Eine Frau schreitet mit einem Sackerl an beleuchteten Christbäumen vorbei.
Bei einer Umfrage zum Thema Weihnachtsgeld gab die Hälfte der Befragten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen an, dass sie das Geld für Weihnachtsgeschenke nutzen.
APA/dpa/Monika Skolimowska

Für: Mehr Lohn und niedrigere Steuern

Antiquiertes Urlaubs- und Weihnachtsgeld abschaffen! So betitelte Mitte November die Neos-Interessenvertretung Unternehmerisches Österreich (Unos) eine Presseaussendung. Es folgten rege Diskussionen auf Onlineplattformen wie X, einst Twitter. Dabei soll das Einkommen der Arbeitnehmer gleich bleiben.

Denn die Unos-Forderung sieht vor, dass das Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht mehr zweimal im Jahr ausgezahlt, sondern auf zwölf Monatsgehälter aufgeteilt werden soll. Die steuerliche Begünstigung soll aber bleiben. Eine Möglichkeit wäre die Senkung der Regeltarife, also grundsätzlich niedrigere Steuern auf das gesamte Einkommen. "Wir wollen für Arbeitgeber Verwaltung reduzieren und für Arbeitnehmer Transparenz schaffen", heißt es von den Unos. "Der Ansatz ist richtig und die Idee gut", sagt Hanno Lorenz vom unternehmernahen Thinktank Agenda Austria. Die Besteuerung würde so viel einfacher.

Berechnung vereinfachen

Die bisherige Berechnung der steuerlichen Begünstigung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes mit dem sogenannten Jahressechstel sei zu kompliziert, antiquiert und im internationalen Vergleich unüblich, heißt es bei den Neos. Die Lohnverrechnung wolle man für Arbeitgeber vereinfachen, indem die steuerliche Begünstigung in den Regeltarif der Einkommenssteuer eingerechnet werden soll. Das heißt: Jeden Monat gibt es ein bisschen mehr, statt zweimal im Jahr eine größere Zahlung.

Der Hintergrund: Sonderbezüge wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld werden bis zu einer gewissen Grenze steuerlich begünstigt. Zur Berechnung des Steuersatzes für diese Bezüge muss das Jahressechstel ausgerechnet werden. Dieses entspricht zwei durchschnittlichen Monatsbezügen. Innerhalb des Jahressechstels gibt es einen Freibetrag von 620 Euro. Abzüglich dieses Freibetrags werden Sonderzahlungen, die sich im Jahressechstel befinden, begünstigt versteuert. Diese Regelung wollen Unos in den Regeltarif einrechnen und so die komplizierte Berechnung umgehen. Das würde auch Lohnverrechnungskosten senken, erklärt Monika Köppl-Turyna vom Institut Eco Austria.

Für kleinere Unternehmen würde das bedeuten, dass der Liquiditätsbedarf über das Jahr gleichmäßig verteilt wäre. Denn derzeit sorgten die hohen Auszahlungen für Schwierigkeiten bei Unternehmern, heißt es von Unos. Ein Vorteil für Arbeitnehmer wäre es, dass alle Gehaltsbestandteile rascher ankämen, gerade "in so schwierigen Zeiten" sei das laut Unos wichtig. Zudem gebe es mehr Wahlfreiheit für die Arbeitnehmer, meint Agenda-Ökonom Lorenz. Köppl-Turyna ergänzt, dass Kapitaleinkommen und Überstunden niedriger besteuert würden, also auch freie Dienstnehmer profitieren würden. "In Summe würde die Steuerlast sinken."

International sind Sonderzahlungen unüblich, in Deutschland etwa bekommt nur die Hälfte der Beschäftigten Weihnachtsgeld. Deshalb seien Einkommen bei internationalen Studien schlechter vergleichbar, argumentieren Unos. Und die Sonderzahlungen würden von internationalen Arbeitskräften oft nicht wahrgenommen.

Einen konkreten Plan von Unos, wie die Tarife geändert werden könnten, gibt es nicht. Es gebe aber "genügend Wirtschaftsforscher, die bereits eine Integration des Steuertarifs ohne Schlechterstellung gefordert und durchgerechnet haben", heißt es.

Wider: Weihnachts- und Urlaubsgeld soll bleiben 

Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind nicht gesetzlich geregelt, sondern werden in Dienst- und Kollektivverträgen verhandelt. Das bestehende System ist über Jahrzehnte gewachsen und wird von Arbeitnehmerinnen und -nehmern befürwortet, wie eine Studie des Instituts für empirische Sozialforschung (Ifes) zeigt. Eine Änderung wäre kompliziert und nur mit den Sozialpartnern möglich, erklären Experten.

"Die Jahressechstelberechnungen bewältigen Lohnrechnungsprogramme", erklärt Martina Limbeck, Geschäftsleiterin im Bereich Menschen und Organisation bei der Unternehmensberatung PwC Österreich. "Das System funktioniert", stellt Limbeck fest. Es sei aber durchaus komplex.

Der Gewerkschafter David Mum verteidigt das 13. und 14. Gehalt: "Die Berechnungen mit dem Jahressechstel gibt es seit Jahrzehnten, es sollte keine Herausforderung sein, das zu schaffen", sagte er am Montag bei der Studienpräsentation. Die Gewerkschaft GPA war es, die das Ifes-Institut mit der Studie beauftragt hat, Arbeitnehmer zum Weihnachtsgeld zu befragen. Dabei gab die Hälfte von 1.000 Befragten an, ungefähr zu wissen, wie das Weihnachtsgeld berechnet wird, ein Viertel wisse es genau.

Viele Veränderungen nötig

Der Unos-Vorschlag widerspreche der gesamten Struktur der Kollektivverträge, er würde die Landschaft komplett umstellen, sagt Limbeck. Auch das allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) sei auf das aktuelle System routiniert. Dreht man also an einem Rädchen, drehen sich gleich mehrere mit – oder eben auch nicht. Dienst- und Kollektivverträge müssten neu verhandelt werden, Einkommenssteuergesetz und ASVG geändert, besagte Lohnrechnungsprogramme und Software umgebaut werden. Wie bei einem Domino würde eine Änderung die nächste anstoßen. "Man muss sich die Konsequenzen gut überlegen", erklärt Eva Kirchmayr, Arbeitsrechtsexpertin bei PwC Österreich.

Auf Sozialpartner angewiesen

Der Gesetzgeber könnte eine solche Forderung auch nicht allein umsetzen, er ist auf die Sozialpartnerschaft angewiesen. Das aktuelle Steuersystem sei zwar kein modernes, die Umsetzung der Unos-Forderung sei aber "hochkomplex" und keine kurzfristige Maßnahme, gibt Limbeck zu bedenken. Die Expertinnen merken an, dass die Sonderzahlungen oft für Investitionen genutzt werden. Werden die Beträge auf zwölf Monate gestreckt, könnte dieser Effekt in den Alltagsausgaben verpuffen. Auch die Ergebnisse der Weihnachtsgeld-Studie legen das nahe: Jeder Fünfte der Befragten benutzt die Sonderzahlung am Jahresende zum Abdecken von Schulden und Kontoüberziehungen, 40 Prozent zum Sparen oder für die Altersvorsorge und rund die Hälfte kauft mit dem Geld Weihnachtsgeschenke.

Für die Mehrheit der Befragten stellt das Weihnachtsgeld einen unverzichtbaren Bestandteil für die finanzielle Planung des Haushalts dar. Eine Abschaffung desselben hätte nach eigenen Angaben für die meisten gravierende bis sehr gravierende finanzielle Auswirkungen. Und: Nur vier Prozent sprechen sich dafür aus, das Weihnachtsgeld künftig auf zwölf Monate aufzuteilen. Die Mehrheit will am Status quo festhalten.

Bei einer Umfrage zum Thema Weihnachtsgeld gab rund die Hälfte der befragten Arbeitnehmer an, dass sie das Geld für Weihnachtseinkäufe wie Geschenke nutzen. (Noah May, 28.11.2023)