Der Vergleich braucht eine Einordnung: Bei der Gruppe der Beamtinnen und Beamten ist der Akademikeranteil überdurchschnittlich hoch, Beamtinnen und Beamte sind im Schnitt deutlich älter als übrigen Beschäftigten, sie arbeiten viel seltener Teilzeit – hier gibt es keine Bereinigung. Und: Die Gehaltskluft zwischen Frauen und Männern ist im öffentlichen Dienst weitaus geringer als in der Privatwirtschaft, wofür die strikten Gehaltsschemen sorgen. So oder so: Staatsbedienstete sind im Land ganz gut bezahlt. Und daran wird sich auch wenig ändern.

Einkommen im Vergleich.
STANDARD

Am Mittwochabend haben sich die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) und die für Beamten zuständigen Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) auf den neuen Lohnabschluss geeinigt. Die Bezüge im öffentlichen Dienst steigen demnach mit 1. Jänner um 9,15 Prozent, mindestens aber um 192 Euro. Bei den niedrigsten Einkommen bedeutet das laut Gewerkschaft eine Erhöhung um 9,71 Prozent. Die 9,15 Prozent waren laut Gewerkschaft die rollierende Inflation der vergangenen Monate, die für den Abschluss relevant waren. Davon profitieren Beschäftigte in der Verwaltung, Bundeslehrer, aber auch Landeslehrer, die zwar bei den Ländern angestellt sind, deren Kosten aber der Bund refundiert. Auch Polizistinnen und Polizisten, Soldaten oder Staatsanwälte profitieren. Direkt betroffen sind fast 230.000 Personen.

Auswirkungen auf Metaller

Der Lohnabschluss wirft gleich mehrere interessante Fragen auf. Zunächst in Richtung der Lohnverhandlungen in übrigen Wirtschaftssektoren, insbesondere bei den streikenden Metallern. In den vergangenen Wochen hat Finanzminister Brunner stets betont, dass die Regierung bereitstehe, um den Verhandlern in der Industrie zu helfen. Gemeint war damit eine Verlängerung von Regelungen, wonach eine Prämie in Höhe von bis zu 3000 Euro steuer- und sozialversicherungsbefreit ausgezahlt werden kann. Damit sollten Arbeitgebern und Arbeitnehmern Einmalzahlungen versüßt werden.

Nun allerdings schließt auch der öffentliche Dienst bei der rollierenden Inflation ab, und zwar ganz ohne Einmalzahlung. Daraus sind zwei Interpretationen zulässig: entweder dass der Staat natürlich spendabler sein kann, weil er im Gegensatz zur Industrie nicht um seine Wettbewerbsfähigkeit fürchten muss. Die Gehälter im öffentlichen Dienst finanzieren die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Oder aber es ist darin doch eine Botschaft von Regierung und ÖVP in Richtung Arbeitgeber versteckt. In den vergangenen Jahren jedenfalls waren Abschlüsse der Metaller immer höher als jene im öffentlichen Dienst. Einzige Ausnahme: das Pandemiejahr 2020.

APA
APA

Die rollierende Inflation bei den Metallern ist aktuell etwas höher als bei den Beamten und liegt bei 9,6 Prozent. Der Abschluss im öffentlichen Dienst wird aus Sicht der Gewerkschaft eine Einigung unterhalb der rollierenden Inflation erschweren. Wirtschaftsforscher Benjamin Bittschi vom Wifo erwartet, dass die Gewerkschaft sich auf diesen Abschluss als Unterkante der eigenen Forderungen berufen wird. Aus Sicht der Arbeitgeber werde sich allerdings nichts ändern.

Können wir uns das leisten?

Relevant ist aber auch eine zweite Frage, die der Abschluss aufwirft: Können wir uns das leisten? Die kurze Antwort: ja. Eine Abgeltung mit der Inflationsrate bedeutet ja real keinen Zuwachs beim Verdienst. Die Einkommen bleiben in Kaufkraft gemessen gleich.

Aus dem zuständigen Ministerium für öffentlichen Dienst von Werner Kogler heißt es, dass die Lohnerhöhung den Staat knapp 1,5 Milliarden Euro zusätzlich kosten wird. Die gesamten Lohnkosten im öffentlichen Dienst erhöhen sich damit im kommenden Jahr auf 17,68 Milliarden Euro.

Lehrerinnen und Lehrer des Bundes und der Länder profitieren auch von dem Abschluss.
Getty Images/iStockphoto

Allerdings haben sich in den vergangenen Jahren auch die Steuereinnahmen erhöht. Bewirkt hat das die hohe Inflation. Wenn Produkte teurer werden, verdient daran auch der Staat mit, unter anderem weil die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer höher werden. Das wirkt sich aus. Gemessen an den für 2024 veranschlagten Steuereinnahmen steigen die Ausgaben für den öffentlichen Dienst nur leicht: Heuer sollen die Ausgaben etwa 14,85 Prozent aller Einnahmen ausmachen, im kommenden Jahr steigt dieser Wert auf 15,29 Prozent. Der Staat senkt auch gewisse Steuern. Setzt man die Ausgaben für Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Relation zur Wirtschaftsleistung, steigen die Aufwendungen mit dem Abschluss minimal von 3,38 auf 3,5 Prozent. Es wird teurer, real betrachtet, um die Inflation korrigiert allerdings so gut wie gar nicht.

Ein Faktor hinter der Entwicklung ist auch, dass ältere und besonders teure Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Pension gehen, etwa bei den Lehrern. Dafür rücken jüngere nach, die kostengünstiger sind. Indirekt betroffen von dem Abschluss sind übrigens auch die 317.273 Bediensteten der Länder und Gemeinden in Österreich. Im Regelfall wird dort der Abschluss des Bundes übernommen. (András Szigetvari, 23.11.2023)