Eine Verhandlungssaal am Bundesverwaltungsgericht.
Eine renommierte Personalkommission hat bereits Anfang des Jahres einen Vorschlag für die Nachbesetzung vorgelegt. Seither hat sich öffentlich nichts mehr getan.
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Die türkis-grüne Regierungsblockade am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) feiert ein fragwürdiges Jubiläum: Die Präsidentenstelle des Gerichts ist seit nunmehr einem Jahr unbesetzt, weil sich die Koalition nicht auf eine Nachfolge an der Spitze einigen kann. Seit Monaten hagelt es Kritik von der Opposition, der Richtervereinigung und von NGOs wie der Asylkoordination – bisher ohne Erfolg.

Seinen Ausgangspunkt nahm der Regierungsstreit bereits Anfang 2022. Damals wurden geheime Absprachen zwischen der ÖVP und den Grünen bekannt, wonach die Türkisen bei der Nachbesetzung am BVwG das "Nominierungsrecht" hätten. In einem Auswahlverfahren ging schließlich Sabine Matejka als Erstgereihte hervor, die ehemalige Präsidentin der Richtervereinigung und Vorsteherin des Bezirksgerichts Floridsdorf.

Das Ergebnis des Auswahlverfahrens, an dem eine renommierte Personalkommission mitwirkte, wurde Anfang 2023 an den Ministerrat übermittelt. Seither hat sich bei der Nachbesetzung nichts mehr getan.

Verzahnung mit Wettbewerbsbehörde?

Das Bundesverwaltungsgericht wird interimistisch von Vizepräsident Michael Sachs geleitet. Der ÖVP-nahe Jurist hatte sich vergangenes Jahr für einen Wechsel an die Spitze der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) interessiert. Nach einer monatelangen Regierungsblockade unterlag er allerdings der interimistischen BWB-Leiterin Natalie Harsdorf-Borsch.

Zeitgleich machten vergangenen Oktober Gerüchte die Runde, dass auch beim Bundesverwaltungsgericht Bewegung in die Sache kommt. Demnach sollen sich die Regierungsparteien auf Christian Filzwieser geeinigt haben, den ehemaligen Vorsitzenden der Asylkammer am BVwG. Filzwieser wurde im Auswahlverfahren von der Personalkommission an die dritte Stelle gereiht. Ob es tatsächlich zu seiner Nominierung an die Spitze des Gerichts kommt, bleibt fraglich.

Zuständig für Umwelt und Asyl

Laut Gesetz ernennt der Bundespräsident das Präsidium des Gerichts auf Vorschlag der Bundesregierung. Die Koalition muss sich also auf einen gemeinsamen Kandidaten oder eine gemeinsame Kandidatin einigen. Das Bundesverwaltungsgericht ist mit seinen vier Standorten das größte Gericht Österreichs und soll Entscheidungen von Verwaltungsbehörden kontrollieren. Zuständig ist die Institution etwa im Bereich Umwelt- und Asylrecht. (japf, 1.12.2023)